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Beeindruckender Comic, in dem die Autorin mit Ernst und Humor von ihrer Kindheit und dem Alltag im Iran während der Islamischen Revolution erzählt.

Produktbeschreibung
Beeindruckender Comic, in dem die Autorin mit Ernst und Humor von ihrer Kindheit und dem Alltag im Iran während der Islamischen Revolution erzählt.
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Autorenporträt
Marjane Satrapi
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.09.2006

Unter dem Schleier: Ich
Elektrisierend: Marjane Satrapis Comicroman "Jugendjahre"

Jetzt ist die Geschichte komplett. Der zweite Teil des Comicromans "Persepolis" der Iranerin Marjane Satrapi ist nun auch in broschierter Form erschienen. Es lohnt sich, dieser außergewöhnlichen Bild-Geschichte noch einmal einen aufmerksamen Blick zu schenken. Nach der "Kindheit im Iran" (F.A.Z. vom 11. März 2004) erzählen nun die "Jugendjahre" von Marji, die als vierzehn Jahre altes Mädchen auf eine französische Schule nach Wien geschickt wird. Der Iran scheint den Eltern für ihre freiheitsliebende Tochter kein sicherer Ort zu sein. Vier Jahre verbringt Marji allein in der Fremde, erlebt den Kontrast der Kulturen am eigenen Leibe und kehrt schließlich um einen guten Kopf größer, mit gewachsenem Busen und voller Heimweh nach Teheran zurück. Doch dort prallen alte und neue Wertvorstellungen aufeinander. Nach dem Krieg mit dem Irak sind die Kontrollsysteme der Machthaber noch radikaler geworden. Da braucht gerade eine junge Frau Selbstbewußtsein und Mut, um das eigene Ich unter dem Schleier lebendig werden zu lassen. Im Spannungsfeld zwischen Integration und Abgrenzung gelingt es Marji schließlich, ihren eigenen Umgang mit der Heimat zu finden und sich dabei selbst treu zu bleiben. Durchblättert man die beiden auffälligen Bände mit den plakativen Schwarzweißillustrationen, dann sieht man die eindrucksvolle Entwicklung vom ernsthaft dreinblickenden, kleinen Mädchen mit Kopftuch (Teil I) zur selbstbewußten, unabhängigen, jungen Frau (Teil II).

Der Comic spricht eine eindeutige Sprache. Ein weinendes Gesicht ist ein weinendes Gesicht, das versteht jeder auf der Welt. Mit Bildern läßt sich Klartext reden und in mancher Hinsicht Mißverständnissen vorbeugen. Satrapis Zeichnungen mögen zunächst gewöhnungsbedürftig sein. Viel Druckerschwärze auf jeder Seite, holzschnittartige Bilder, die hart und manchmal ausgesprochen düster wirken. Zudem ein politisches Thema, das Schwere und Dramatik mit sich bringt: Revolution, Krieg, Unterdrückung, Gewalt. Doch wer weiterliest, entdeckt humorvolle Zwischentöne und vielfältige Nuancen. Ganz ohne bunte Farben gewinnt dieser Comic eine besondere Färbung. Die Bilder sind bis aufs äußerste verdichtet. Als im ersten Teil der Geschichte Marjis Schulfreundin bei einem Bombenanschlag ums Leben kommt, sagt ein durch und durch schwarzes Bild mehr als tausend Worte.

"Persepolis" ist eine spannungsvolle Auseinandersetzung mit der Politik und Lebensweise im Iran. Es ist aber auch eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Marjis Adoleszenz in der Fremde gestaltet sich alles andere als leicht. Kein Thema der Pubertät wird ausgespart: körperliche Veränderung, Cliquenleben, Eifersucht, Sexualität, Drogen, Männer, Einsamkeit. Schonungslos ehrlich illustriert Marjane Satrapi die innere und äußere Entwicklung. In kleinen Bildern zeigt sie, wie das Mädchen zur Frau wird: der Körper schießt in die Länge, Busen und Po breiten sich aus, die Nase wächst. Und wie alle Heranwachsenden stellt sich Marji die große Frage: Wer bin ich eigentlich?

In Wien, wo alles anders ist, legt sie ihr Kopftuch ab, um sich anzupassen. Sie ahnt nicht, daß sie bei Nonnen einquartiert wird und im Kreise der verhüllten Frauen wiederum eine Außenseiterin ist. Nach und nach blickt Marji hinter die Verkleidungen ihrer Umwelt, wirft selbst immer mehr Haare und Hüllen ab, probiert verschiedene Rollen aus, um schließlich alles zu verlieren und sich dabei selbst zu erkennen. Bis auf die Knochen entblößt steht das Mädchen nach vier Jahren Odyssee in der Fremde hinter der Röntgenmaschine eines Wiener Arztes. Tiefer kann sie nicht blicken. Jetzt weiß sie, was in ihr steckt - und so wirft sie den Schleier wieder über und kehrt nach Hause zurück.

