Paulus ist vor allem als theologischer Denker bekannt. Nun behaupten gewichtige Stimmen aus dem englischsprachigen Raum, die Exegese seiner Briefe habe sich bisher viel zu sehr auf abstrakte Konzepte und Argumentationsfiguren konzentriert. Vielmehr sei die Erkenntnis von fundamentaler Bedeutung, dass die Texte durch und durch von Geschichten geprägt seien. Gemeint sind nicht explizite Erzählungen, sondern narrative Strukturen, die im Subtext oder in der Weltanschauung des Autors verortet werden. Heiligs Studie unterzieht diesen "narrative approach" einer kritischen Prüfung: Kann im Fall von Briefen sinnvoll von Narrativen gesprochen werden? Ist die Priorisierung impliziter Erzählungen sinnvoll? Mit welchem methodischen Werkzeug könnte man die bisher angeblich übersehenen Erzählungen identifizieren? Heilig beantwortet diese und weitere grundsätzliche Fragen unter Bezugnahme auf die erzähltheoretische und textlinguistische Forschung und zeigt in der Analyse konkreter Texte auf, wiePaulus tatsächlich als "Erzähler" auftritt. Dabei demonstriert er, wie eine initiale Konzentration auf explizite Erzählungen tatsächlich auf einen Weg zu einer neuen, narratologisch fundierten Betrachtungsweise der Schriften des Apostels führen kann.
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