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For many Europeans, the persistence of America's death penalty is a stark reminder of American otherness. The practice of state killing is an archaic relic, a hollow symbol that accomplishes nothing but reflects a puritanical, punitive culture - bloodthirsty in its pursuit of retribution. In debating capital punishment, the usual rhetoric points to America's deviance from the western norm: civilized abolition and barbaric retention; 'us' and 'them'. This remarkable new study by a leading social thinker sweeps aside the familiar story and offers a compelling interpretation of the culture of…mehr

Produktbeschreibung
For many Europeans, the persistence of America's death penalty is a stark reminder of American otherness. The practice of state killing is an archaic relic, a hollow symbol that accomplishes nothing but reflects a puritanical, punitive culture - bloodthirsty in its pursuit of retribution. In debating capital punishment, the usual rhetoric points to America's deviance from the western norm: civilized abolition and barbaric retention; 'us' and 'them'. This remarkable new study by a leading social thinker sweeps aside the familiar story and offers a compelling interpretation of the culture of American punishment. It shows that the same forces that led to the death penalty's abolition in Europe once made America a pioneer of reform. That democracy and civilization are not the enemies of capital punishment, though liberalism and humanitarianism are. Making sense of today's differences requires a better understanding of American society and its punishments than the standard rhetoric allows. Taking us deep inside the world of capital punishment, the book offers a detailed picture of a peculiar institution - its cultural meaning and symbolic force for supporters and abolitionists, its place in the landscape of American politics and attitudes to crime, its constitutional status and the legal struggles that define it. Understanding the death penalty requires that we understand how American society is put together - the legacy of racial violence, the structures of social power, and the commitment to radical, local majority rule. Shattering current stereotypes, the book forces us to rethink our understanding of the politics of death and of punishment in America and beyond.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2011

Eine nutzlose und unnötige Auslöschung von Leben

Wie die Obersten Richter sich dem populistischen und basisdemokratischen amerikanischen Ethos anpassten: David Garland hat ein wichtiges Buch über die Todesstrafe und über die Vereinigten Staaten insgesamt geschrieben.

John Paul Stevens war noch nicht lange aus dem Amt geschieden, als er einen Essay zur Todesstrafe veröffentlichte. Der ehemalige Supreme-Court-Richter beschreibt darin, warum er vor einigen Jahren zu der Überzeugung gelangte, dass die Todesstrafe eine "nutzlose und unnötige Auslöschung von Leben mit nur marginalem Beitrag zu irgendeinem erkennbaren oder öffentlichen Zweck" sei. Stevens, der vergangenen Sommer mit neunzig Jahren in den Ruhestand trat, beklagt, dass die vom Supreme Court einst anvisierten Reformen zur Begrenzung der Todesstrafe auf die schlimmsten Verbrechen und zur Verhinderung von Fehlurteilen gescheitert seien. Die Schuld daran gibt der liberale Veteran einem zunehmend konservativ gefärbten Supreme Court, der in Abweichung von früheren Todesstrafe-Urteilen entscheidende Schutzmechanismen aufgeweicht habe.

Stevens kritische Bemerkungen haben viel Beachtung gefunden - so viel Beachtung, dass darüber das Werk, um das es eigentlich gehen sollte, völlig in den Hintergrund geriet. Publiziert war der Todesstrafen-Essay des ehemaligen Verfassungsrichters als Buchrezension im Magazin "The New York Review of Books". Aber in den zahlreichen Berichten und Kommentaren dazu tauchte der Autor David Garland mit seinem Buch über die "seltsame Institution" Todesstrafe allenfalls in einem Nebensatz auf. Das ist bedauerlich. Denn Garland hat ein wichtiges Buch nicht nur über die Todesstrafe, sondern über Amerika insgesamt geschrieben. Stevens fühlt sich gar an die Betrachtungen von Alexis Tocqueville erinnert. Garland sei ein ähnlich scharfsinniger Beobachter und brillanter Schreiber, lobt er den Rechts- und Soziologieprofessor. Energisch widerspricht Stevens allerdings Garlands Einschätzung, dass der Supreme Court die Chance zur Abschaffung der Todesstrafe in den siebziger Jahren nicht ergriffen habe. Der Supreme Court sei kein "Motor für Reformen" und habe keine "eigene Agenda", schreibt der einstige liberale Anführer.

