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Ein Filmleben zwischen Ost und West
"Jede Rolle hat mit mir zu tun - egal ob Mörder, Lüstling, Geizkragen oder idealistischer Phantast."
Winfried Glatzeder präsentiert seine Autobiographie. Im Kultfilm "Die Legende Paul und Paula" schrieb er zusammen mit Angelica Domröse Filmgeschichte - jetzt erzählt Winfried Glatzeder sein Leben.
Seit "Paul und Paula" gehörte Winfried Glatzeder zu den beliebtesten Schauspielstars der DDR - mit seinem markanten Gesicht avancierte er zum "Belmondo des Ostens". Nun erzählt er amüsant und authentisch sein Leben auf Leinwand und Bühne zwischen Berlin,
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Produktbeschreibung
Ein Filmleben zwischen Ost und West

"Jede Rolle hat mit mir zu tun - egal ob Mörder, Lüstling, Geizkragen oder idealistischer Phantast."

Winfried Glatzeder präsentiert seine Autobiographie. Im Kultfilm "Die Legende Paul und Paula" schrieb er zusammen mit Angelica Domröse Filmgeschichte - jetzt erzählt Winfried Glatzeder sein Leben.

Seit "Paul und Paula" gehörte Winfried Glatzeder zu den beliebtesten Schauspielstars der DDR - mit seinem markanten Gesicht avancierte er zum "Belmondo des Ostens". Nun erzählt er amüsant und authentisch sein Leben auf Leinwand und Bühne zwischen Berlin, Hamburg, Düsseldorf.

Mit bissigem Witz und ironischem Charme berichtet Glatzeder von seiner Nachkriegskindheit im Ostsektor Berlins und den Anfängen seiner Schauspielkarriere, als er u. a. mit Armin Mueller-Stahl 1966 "Ein Lord am Alexanderplatz" dreht. Nach "Zeit der Störche" und "Der Mann, der nach der Oma kam" gelingt Glatzeder 1973 an der Seite von Angelica Domröse im DEFAKultfilm "Die Legende von Paul und Paula" der Durchbruch. Doch seine Arbeit gerät immer wieder in das Blickfeld der Stasi. 1982 zieht Glatzeder mit seiner Familie nach West-Berlin. Es folgen Krisen, die sich in Alkoholproblemen und kreativer Erschöpfung niederschlagen. So erzählt diese Autobiographie 35 Jahre nach "Paul und Paula" auch von künstlerischer Identitätsfindung und den Schwierigkeiten eines Schauspielerlebens zwischen Ost und West. Bis heute ist Glatzeder auf Bühne und Leinwand präsent.
Autorenporträt
Winfried Glatzeder, 1945 in Zoppot bei Danzig geboren, studierte Schauspiel an der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam/Babelsberg. Von 1971 bis 1982 gehörte er zum Ensemble der Berliner Volksbühne. Einem breiten Fernsehpublikum ist Winfried Glatzeder als Tatort-Kommissar Ernst Roiter bekannt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2008

Aus dem Leben eines Taugeviels

Brigitte Mira bescheinigte ihm den "Charme eines Holzpferdes": Der Schauspieler Winfried Glatzeder widerlegt diese Behauptung locker in seinen Memoiren.

In diesem Tonfall beginnen normalerweise Schelmenromane: "Ich wurde auf einem kurzen Fronturlaub gezeugt, zwischen zwei Schlachten in einer heißen Julinacht 1944 irgendwo zwischen Danzig und Lemberg." Der Mann, der da mit seiner pränatalen Subjektivität kokettiert, als wäre er ein wiedergeborener Tristram Shandy, heißt Winfried Glatzeder. Er ist ein deutscher Schauspieler, ein Star unter Ulbricht, Honecker, Kohl, Schröder und sogar noch Angela Merkel. Er hat den Paul gespielt in der Plenzdorf-Verfilmung "Die Legende von Paul und Paula", im Jahr 1972, das war ein luftiger Moment in der muffigen DDR.

Dieser Film allein sollte Grund genug sein für einen Band Memoiren, wie ihn Winfried Glatzeder nun auch vorgelegt hat: "Paul und ich" erzählt von einem Leben, das keineswegs im Schatten fiktiver Figuren geführt wurde. Im Gegenteil, die tollen Rollen kamen für den 1945 in Westpreußen geborenen Winfried immer wie gute Kumpels. Sie gesellten sich zu ihm, dann trollten sie sich wieder. Nur Paul blieb.

Zu diesem Doppelleben gibt es nun noch eine Menge Hintergrundinformationen, geschrieben in jenem Plauderton, der sich einstellt, wenn eine öffentliche Person und ein Schreibprofi sich zusammentun. Winfried Glatzeder hat Manuela Runge seine Geschichte erzählt, zusammen haben sie ein hübsches Potpourri aus Narration und Redaktion geschaffen. Schon in der Danziger Gegend nach 1945 lebte Winfried Glatzeder gewissermaßen halb literarisch. Er kam als "unansehnliches Bündel" zur Welt. "Von da an schrie ich - drei Monate lang."

