Eines Tages muss das Mädchen Pembo mit ihrer Familie ihre Heimat verlassen und nach Deutschland umziehen. Pembo will aber nicht. Sie liebt die Sonne, das Meer und die Freunde in ihrer türkischen Heimat. Angekommen in Deutschland ist ihr dort zunächst alles grau und fremd. Sie kennt niemanden. Sie fühlt sich zerrissen zwischen Hier und Dort. Und auch das neue Geschäft von Papa Mustafa bleibt zunächst ein Flop. Aber dann entdeckt Pembo, wieviel Kraft und wieviel Herz sie hat, um auf das Neue zuzugehen - und aus Halb und Halb ein rundes, glückliches Leben zu machen.
buecher-magazin.de„Halb und halb macht doppelt glücklich!“ So der Untertitel dieses in der Tat beglückenden Romans von Ayşe Bosse, die man bisher als Autorin sehr berührender Bücher für Kinder und Jugendliche zum Thema Tod kannte. Einen ganz anderen Ton schlägt sie hier an. Nicht weniger einfühlsam, dafür mit schrägen Ideen und viel Humor erzählt sie von Pembo, die es aus einem rundum zufriedenen Alltag in einem türkischen Dorf am Meer nach Hamburg verschlägt. Lustig findet sie das nicht. Aber der türkische Vater übernimmt nun mal das Geschäft seines verstorbenen Onkels und ihre deutsche Mutter will mit einem Studium beginnen. Natürlich kommt alles ein wenig anders – oder fast, denn der Laden floppt und es sieht so aus, als ob Familie Mutlu zurück muss. Das fast bilderbuchhafte Familienleben wird auf eine harte Probe gestellt. Aye Bosse gelingt es meisterlich, von Pembos emotionalem Auf und Ab zu erzählen. Wie das Mädchen die Familienpleite mithilfe neuer Freundschaften zu verhindern weiß, grenzt an ein modernes Großstadt-Märchen. Dazu passt bestens der Schuss träumerische Magie, den die Autorin geschickt und wohldosiert in die Geschichte gibt. Und die zarten wie ausdrucksstarken Tuschezeichnungen von Ceylan Beyolu runden das Ganze wunderschön ab.
© BÜCHERmagazin, Jana Kühn (jk)
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"Migration kindgerecht und humorvoll erzählt." Katja Sembritzki ntv.de 20211218
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.06.2020Der Traum
vom Fliegen
Wie die junge Pembo ihn in
Hamburg verwirklicht
Eigentlich ist Pembo eine „Köftoffel“, wie ihr Vater sagt: zur einen Hälfte Köfte, zur anderen Kartoffel. Ein Teil türkisch, ein Teil deutsch. Doch zu Hause fühlt sich die Elfjährige in der Türkei. In dem kleinen Dorf am Meer, in dem sie mit ihrem türkischen Baba und ihrer deutschen Mama wohnt. Hier ist alles, was ihr lieb ist: ihre Großeltern, ihr Kater Süleyman und ihre beste Freundin Dilo.
„Dilo sagt, dass es in Deutschland so düster und kalt ist, weswegen sie da absolut alle gruseligen Szenen von Harry Potter UND Herr der Ringe gedreht haben“, erklärt Pembo ihrem Vater. Doch dann erbt dieser von seinem verstorbenen Onkel Hasan in Hamburg dessen Salon mit dazugehöriger Wohnung. Und weil es schon immer sein Traum gewesen war, einen eigenen Friseursalon zu führen, bedeutet das: Umzug.
Die Autorin Ayşe Bosse wurde 1976 in Frankfurt am Main geboren und wuchs in einer türkisch-deutschen Familie auf. Man merkt ihrem Buch an, dass sie beide Länder gut kennt. Diese Authentizität ist einer der Gründe dafür, weswegen „Pembo“ so ein überaus guter Roman geworden ist. Die filigranen schwarz-blauen Aquarelle Ceylan Beyoğlus machen ihn auch optisch zu einem kleinen Kunstwerk. Jede Figur bekommt mit wenigen Strichen einen eigenen Charakter.
Das Buch kombiniert gelungen Wach- und Traumsequenzen. Die Autorin lässt uns schon früh tief in die Seele ihrer Protagonistin schauen. Deren symbolhafte Träume zeigen, dass Pembo bereits vor dem Abflug nach Deutschland tief in ihrem Innersten weiß, was wirklich wichtig ist. Als namenlose Tochter des großen Zauberers Magic Mustafa schwebt sie bis zu den Sternen, ihr Vater wünscht sich nichts sehnlicher, als ebenfalls fliegen zu können. Die Traum-Pembo will alles dafür tun, dass ihm dieser Herzenswunsch erfüllt wird. Ein Orakel flüstert ihr zu, was sie zu tun hat: Sie muss sich auf die Klippen stellen und laut ihren Namen rufen. Ihren wirklichen, echten Namen. Den ihr Vater ihr einst gegeben hat und den sie selbst hasst, weil er übersetzt „rosapinke Rose“ heißt. Pembo verabscheut alles, was rosa ist. Doch sie überwindet sich: „Pembegül!“ schreit sie in den Nachthimmel. „Da fallen die Sterne glitzernd vom Himmel, weil ich meinen Baba so sehr liebe.“ Die Traum-Pembo weiß, dass man aus Liebe manchmal ein Opfer bringen muss. Und dass sie diejenige ist, die ihrem Vater helfen kann, seinen größten Wunsch zu erfüllen.
