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Das Leben ist gut zu Sutter Keely. Eine Party, Publikum und ein Bier (oder zwei) – mehr braucht er nicht, um gut drauf zu sein. Klar, in der Schule lief es schon mal besser und mit der Uni wird es wohl nichts werden. Aber sein Job ist okay und nach einem Whisky (oder zwei) sieht die Welt sowieso ganz anders aus. Bis zu dem Morgen, an dem er in einem fremden Vorgarten aufwacht und Aimee trifft. Dass er ein Mädchen wie sie - lieber ein Buch lesen als Party machen, lieber große Zukunftspläne schmieden als in den Tag hinein leben - anziehend findet, überrascht ihn selbst am meisten. Bevor Sutter…mehr

Produktbeschreibung
Das Leben ist gut zu Sutter Keely. Eine Party, Publikum und ein Bier (oder zwei) – mehr braucht er nicht, um gut drauf zu sein. Klar, in der Schule lief es schon mal besser und mit der Uni wird es wohl nichts werden. Aber sein Job ist okay und nach einem Whisky (oder zwei) sieht die Welt sowieso ganz anders aus. Bis zu dem Morgen, an dem er in einem fremden Vorgarten aufwacht und Aimee trifft. Dass er ein Mädchen wie sie - lieber ein Buch lesen als Party machen, lieber große Zukunftspläne schmieden als in den Tag hinein leben - anziehend findet, überrascht ihn selbst am meisten. Bevor Sutter bis drei zählen kann, ist er verliebt. Zum ersten Mal hat er die Chance, das Leben von jemand anders besser zu machen - oder es für immer zu ruinieren.
Autorenporträt
Tim Tharp arbeitete nach seinen wilden Jahren als Tramper quer durch die USA in Fabriken, auf Baustellen, in einer psychiatrischen Klinik und einem Plattenladen. Mittlerweile hat er längst seinen Universitätsabschluss und ist Dozent in Oklahoma City. Seine Bücher wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2014

Dieser Moment, für immer

Das amerikanische Jugendbuch "Perfekt ist jetzt" von Tim Tharp erzählt dunkel, lustig und gar nicht korrekt von dem Leben eines Jungen, der es nicht einsieht, erwachsen zu werden. Und dabei in den Abgrund rennt

Er ist kaum achtzehn. Und er trinkt. Bier, Martinis, Gin. Am liebsten aber Whisky. Den füllt er sich in einen extragroßen Becher Limonade und fährt damit dann Schluck für Schluck in seinem Auto durch die Stadt. Und eines Nachts, nach einem Zug durch die Gemeinde, ist er so voll, dass er in einem Vorgarten liegenbleibt, wo ihn dann, als die Sonne wieder aufgeht, ein Mädchen findet, eine Mitschülerin, die ihm für immer das Leben rettet.

Nein. Nicht so.

Denn die Geschichte von Sutter Keely geht anders aus. Wie sie genau ausgeht, ist offen, aber jedenfalls nicht so.

Die Geschichte, die der amerikanische Schriftsteller Tim Tharp in seinem Roman "Perfekt ist jetzt" erzählt, der am morgigen Montag erscheint, rutscht bei allerbester Laune Seite für Seite tiefer ins Fiasko hinein. Bis zum Schluss der Held dieser Geschichte, der junge, witzige, eigenwillige Sutter aus Oklahoma City, in der endlosen Party, die er aus seinem Leben zu machen versucht, verschwindet, am Ende der Nacht.

"The Spectacular Now" heißt Tharps Roman im Original. Um diesen spektakulären Augenblick, das perfekte Jetzt geht es Sutter, und darum, dass dieses Jetzt niemals aufhört. Deswegen wirft er sich auf Partys in den Pool, auch wenn die Eltern der Gastgeberin das verboten haben und alle anderen sich daran halten. Deswegen kümmert er sich nicht um seine Mathehausaufgaben und um alle anderen Hausaufgaben ebenso wenig. Deswegen trinkt er auch bei seinem Nebenjob: Er arbeitet an der Kasse eines Herrenausstatters, der ihn sehr mag und gern auf die richtige Spur setzen will und also bittet, mit dem Saufen aufzuhören, andernfalls müsse er Sutter entlassen, aber Sutter kann ihm das nicht versprechen und hält sich deshalb auch noch für einen aufrichtigen Menschen. Dass er diesen einen Augenblick, der immer andauern soll, mit seiner Lebensenergie nährt und dabei immer weniger wird, merkt er gar nicht. Bis zuletzt nicht. Sutter Keely verglüht auf Hochtouren.

Oft speisen sich Jugendbücher wie "Perfekt ist jetzt" ja aus der Sehnsucht ihrer erwachsenen Autoren, wieder in diesen einen Augenblick zurückzukehren, als die Welt noch offenstand, und ihn damit wieder begehbar zu machen und bestenfalls auf ewig zu verlängern. Tim Tharp erzählt aus der anderen Richtung: von einem Jungen, der sich weigert, erwachsen zu werden, weil er nicht erkennt, was ihm das bringen sollte. "Wer sagt überhaupt, dass ich unbedingt aufs College gehen muss?", fragt sich Sutter, der seine eigene Geschichte erzählt, schon auf der ersten Seite des Buchs. "Wozu denn?" Die erzählerische Umdrehung, die Verweigerung des Erwachsenwerdens also anstelle des Wunsches, wieder jung zu sein, macht die Sache zwar nicht weniger sentimental, denn so geht es ja auch wieder um verpasste Chancen - doch die Unerbittlichkeit, mit der Tharp seine Hauptfigur, für die sein Herz laut und vernehmlich schlägt, in den Abgrund treibt, ist selten. Und die Klarheit auch, dass so ein Schicksal wie das von Sutter halt vorkommt im Leben und die Literatur es nicht aus der Welt herausschreiben kann.