Dieser Kraftakt (eine chthonische Baby-Hommage an den damals noch tief im vegetativen System von Günter Grass verborgenen Oskar Matzerath?) sollte der einzige im Leben des jungen Taugeviels bleiben. In der Folge ging fast alles relativ leicht: die Kindheit und Jugend in einem nervösen Matriarchat; die erste Liebe (Kapitelüberschrift: "Der Kater auf dem heißen Blechdach"); die theatralische Sendung, die schnell über die VEB Kühlautomat in Johannisthal hinausführt. Der Schlaks Winfried Glatzeder steht bald auf der Bühne, zuerst in Potsdam, später an der Volksbühne auch unter Benno Besson, den es damals aber schon immer öfter nach Paris zog. Im DDR-Fernsehen spielt er einen Schauspielstudenten namens Belmondo; von da an hat er, weil es im Kalten Krieg alles zweimal geben musste, seinen Künstlernamen weg: "Belmondo des Ostens".

Für die Mitarbeit bei der Staatssicherheit erweist er sich als "ungeeignet", an den neuralgischen Punkten der DDR-Geschichte ist er meistens gerade nicht da (als Biermann ausgebürgert wird, ist Glatzeder in Prag). 1982 verabschiedet er sich nach West-Berlin, mit einem Künstlervisum, die Familie darf bald nachkommen. Das ist für einen "ehemaligen Angehörigen einer negativen Gruppierung in Potsdam" (Stasi-Bericht) ein versöhnliches Ende, das aber nicht weiter verwundert, denn für Winfried Glatzeder war die DDR in erster Linie ein "staatlich verordneter Kindergarten".

Die erste Filmrolle im Westen hat er an der Seite von Didi Hallervorden. 1986 spielt er in einer schnell apokryph gewordenen Krimikomödie namens "Va Banque" an der Seite eines gewissen Joschka Fischer. Es folgen Auftritte in dem Boulevardklassiker "Pension Schöller" und bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg. Glatzeder erzählt diese ganze, weitgehend ungebrochene Geschichte auf eine angenehme, nicht übertrieben selbstreflexive Weise.

Gelegentlich scheint es, als hätte sich die Redaktion ein wenig eigenständig zum Formulieren hinreißen lassen: "Becketts Text ist so gehaltvoll wie ein guter Fleischfond, jeder Satz trägt hundert Sätze in sich wie ein Eisberg, von dem man nur die Spitze sieht." Das ist Schelmendeutsch wider Willen. Für den entglittenen kulinarischen Vergleich entschädigt aber gleich darauf das Kapitel "Subversiv mit Knoblauch", ein heimlicher Höhepunkt des Buches, in dem Winfried Glatzeder davon berichtet, wie er dem Fernsehkoch Alfred Biolek einen Streich mit Knoblauchbrot spielte. "Die Haute Cuisine hat mich selten satt gemacht", heißt es in diesem Zusammenhang. Das passt auch gut auf das ganze Buch - "Paul und ich" stellt keine Ansprüche, in den Bibliotheken neben den großen Selbsterforschungen zu stehen. Es ist vielmehr für die gute Stube gedacht, für das Sofa am Nachmittag, für den vertrauten Moment, wenn der Belmondo des Ostens wieder einmal im Fernsehen auftaucht und die Erinnerung daran wachhält, dass auch Deutschland ein Starsystem jenseits von Til Schweiger hat.

Winfried Glatzeder, dem Brigitte Mira einst den "Charme eines Holzpferdes" bescheinigte, hat sich seine Autobiographie redlich verdient und damit nebenbei auch diese schnippische Bemerkung der berühmten Kollegin endgültig widerlegt.

BERT REBHANDL

Winfried Glatzeder: "Paul und ich". Autobiographie. Aufbau Verlag, Berlin 2008. 238 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Von wegen "Charme eines Holzpferds"! Den hat Brigitte Mira einst dem Schauspieler Winfried Glatzeder bescheinigt - aber Bert Rebhandl, der Rezensent von Glatzeders Autobiographie, kann da gar nicht zustimmen. So war doch der Film, der den Darsteller im Osten Deutschlands und vielleicht sogar darüber hinaus unsterblich machte, nämlich "Die Legende von Paul und Paula", "ein luftiger Moment in der muffigen DDR". Auch im Leben ging Glatzeder das meiste leicht von der Hand, das beweist eine Karriere, die von der VEB Kühlautomat zum Titel "Belmondo des Ostens" und im Westen zum Tatort-Kommissar führte. Selber oder jedenfalls: alleine geschrieben hat er die Autobiographie freilich nicht. Manuale Runge tut als Verschriftlicherin das Ihre zu Glatzeders Lebensbericht - nicht immer, wie Rebhandl belegt, mit größtem Geschick. Macht aber nichts, "Paul und ich" ist trotzdem, findet der Rezensent, "angenehme" Lektüre "für das Sofa am Nachmittag".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Unbedingt lesenswert." Berliner Zeitung 20080306