Produktdetails
  • Verlag: Arena
  • ISBN-13: 9783401023847
  • Artikelnr.: 12836057
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2003

Kopiertes Kind
Andreas Eschbachs Roman von Klonen und Menschen

Von allen gesellschaftlich relevanten Entwicklungen, die Eingang gefunden haben in den Fundus unserer Literatur, ist das Thema Klonen eines der geheimnisvollsten, weil uns kaum etwas fremder und zugleich näher ist. Spätestens seit der Entzifferung des menschlichen Erbguts wird die Biotechnologie multimedial diskutiert. Der Jugendliteratur fällt nun die pikante Rolle zu, sich explizit an diejenigen zu wenden, die von den neuen Optionen vorgeblich betroffen sein werden.

Der Science-fiction-Bestsellerautor Andreas Eschbach ("Das Jesus Video") zeichnet in seinem zweiten Jugendbuch "Perfect Copy" ein Szenario, angesiedelt in naher Zukunft, das in deutscher Provinz den medienumschwärmten Ernstfall abhandelt. Für den sechzehn Jahre alten Wolfgang wird das in der Schule und den Medien umgehende Gerücht um einen geklonten Jungen zur Persönlichkeitsfrage. Sein Vater, selbst ein renommierter Forscher, hatte Kontakt zu dem Mediziner, der das Experiment geleitet haben soll. Es dauert nicht lange, bis man Wolfgang verdächtigt, das damals geklonte Kind zu sein. Ihm werden seine Anlagen fortan zum dringlichsten Anliegen, zumal er ohnehin gerade an seinem musikalischen Talent zweifelt. Haben die Eltern seine Laufbahn via Keimbahn vorgezeichnet? Seiner Herkunft auf der Spur und damit auch seiner Zukunft, gerät der Junge in einen Strudel von Ereignissen. Nur seine Freundin Svenja steht unbeirrt zu ihm: "Ich mag, wie du bist. Das ist es, was für mich zählt. Nicht wie es zustande gekommen ist, du alter Esel."

Andreas Eschbach legt hier eine brisante und hochaktuelle Romanidee vor, deren Potential er allerdings kaum nutzt, ja beinahe fahrlässig zugunsten von Thrill und Action hintanstellt. Denn eine der spannendsten Fragen für Jugendliche an der Debatte um das Klonen ist doch, wie es denen ergeht, die als Abbild, als Wunschvorstellung, als Kind nach Maß gestaltet wurden. "Wie mußte es sich anfühlen, eine genetische Kopie zu sein?" fragt sich Wolfgang einmal, und in einer Annäherung an diese Kernfrage, einem Identitätsentwurf, hätte eine große Chance gelegen.

Andreas Eschbach bietet seinen Lesern einen handwerklich routinierten Mainstream-Thriller. Das hat auch seine Reize: Spannung, Tempo, klare Gut-Böse-Markierung und dergleichen - es ist alles da. Nur sind diese Reize zugleich Handicaps, wenn etwa Wolfgangs Vater so offensichtlich zum Übeltäter verurteilt wird, daß er zum rasenden Psychopathen avanciert. Die klischeehafte Überzeichnung von Figuren wie Geschehnissen reicht bis in die Dialoge hinein, in denen ein bemühter Humor auf verstauchte Ironie trifft.

Wenn unsere kranke Spezies gerettet werden könne, werde das Heil nicht von UN-Resolutionen und diplomatischen Gipfeltreffen, sondern aus den Laboratorien kommen, schrieb Arthur Koestler. Dem imposanten und dabei so kurzsichtigen Träumen von einer Zucht, die das Züchtigen erspare, vom planbaren Produkt Mensch, erteilt Eschbach eine klare Absage. Er besorgt dies mit den Mitteln moralisierender Reizüberflutung, doch er wird seine Leser fesseln. Deshalb wird "Perfect Copy" trotz seiner Oberflächlichkeit für manche Diskussion oder sogar Reflexion gut sein.

SIMONE GIESEN

Andreas Eschbach: "Perfect Copy - Die zweite Schöpfung". Arena Verlag, Würzburg 2002. 247 S., geb., 12,90 [Euro]. Ab 12 J.

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