Der Kurs der Obersten Richter ist jedoch nur eine der zahlreichen Linien, die Garland verfolgt, um dem Phänomen Todesstrafe auf die Spur zu kommen. Mit Verbrechen und Strafe hatte sich der aus Schottland stammende Jurist und Soziologe bereits an der University of Edinburgh befasst. Später siedelte er dann in die Vereinigten Staaten über, wo er nun an der New York University lehrt. Transatlantisch und disziplinübergreifend, so lässt sich auch Garlands Analyse der Todesstrafe charakterisieren. Wie kann es sein, dass die Todesstrafe in den Vereinigten Staaten "überlebte"? Was ist anders als in Europa?

Der Rezensent Stevens vergleicht Garlands Forschungskonzept mit dem eines Anthropologen. Der Autor nähere sich dem amerikanischen Todesstrafensystem, als ob er die "exotischen kulturellen Praktiken einer fremden Gesellschaft" betrachte. Garland selbst bezeichnet die Todesstrafe in den Vereinigten Staaten als "seltsame Institution" - seltsam deshalb, weil Amerika als einziges westliches Land daran festhalte, obwohl die Todesstrafe historisch eng mit dem dunklen Kapitel Sklaverei verknüpft sei und in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung kaum strafrechtlichen Zwecken diene.

Der Autor greift damit Merkmale auf, die Gegner der Todesstrafe traditionell als Argumente für die Abschaffung ins Feld führen. Die Untauglichkeit des gegenwärtigen amerikanischen Todesstrafesystems für die Bekämpfung von Kriminalität ist nach Garlands Überzeugung derart offenkundig, dass er dem Abschreckungsargument kaum noch aktuelle Bedeutung beimisst. Gleichwohl widerspricht der Autor energisch der in Europa verbreiteten Annahme, dass die Todesstrafe keinen positiven Nutzen habe. Insoweit hält Garland es mit Michel Foucault. Der französische Philosoph habe völlig zu Recht davor gewarnt, Strafen auf ihren repressiven Charakter zu reduzieren und damit ihre komplexe soziale Funktion auszublenden. Das System der Todesstrafe sei "keineswegs irrational oder dysfunktional", argumentiert Garland. Es habe nur eine andere Bedeutung als früher. So sei die Todesstrafe heutzutage vor allem "Energiequelle" des politischen und gesellschaftlichen Diskurses.

Auch wenn Garland seine persönliche Haltung zur Todesstrafe nicht offenbart, hebt er wiederum hervor, was Gegner der Todesstrafe seit langem beklagen: Dass konservative Politiker und Aktivisten die Todesstrafe in den "culture wars" als Macht- und Mobilisierungsinstrument nutzten. Aber während viele Betrachtungen zur Todesstrafe an diesem Punkt enden, beginnt der interessanteste Teil von Garlands Analyse dort erst. Kritisch seziert er, wie die Todesstrafe in Amerika in jüngerer Zeit zur kollektiven Solidaritätsbekundung gegenüber Opferangehörigen stilisiert und als Heilmittel für den Seelenfrieden propagiert wird. Mokant erinnert Garland daran, dass manche islamischen Rechtsordnungen den Verwandten von Verbrechensopfern die Wahl und Durchführung der Bestrafung überließen.

Eine Außenseiterposition in der westlichen Welt attestiert Garland den Vereinigten Staaten auch aufgrund deutlich höherer Gewaltkriminalität. Provokant spricht er von "mangelnder Befriedung", die die Entwicklung einer "Tough guy"-Kultur begünstigt habe. Von dort ist es nicht mehr weit bis zu Garlands zentraler These: dass Amerikas "radikale lokale Version von Demokratie" der entscheidende Grund für die Beibehaltung der Todesstrafe sei. Während die Regierenden in Europa die Abschaffung der Todesstrafe gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung hätten durchsetzen können, seien die Bedingungen dafür in Amerika aufgrund der föderalen Struktur des Strafrechts, der stärkeren unmittelbaren Abhängigkeit amerikanischer Politiker vom Wähler und des Einflusses basisdemokratischer Bewegungen weit schwieriger gewesen.

