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Perdita wächst in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts bei sonderbaren Eltern frei und abenteuerlich in der australischen Wildnis auf. Mit zwölf Jahren wird sie Zeugin eines Verbrechens: Mary, das Aborigine-Hausmädchen und Perditas beste Freundin, gesteht den Mord an Perditas Vater. Doch ist sie wirklich die Mörderin? In ihrem neuesten Roman erzählt Gail Jones ein Drama in Shakespeareschen Dimensionen, von Verlust und Trennung, von Scham und Schuld, die nicht verziehen werden kann - eine Geschichte, die sich nur flüsternd erzählen lässt. Perdita ist gleichermaßen fesselnd und von…mehr

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Produktbeschreibung
Perdita wächst in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts bei sonderbaren Eltern frei und abenteuerlich in der australischen Wildnis auf. Mit zwölf Jahren wird sie Zeugin eines Verbrechens: Mary, das Aborigine-Hausmädchen und Perditas beste Freundin, gesteht den Mord an Perditas Vater. Doch ist sie wirklich die Mörderin? In ihrem neuesten Roman erzählt Gail Jones ein Drama in Shakespeareschen Dimensionen, von Verlust und Trennung, von Scham und Schuld, die nicht verziehen werden kann - eine Geschichte, die sich nur flüsternd erzählen lässt. Perdita ist gleichermaßen fesselnd und von poetischer Tiefe.
Perdita wächst bei ihrer wahnsinnigen Mutter und ihrem verbitterten Vater in der australischen Wildnis heran, in einer Hütte voller Zeitungsausschnitte über den Zweiten Weltkrieg und vermodernder Bücher, in denen Schlangen hausen. Die Shakespeare-Zitate der Mutter bilden die Grundlage von Perditas spärlicher Bildung. Verwildert und frei, sucht sie Liebe bei dem taubstummen Sohn der Nachbarn und in dem Aborigine-Hausmädchen Mary. Perdita scheint zufrieden mit ihrem Leben in diesem gottverlassenen Winkel der Erde bis zu dem Tag, an dem ihr Vater erstochen aufgefunden wird. Mary bekennt sich schuldig und wird verhaftet, Perdita verliert das Gedächtnis und kann fortan nur noch flüstern und stottern. Erst als sie die wahren Umstände des Mordes zu erinnern gezwungen ist, findet sie auch ihre Sprache wieder?
Gail Jones verwebt die Biografien ihrer Figuren über Generationen und Kontinente hinweg. Shakespeares Dramen und Sonette, Joseph Conrad, Emily Dickinson und andere bilden die literarische Kulisse dieser Geschichte über Erinnern und Vergessen, Verlust und Sprache, Menschlichkeit und Unmenschlichkeit.
Perdita ist Gail Jones Beitrag zur Debatte um die Entschuldigung der australischen Regierung für ihre unmenschliche Behandlung der Aborigines.
Autorenporträt
Gail Jones, geboren in Westaustralien, unterrichtet Englisch, Kommunikation und Kulturwissenschaft an der University of Western Australia. Ihr erster Roman, "Black Mirror", wurde mit dem Nita B. Kibble Award ausgezeichnet.

Conny Lösch lebt als Journalistin und Übersetzerin in Berlin. Sie hat Bücher u.a. von Jon Savage, Simon Reynolds, Gail Jones, Elmore Leonhard und Don Winslow ins Deutsche übertragen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2010

Die Schlange haust im Bücherberg
Gail Jones vergräbt sich in Australiens Geschichte

"Oh schmölze doch dies allzu feste Fleisch, / Zerging', und löst' in einen Tau sich auf! / Oder hätte nicht der Ew'ge sein Gebot / Gerichtet gegen Selbstmord!" Es geht doch nichts über frühkindliche Bildung - aber dass Perdita, die Titelfigur des aktuellen Romans der Australierin Gail Jones, den berühmtesten Monolog der Weltliteratur bereits im zarten Alter von neun Jahren in voller Länge auswendig hersagen kann, geht zu weit. Zwar versteht sie nicht, was sie da sagt, "aber ihr gefiel der anregende Jammerton, die schlechte Laune". Das ganze Buch strotzt vor Dramenzitaten, aber wer deshalb einen Romanplot von Shakespearescher Dimension erwartet, wird enttäuscht.