Im Wachzustand braucht sie für diese Erkenntnis etwas länger. Als Pembo und ihre Eltern zum ersten Mal vor Onkel Hasans Haus stehen, stellen sie fest, dass der vermeintliche Friseursalon in Wirklichkeit ein Hundesalon ist. Dummerweise fürchtet sich ihr Vater vor nichts so sehr wie vor Hunden. Und ihre Eltern zerstreiten sich so schlimm wie nie zuvor.
Auch Hamburg präsentiert sich nicht von seiner schönsten Seite: Es regnet und ist kalt. Ein Mädchen in ihrer neuen Schule ist gemein zu ihr. Doch dann findet Pembo einen Freund: Paul. Zusammen schmieden sie einen Plan, der dem Vater hilft, alle Ängste zu überwinden und – seinen Traum zu verwirklichen. Pembo erkennt, „dass es eigentlich gar keine Rolle spielt, wo man ist. Hauptsache, es sind liebe Menschen um einen herum“. (ab 9 Jahre)
HEIKE NIEDER
Ayşe Bosse: Pembo. Halb und halb macht doppelt glücklich! Mit Illustrationen von Ceylan Beyoğlu. Carlsen Verlag, Hamburg 2020. 272 Seiten, 10 Euro.
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vom Fliegen
Wie die junge Pembo ihn in
Hamburg verwirklicht
Eigentlich ist Pembo eine „Köftoffel“, wie ihr Vater sagt: zur einen Hälfte Köfte, zur anderen Kartoffel. Ein Teil türkisch, ein Teil deutsch. Doch zu Hause fühlt sich die Elfjährige in der Türkei. In dem kleinen Dorf am Meer, in dem sie mit ihrem türkischen Baba und ihrer deutschen Mama wohnt. Hier ist alles, was ihr lieb ist: ihre Großeltern, ihr Kater Süleyman und ihre beste Freundin Dilo.
„Dilo sagt, dass es in Deutschland so düster und kalt ist, weswegen sie da absolut alle gruseligen Szenen von Harry Potter UND Herr der Ringe gedreht haben“, erklärt Pembo ihrem Vater. Doch dann erbt dieser von seinem verstorbenen Onkel Hasan in Hamburg dessen Salon mit dazugehöriger Wohnung. Und weil es schon immer sein Traum gewesen war, einen eigenen Friseursalon zu führen, bedeutet das: Umzug.
Die Autorin Ayşe Bosse wurde 1976 in Frankfurt am Main geboren und wuchs in einer türkisch-deutschen Familie auf. Man merkt ihrem Buch an, dass sie beide Länder gut kennt. Diese Authentizität ist einer der Gründe dafür, weswegen „Pembo“ so ein überaus guter Roman geworden ist. Die filigranen schwarz-blauen Aquarelle Ceylan Beyoğlus machen ihn auch optisch zu einem kleinen Kunstwerk. Jede Figur bekommt mit wenigen Strichen einen eigenen Charakter.
Das Buch kombiniert gelungen Wach- und Traumsequenzen. Die Autorin lässt uns schon früh tief in die Seele ihrer Protagonistin schauen. Deren symbolhafte Träume zeigen, dass Pembo bereits vor dem Abflug nach Deutschland tief in ihrem Innersten weiß, was wirklich wichtig ist. Als namenlose Tochter des großen Zauberers Magic Mustafa schwebt sie bis zu den Sternen, ihr Vater wünscht sich nichts sehnlicher, als ebenfalls fliegen zu können. Die Traum-Pembo will alles dafür tun, dass ihm dieser Herzenswunsch erfüllt wird. Ein Orakel flüstert ihr zu, was sie zu tun hat: Sie muss sich auf die Klippen stellen und laut ihren Namen rufen. Ihren wirklichen, echten Namen. Den ihr Vater ihr einst gegeben hat und den sie selbst hasst, weil er übersetzt „rosapinke Rose“ heißt. Pembo verabscheut alles, was rosa ist. Doch sie überwindet sich: „Pembegül!“ schreit sie in den Nachthimmel. „Da fallen die Sterne glitzernd vom Himmel, weil ich meinen Baba so sehr liebe.“ Die Traum-Pembo weiß, dass man aus Liebe manchmal ein Opfer bringen muss. Und dass sie diejenige ist, die ihrem Vater helfen kann, seinen größten Wunsch zu erfüllen.
Im Wachzustand braucht sie für diese Erkenntnis etwas länger. Als Pembo und ihre Eltern zum ersten Mal vor Onkel Hasans Haus stehen, stellen sie fest, dass der vermeintliche Friseursalon in Wirklichkeit ein Hundesalon ist. Dummerweise fürchtet sich ihr Vater vor nichts so sehr wie vor Hunden. Und ihre Eltern zerstreiten sich so schlimm wie nie zuvor.
Auch Hamburg präsentiert sich nicht von seiner schönsten Seite: Es regnet und ist kalt. Ein Mädchen in ihrer neuen Schule ist gemein zu ihr. Doch dann findet Pembo einen Freund: Paul. Zusammen schmieden sie einen Plan, der dem Vater hilft, alle Ängste zu überwinden und – seinen Traum zu verwirklichen. Pembo erkennt, „dass es eigentlich gar keine Rolle spielt, wo man ist. Hauptsache, es sind liebe Menschen um einen herum“. (ab 9 Jahre)
HEIKE NIEDER
Ayşe Bosse: Pembo. Halb und halb macht doppelt glücklich! Mit Illustrationen von Ceylan Beyoğlu. Carlsen Verlag, Hamburg 2020. 272 Seiten, 10 Euro.
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