Gerade wird in den Vereinigten Staaten heftig über sogenannte "Trigger Warnings" diskutiert: darüber nämlich, dass Studenten im College vor Büchern gewarnt werden sollen, deren Inhalt sie verstören könnte. Weil er sexistisch oder rassistisch ist oder blasphemisch verstanden werden könnte, weil, wie es in solchen Fällen ja auch bei uns immer heißt, "Gefühle verletzt" werden könnten. "Perfekt ist jetzt" bringt sämtliche Warnlichter dieser Denkungsart superhell zum Leuchten.

Weil Sutter zum Beispiel von der ersten bis zur letzten Seite trinkt und dabei Auto fährt, weil das Buch unbefangen den Sex beschreibt, den er mit seinen Freundinnen erlebt. Weil man eine Menge Spaß mit Sutter Keely hat. Und weil Tim Tharp es in diesem Buch, seinem dritten, das man jeder Menge jungen Lesern schenken möchte, eben diesen Lesern selbst überlässt, Trost zu suchen. Sich einen Reim auf die Story zu machen. Zu verstehen. Und zu ändern, wenn es was zu ändern gibt.

Tharp hat es aber vor allem fertiggebracht, einen komplett sympathischen Supertypen zu erfinden, der Dean Martin liebt und einen lustigen Stunt nach dem anderen abliefert und Sätze wie "Der perfekte Martini wird nie langweilig" herausfeuert, einem dabei allerdings immer unheimlicher wird. Wer nur rettet ihn, wenn er es denn selbst nicht kapiert, dass sich das sehr lohnen würde?

Es ist sechs Uhr morgens, und Aimee fährt gerade Zeitungen aus, als sie Sutter im Vorgarten eines Hauses auf ihrer Liefertour liegen sieht. Sie weckt ihn. Er weiß nicht, wer sie ist, sie kennt aber natürlich seinen Namen, sie sind ja im gleichen Jahrgang. Sie trägt Shirts mit Pferden drauf und zeichnet Pferde und liest Science-Fiction-Bücher (keine Pferde) und träumt davon, mit ihrem Mann, der ganz anders sein soll als sie, eines Tages auf einer Ranch (mit Pferden) zu leben, von der aus sie für die Nasa arbeitet. Und Sutter denkt: Au weia, ich muss dieses arme Mädchen retten.

Und wäre "Perfekt ist jetzt" ein erbauliches, störungsfreies Buch, würde natürlich die fleißige Aimee umgekehrt aus dem driftenden Sutter einen guten Menschen machen. Stattdessen schenkt er ihr, in einer Szene, die sämtliche Trigger-Warning-Leuchten zum Explodieren bringt, am Abend ihres Abschlussballs einen Flachmann, und sie freut sich so darüber.

Das ist aber noch nicht die wirkliche Katastrophe. Es folgen noch mindestens zwei. Da wartet erst noch das dunkle Geheimnis seines verschwundenen Vaters auf Sutter. Und die Frage, ob der Sohn nur das Leben seines Vaters nachspielt, ohne ihn zu kennen. Und ein Unfall kommt noch. Und dann ist das Buch vorbei, und vielleicht auch die Geschichte von Sutter Keely.

"Perfekt ist jetzt" ist ursprünglich 2008 in den Vereinigten Staaten erschienen. Jetzt hat es der Bamberger Kinder- und Jugendbuchverlag Magellan in einer wunderschönen Ausgabe auf Deutsch übersetzt. Tharps Geschichte ist im vergangenen Jahr auch schon verfilmt worden, mit dem aufsässig-verschlafenen Miles Teller als Sutter. Die Rolle seiner Freundin Aimee hat Shailene Woodley übernommen, bekannt geworden 2011 in der Familientragikomödie "The Descendants" an der Seite von George Clooney. Gerade ist die Zweiundzwanzigjährige auch in "Der Schicksal ist ein mieser Verräter" zu sehen, der Verfilmung des berühmten Jugendbuchs von John Green - das die Radikalität scheut, auf die Tharps Buch losstürmt. Weil Green seine Geschichte über einen Teenagerkrebstod, die ja nicht gut ausgeht, trotzdem gut ausgehen lässt, wenn auch nur ein bisschen, wenigstens ein kleines bisschen, um das Drama irgendwie erträglicher zu machen.

Tharps desolate Geschichte dagegen, Ende offen, aber tiefdunkel, ist in der Verfilmung leicht korrigiert worden. Die letzte Einstellung zeigt nur Aimees Gesicht, in dem wir suchen dürfen nach Hoffnung, nach einer Chance für Sutter. Dann wird die Leinwand wortlos schwarz. Leider gibt es noch keinen Termin für einen deutschen Start des Films, in Frankreich ist er sogar schon als DVD erschienen, auf Englisch. Wer die ehrlichere Version erleben will, liest aber das Buch. Und zwar, genau: jetzt.

TOBIAS RÜTHER

Tim Tharp: "Perfekt ist jetzt." Übersetzt von Jessika Komina und Sandra Knuffinke. Magellan-Verlag, 336 Seiten, 16,95 Euro

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