Um das Jahr 1930 erblickt Perdita, das einzige Kind englischer Einwanderer, im australischen Hinterland das Licht der Welt. Wie die gleichnamige Figur aus Shakespeares "Wintermärchen" wächst auch sie unter widrigen Umständen heran. Ihr Vater Nicholas zeigt kaum Interesse an ihr und ist besessen davon, die Sitten und Gebräuche der Aborigines zu erforschen, während ihre Mutter Stella sich und ihrer Tochter das Leben durch das manische Zitieren von Shakespeare zu erschließen versucht. Die Familie ist arm, der einzige Luxus, den man sich gönnt, ist Lesen, und so wird Perdita zwischen Büchertürmen groß, hinter denen sich gerne mal eine Schlange verkriecht.

Jene Gebirge aus Papier stehen sinnbildlich für das Gewirr einer Weltliteratur, deren Zusammenhänge durch die willkürlichen Zitatanhäufungen des Romans eher persifliert werden, als dass sich irgendwelche intertextuellen Verbindungen identifizieren ließen. Schließlich ist es gerade ihre Shakespeareneurose, die Stella als Mensch und Mutter immer unzulänglicher werden lässt. Sie ist keiner von Shakespeares klugen Narren und muss lange Zeit stationär behandelt werden. Damit Perdita nicht ganz ohne weibliche Gesellschaft aufwächst, tritt Mary, ein in einem christlichen Kloster sozialisiertes Aborigine-Mädchen, dem Haushalt bei. Zwischen den beiden entsteht eine enge Freundschaft - bis Mary für den gewaltsamen Tod des Hausherrn Nicholas verantwortlich gemacht wird und ins Gefängnis kommt. Nach diesem Schock beginnt Perdita zu stottern, und weil Stella nach wie vor nicht imstande ist, ihre Tochter zu versorgen, kommt die Zwölfjährige in eine Pflegefamilie.

Einige Themen, die Jones berührt, hätten eine ausführlichere Behandlung verdient - zum Beispiel die australische Perspektive auf den Zweiten Weltkrieg, oder Perditas Bemühungen um ihre geisteskranke Mutter, die in ihrer Naivität mal anrührend, mal eher abstoßend wirken. Doch was die Autorin sich vorgenommen hat, deutet bereits der Originaltitel "Sorry" an: Es geht um das hochbrisante Verhältnis Australiens zu seiner Urbevölkerung. Der derzeitige Premierminister Kevin Rudd war der erste, der, angesichts der an den Aborigines verübten staatlich sanktionierten Verbrechen, Anfang 2008 das Wort "Sorry" über die Lippen brachte.

Trotz dieses programmatischen Ansatzes bleiben die Aborigines in Jones' neuestem Roman bloße Randerscheinungen, wie sie es für Perdita, ein kleines weißes Mädchen, zur Zeit des Zweiten Weltkriegs auch tatsächlich gewesen sein müssen. Selbst Marys Schwarz- und Anderssein ist nebensächlich, und das, wofür sich Perdita bei Mary entschuldigen muss, hat nichts mit deren Wurzeln zu tun, sondern mit etwas, was man aus Freundschaft, aber auch aus christlich anerzogenem Masochismus zu tun bereit sein mag. Gerade im Kontext einer politischen Agenda erscheinen die zahlreichen Shakespeare-Referenzen problematisch. Sie vollziehen literarisch einen Akt der Kolonialisierung, indem sie sich auf Shakespeare als den Anwalt des Ewig-Menschlichen berufen.

Zumindest haben der große Dichter und Gail Jones gleichermaßen ein Faible für Außenseiterfiguren, und auch wenn der Vergleich mit Shakespeare vermessen wäre, ist Jones' poetisch-sphärischer Stil bisweilen von beeindruckender Anschaulichkeit. Wie schon in ihrem herausragenden Episodenroman "60 Lichter", der 2007 auch auf Deutsch erschien, liegt die Stärke dieser Autorin einmal mehr eher in einzelnen Szenen und Bildern als in den großen Spannungsbögen und Handlungszusammenhängen des Erzählens. "Perdita" wechselt erratisch zwischen dritter und erster Person hin und her und scheint sich mit keiner der beiden Erzählperspektiven richtig wohl zu fühlen. Zwar überwindet die Hauptfigur ihr Stottern, indem sie Shakespeare deklamiert - aber gegen die holprige Handlung dieses Romans können selbst Shakespeares Worte am Ende wenig ausrichten.

MARGRET FETZER

Gail Jones: "Perdita". Roman. Aus dem Englischen von Conny Lösch. Edition Nautilus, Hamburg 2009. 256 S., geb., 19,90 [Euro].

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