Das Buch beschreibt Kontinuitäten und Veränderungen in der politischen Bedeutung von jeliw (sing. jeli), die im südlichen Mali des 19. Jahrhundert durch ihre Tätigkeit als Preissängerinnen und -sprecher eine wichtige Rolle bei der öffentlichen Darstellung und Rechtfertigung der Machtposition von mächtigen und wohlhabenden Patronfamilien spielten. Die Studie basiert auf mehreren längeren Feldforschungsaufenthalten im ländlichen Bereich des Südwestens von Mali und in der Hauptstadt Bamako im Zeitraum zwischen 1992 und 1998. Sie illustriert die Auswirkungen und Begrenzungen einer spezifischen Form der symbolischen Konstruktion von rechtmäßiger Herrschaft, und wie sich diese in den vergangenen 80 Jahren, im Zuge der Kolonialherrschaft und im Verlauf der postkolonialen Periode verändert hat. Dabei dienen die musikalischen und performativen Darstellungen der Jeliw als Ausgangspunkt, um zwei Prozesse der Staatsbildung in Afrika näher zu beleuchten: die Herausbildung einer Sphäre der Öffentlichkeit durch den Einsatz von Massenmedien und die Schaffung einer Nationalkultur. Ferner beschreibt die Studie, wie die Transformation von sozialen und politischen Hierarchien und die Kommodifizierung des Preisgesangs der Jeliw zunehmend das Patron-Klienten-Verhältnis unterminierten, welches zuvor den institutionellen Kontext für die symbolische Rechtfertigung von Herrschaft darstellte. In der gegenwärtigen nationalen Politik verleihen die Preisgesänge, die einige Jeliw auf Mitglieder der neuen Elite anstimmen, deren Anspruch auf Herrschaft keine Gültigkeit mehr. Doch haben seit der Unabhängigkeit Malis im Jahre 1960 einige Jeliw, durch ihre Aufführung von musikalischen und oralen Traditionen, die vor allem die Kultur und Geschichte der südlichen Völker widerspiegelten, bedeutsame Elemente einer „nationalen“ Kultur formuliert und teilweise neu geschaffen. Viele dieser Jeliw sind Frauen, die zu Emblemen dieser neu geschaffenen malischen Nationalkultur geworden und als Popsängerinnen weit über die Grenzen ihres Landes und Afrikas hinaus bekannt sind. Da ihre Musik lange Jahre in der öffentlichen Sphäre dominierte, die durch das staatliche Radio geschaffen wurde, unterstützten sie die Tendenz der offiziellen Kulturpolitik zu einer Homogenisierung regionaler Kulturen. Gleichzeitig jedoch bietet die Musik dieser Jeli-Popsängerinnen, die über das staatliche Radio ausgestrahlt wird, HörerInnen aus den südlichen Gebieten des Landes eine Gelegenheit, die Besonderheit ihrer lokalen Traditionen in einem multikulturellen Nationalstaat hervorzuheben. REZENSIONEN „Schulz has to be praised for her theoretical orientation; the book is clearly related to issues in present-day Africa. Schulz rightly criticizes the many scholars who tend to quote many “classic” works on Mande ethnography that are preoccupied with explaining the jeli’s social position and which make little effort to relate their findings to contemporary theoretical issues in Africa. This implies a danger of producing essentialist notions of culture and behavior. Schulz, however, takes the theories on state formation and on patron/client relations as her point of departure and focuses on the way political institutions search for legitimacy (and/or hegemony) and on the structural transformations of the public sphere that have taken place. This is the background she uses to present to the reader a wide range of jeliw and their activities.” (Jan Jansen im „International Journal of African Historical Studies“ 38/2, 2005, 329-336)