Worte und Bilder ergänzen sich meisterhaft in Satrapis "autofiktiver" Geschichte. Zwischen den einzelnen Textblöcken und dem Schwarz und Weiß der Bilder entsteht eine eigene Welt. Es ist interessant, den Iran aus der Perspektive einer Heranwachsenden zu betrachten. Marji stellt genau die Fragen, die einem beim Lesen auf der Zunge liegen, und hält mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Aus den aneinandergereihten Episoden entsteht so ein vielschichtiges Bild des Iran, das mit Allgemeinplätzen aufräumt. Vor allem wird deutlich: Hinter jedem Schleier steckt ein Individuum - die Kunst ist, den Blick zu schärfen und ganz genau hinzusehen. Dazu bietet dieser Comic jede Menge Gelegenheit. Beide Bücher enden mit derselben Szene. Der Kreis schließt sich. Wieder steht Marji am Flughafen von Teheran und nimmt Abschied von ihrer Familie. Doch diesmal sehen wir eine erwachsene Frau, die heiter und entschlossen in ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit aufbricht. Marjane Satrapi hat ihre Heimat gefunden, indem sie uns diese Geschichte in ihrer Weise erzählt hat.

CORDULA GERNDT

Marjane Satrapi: "Persepolis. Jugendjahre". Aus dem Französischen übersetzt von Stephan Pörtner. Ueberreuter Verlag, Wien 2006. 192 S., br., 9,95 [Euro]. Ab 14 J.

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.03.2011

Süddeutsche Zeitung Bibliothek
Graphic Novels Band 2

Unkeusche
Bewegungen
„Persepolis“ von
Marjane Satrapi
Da hasten Verfolger mit Käppi und Schlagstock die Treppe hinauf. Einem Mann hinterher, der über die Dächer flieht, von Haus zu Haus springt, bis er fällt, fast meint man, ihn nach dem Mond greifen zu sehen, bevor er stürzt. Dieser Albtraum – ein Freund wird von Polizisten zu Tode gehetzt, weil er verbotenerweise zusammen mit Frauen auf einer Party war – wird von Marjane Satrapi als Abfolge von Scherenschnitten gezeichnet. Das rennende, ins Leere springende Männchen ist winzig und ohne Individualität, wie bei einem Piktogramm. Auf dem letzten Bild ist nur der Mond über dem Schacht zwischen zwei Häusern zu sehen. Und in diesem leeren, fast schon abstrakten Bild können sich Entsetzen und Sprachlosigkeit ausbreiten. Die Annäherung an etwas so Ungeheuerliches funktioniert nur aus der Distanz.
Art Spiegelman hatte es vorgemacht in seinem Holocaust-Comic „Maus“, wie man vom Unbeschreiblichen erzählen kann mit den Mitteln des Comics. Marjane Satrapi hat in „Persepolis“ ihre eigene Kindheit und Jugend im postrevolutionären Iran nach-erfunden, so grimmig komisch, herzergreifend und vor allem für Leser aus dem Westen erhellend, dass ihr 2000 bis 2003 erschienenes Buch ein internationaler Bestseller wurde und die immer noch anhaltende Erfolgsgeschichte der Graphic Novels begründete.
Schlicht, ja beinahe naiv wirken die Schwarz-Weiß-Zeichnungen der 1969 geborenen Exiliranerin, die mittlerweile in Paris lebt. Sie bilden einen reizvollen Kontrast zu den historischen Großereignissen, von denen Satrapi erzählt, Islamische Revolution und Iran-Irak-Krieg, vor allem aber geben sie das Befremden der jungen Marjane wieder, angesichts der Geschehnisse in ihrem Land. Je bizarrer oder grauenvoller es wurde, desto holzschnittartiger hat sie gezeichnet. Und das Ganze mit einem Witz versehen, der befreiend sein kann, aber auch unerbittlich. Dabei trägt der Tugendterror der Revolutionswächter die Satire schon in sich, wenn etwa Kunststudentinnen in der Anatomie-Klasse eine vollverschleierte Frau zeichnen sollen oder der (mittlerweile erwachsenen) Marjane das Rennen auf der Straße von Sittenwächtern verboten wird: „Wenn Sie rennen, macht Ihr Hinterteil Bewegungen . . . nun . . . unkeusche Bewegungen!“ Was Marjane zu dem Ausruf treibt: „Dann glotzt mir doch nicht auf den Arsch!“
Indem Schleierzwang und Märtyrerverehrung in eine Coming-of-age-Geschichte eingebettet werden, macht „Persepolis“ ein Land erlebbar, das als Schurkenstaat galt (und manchen immer noch gilt), dessen Alltag im Westen aber nahezu unbekannt ist. Und Marjane ist eine Heldin nach unserem Geschmack: eigensinnig und rebellisch, auch im europäischen Exil, in das sie 14-jährig geht, weil ihre Eltern um die Sicherheit des aufmüpfigen Mädchens fürchten. In Wien aber hält Marjanes entsetztes Staunen an, und Satrapis Schwarzweißmalerei wird zum Ausdruck einer unauflösbaren Fremdheit, zur Zeichensprache des Exils.
MARTINA KNOBEN
Marjane Satrapi Foto: dpa
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