Trotzdem gehörten manche Bundesstaaten einst zur Avantgarde bei der Abschaffung der Todesstrafe. So erinnert Garland daran, dass Michigan die Todesstrafe schon 1846 verboten habe. Ursächlich dafür seien regionale Umstände gewesen: eine kleine, homogene Bevölkerung, die unter relativ wenig Gewaltkriminalität gelitten habe und von einer entschlossenen Reformbewegung angeführt worden sei. Ähnlich stark, jedoch in die entgegengesetzte Richtung hätten regionale Besonderheiten die Entwicklung in den Südstaaten geprägt. Die fortwirkende Spaltung der Gesellschaft infolge der Sklaverei, hohe Gewaltkriminalität und fortbestehende rassistisch bedingte Ängste und Ressentiments hätten dazu geführt, dass der Süden zur Bastion der Todesstrafe geworden sei.

Diese Entwicklung hätte der Supreme Court - und nur der Supreme Court - verhindern können, behauptet Garland. Doch seien die Obersten Richter vor der historischen Aufgabe, die Todesstrafe ein für allemal abzuschaffen, zurückgeschreckt. Stattdessen hätten sie sich für ein labyrinthisches "Management" der Todesstrafe entschieden, welches das System von Willkür und Rassismus kurieren sollte.

Garland relativiert seine Kritik am Supreme Court dann allerdings, indem er auf den historischen Kontext verweist. Elementarer Grund für die gescheiterte Abschaffung der Todesstrafe im "finalen Stadium" sei der Niedergang des amerikanischen Liberalismus und die Renaissance des Konservativismus Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts gewesen. In diesem politisch veränderten, durch gewalttätige Unruhen und steigende Kriminalität belasteten Klima sei den Obersten Richtern die Abschaffung der Todesstrafe nicht mehr opportun erschienen.

Eindrücklich legt Garland dar, wie eng die Furman-Entscheidung von 1972, mit der die Todesstrafe außer Kraft gesetzt wurde, und die vier Jahre später getroffene Gregg-Entscheidung zur Wiederzulassung der Todesstrafe mit der Debatte über "state rights" verknüpft waren. Die Aussetzung der Todesstrafe sei in den Vereinigten Staaten als Affront gegen einzelstaatliche Souveränität und als Angriff auf den Willen des Volkes wahrgenommen worden. "Argumente für die Todesstrafe wurden damit zu Argumenten für die Demokratie", fasst Garland zusammen. Den massiven Forderungen nach "Demokratisierung" und "Lokalisierung" der Todesstrafe habe sich der Supreme Court gebeugt, als er im Fall "Gregg" die neuen Gesetze zur Todesstrafe akzeptiert habe. Letztlich hätten die Obersten Richter sich dem "populistischen, regionalistischen und basisdemokratischen amerikanischen Ethos angepasst, anstatt sich ihm entgegenzustemmen", resümiert Garland.

Er legt damit einen Geschichtsstrang der amerikanischen Todesstrafe frei, der aus dem europäischen, auf die menschenrechtliche Dimension der Todesstrafe konzentrierten Blickfeld oft herausfällt. Dabei sei es, so hebt Garland hervor, der basisdemokratische Gedanke, aus dem die zeitgenössische Todesstrafe ihre Legitimation ableite.

KATJA GELINSKY.

David Garland: "Peculiar Institution". America's Death Penalty in an Age of Abolition.

Oxford University Press/ Harvard University Press, New York 2010. 432 S., geb., 27,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Students and practitioners in law, sociology, criminology, or for that matter, American studies will find this book a fascinating as well as useful provider of insights into why the death penalty unfortunately survives in America in an age of abolition. Phillip Taylor http://www.flickr.com/photos/phillip_taylor/5488685982