Mit seinen Romanen, Gedichten und vor allem mit seinen fast 200 Novellen gehörte Paul Heyse (1830-1914) im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu den beliebtesten und meistgelesenen deutschen Autoren. Auch wenn nach 1900 sein literarischer Zenit schon überschritten war, erhielt er 1910 als erster
deutscher Autor den Nobelpreis für Literatur (davor hatten ihn schon der Historiker Mommsen 1908 und…mehrMit seinen Romanen, Gedichten und vor allem mit seinen fast 200 Novellen gehörte Paul Heyse (1830-1914) im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu den beliebtesten und meistgelesenen deutschen Autoren. Auch wenn nach 1900 sein literarischer Zenit schon überschritten war, erhielt er 1910 als erster deutscher Autor den Nobelpreis für Literatur (davor hatten ihn schon der Historiker Mommsen 1908 und der Philosoph Eucken 1908 erhalten). Er war der letzte wirkliche „Dichterfürst“ der deutschen Literatur. War man vordem nach Weimar zu Goethe gepilgert, war um die Jahrhundertwende München, wo Heyse 42 Jahre residierte, der literarische Sehnsuchtsort.
Im Februar 1887 besuchte der Goethe-Verehrer Heyse – beide einte die tief empfundene Begeisterung für Italien - erstmals das Goethehaus am Frauenplan in Weimar. Beeindruckt von seinem Besuch schuf er das mehrseitige Gedicht „Das Goethe-Haus in Weimar“. Im Mittelpunkt seiner Verse standen aber weniger das Gebäude und die Innenräume, noch die klassische Farbgestaltung nach Goethes Farbenlehre. Größere Aufmerksamkeit schenkte er den Gegenständen im Haus und Goethes Sammlungen. Das Gedicht war aber nicht nur eine Hommage an sein großes Vorbild. Heyse, der in den 1880er Jahren der jungen Schriftstellergeneration des Naturalismus als weltfremd galt, wollte damit seinen Gegnern, die auch vor seiner Person und seiner jüdischen Herkunft nicht haltmachten, entgegentre-ten.
Das Gedicht wurde im Goethe-Jahrbuch 1888 veröffentlicht und erlebte im Anschluss noch einige Auflagen. Danach geriet es jedoch mehr oder weniger in Vergessenheit. Nun liegt es als Zeugnis von Heyses dichterischer Selbstbehauptung (u.a. mit einem Faksimile seiner Handschrift) im Berliner Quintus Verlag vor. In seinem Vorwort gibt der Herausgeber und Literaturwissenschaftler Ralf Georg Czapla einen historischen Überblick zur Entstehung des Gedichtes. Ergänzt wird die Neuerscheinung außerdem durch zahlreiche Stellenkommentare. Fazit: Bei aller Kritik – nach Jahren oder fast Jahrzehnten endlich einmal etwas von dem vergessenen Literaturnobelpreisträger.