Das Werk Paul Klees (1879-1940) ist von seiner Leidenschaft zum Theater tiefgreifend geprägt. Zeit seines Lebens war der Künstler ein passionierter Besucher von Theateraufführungen von der Oper bis zum Puppenspiel. Figuren aus dem Musik- oder Sprechtheater, etwa Hamlet, Falstaff oder Don Giovanni, bevölkern seine hintergründige Bildwelt; Figurentypen oder Elemente des Theaters, wie der Clown oder die Maske, wurden feste Größen seines bildnerischen Repertoires. Vor allem aber schlug Klee Verbindungen zwischen Theater und Leben und nahm damit den alten Topos von der Welt als Bühne auf: Menschen werden zu Schauspielern oder Marionetten, Theaterereignisse berühren sich mit Alltagsszenen.Die Publikation beleuchtet Paul Klees Faszination für das Theater in all diesen Aspekten. Eine Chronologie rekonstruiert ein Panorama seiner vielfältigen Theatererfahrungen. Ausgewählte Werke zeitgenössischer Künstler verdeutlichen, dass die scharfsichtige Wahrnehmung theatralischer Situationen nicht nur Klee faszinierte, sondern die Künstler auch heute beschäftigt.Ausstellung: Zentrum Paul Klee, Bern 28.6.-14.10.2007
„Alles was an Bretter und Kulissen mahnt, das greift tief in unsere Seele . . .”, schrieb der 22-jährige Paul Klee 1901 aus Rom an seine Braut Lily Stumpf. Einerseits benannte Klee damit sein großes Interesse an jeglicher Form von Auftritt, Szene und Theater, von dessen Spielarten ihm die Oper am meisten bedeutete. Andererseits erschien Klee auch das vermeintlich so kunstfremde Normalleben als veritable Bühne für Dramatisches, Komisches oder Groteskes und für Maskeraden. Dass ein Künstler, dessen Credo lautet: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar”, realistische Darstellungsweisen auf dem Theater nicht mögen konnte, dafür aber die extreme Lebensferne der Oper als ureigene Kunstwelt liebte, versteht sich nahezu von selbst. Imitierender Realismus musste für Klee nichts anderes als falsch sein.
Nach dem unverstellten Ausdruck, der echten Pose, der Alltagstheatralik suchend, ging er sogar mit dem Opernglas auf die Pirsch. So konnte er ungestört Gesichtszüge, Gesten und Körperhaltungen seiner Mitmenschen beobachten. Auch Artisten, Clowns, Masken oder Puppen gehören „natürlich” in Klees theatralisches Panoptikum. Selbst in Tieren und Pflanzen entdeckte er das Moment der „Performance”, des Sich-in-Szenesetzens, -stellens oder -legens: „Tiere spielen Komödie”, lautet daher der Titel des Blattes von 1937, den wir dem Band „Paul Klee – Überall Theater” (Hatje Cantz Verlag Ostfildern, 2007, 280 Seiten 39,80 Euro) entnehmen. Zu sehen sind ein paar Hunde, die sich auf einer Art Bühne Männchen machend, stolzierend, den Schwanz kokett aufrollend oder langgestreckt bellend produzieren. HARALD EGGEBRECHT
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH