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Sommer 1936: Gerhart Hauptmann diktiert seinem Sekretär Erhart Kästner im Park des Hauses Wiesenstein im Riesengebirge einen dramatischen Text. "Er geht langsam, steht oftmals still. Die Hunde laufen hin und zurück. Sein Blick geht fernhin. Dies Auge ist für die Ferne gemacht. Ein gefältelter Blick. Blick kleinster Pupillen in hellblauem Aug. Dennoch ist etwas von Wegschaun darin. Auge, das ein Leben lang den Blick der Medusa auffing. Perseus-Auge. Hellblau." Der da spricht, ist ein tragischer Dichter, einer, der das Verhängnis kommen sieht und weiß, daß es unentrinnbar ist. Im Bild des…mehr

Produktbeschreibung
Sommer 1936: Gerhart Hauptmann diktiert seinem Sekretär Erhart Kästner im Park des Hauses Wiesenstein im Riesengebirge einen dramatischen Text. "Er geht langsam, steht oftmals still. Die Hunde laufen hin und zurück. Sein Blick geht fernhin. Dies Auge ist für die Ferne gemacht. Ein gefältelter Blick. Blick kleinster Pupillen in hellblauem Aug. Dennoch ist etwas von Wegschaun darin. Auge, das ein Leben lang den Blick der Medusa auffing. Perseus-Auge. Hellblau." Der da spricht, ist ein tragischer Dichter, einer, der das Verhängnis kommen sieht und weiß, daß es unentrinnbar ist. Im Bild des Perseus, der sich dem Grauen zu nähern und es im Spiegel anzublicken wagt, erschließt sich Kästner die mythische Substanz des hauptmannschen Spätwerks, dessen Entstehung er als Sekretär und Freund des Dichters kritisch begleitet hat.

Die in diesem Band veröffentlichten 175 Briefe und Texte zeigen weit über solche Deutungsversuche hinaus Kästners vielschichtiges und sich wandelndes Verhältnis zu Gerhart Hauptmann: von den ehrfürchtigen Anfängen der Bekanntschaft im Herbst 1934 über die persönliche - und manchmal allzu große - Nähe in der Zeit als Hauptmanns Sekretär 1936/37 hin zu enger menschlicher Bindung in den Jahren des Zweiten Weltkriegs. Sie reichen über Hauptmanns Tod hinaus bis zu Kästners großer Retrospektive 1964 und geben mancherlei Aufschluß über den alten Hauptmann wie über wesentliche Prägungen des jungen Kästner. Da eine Edition des Briefwechsels Kästner-Hauptmann allein die zahlreichen Facetten dieser Beziehung nicht zeigen könnte, sind Texte und Aufzeichnungen Kästners sowie Korrespondenzen mit Freunden und Familienangehörigen in die Dokumentation einbezogen. Ein Vorwort von Albert von Schirnding führt in das Buch ein, Übersichtstexte, eine Zeittafel und ein Personenverzeichnis erleichtern seine Lektüre.

Inhalt:
Albert von Schirnding: Erhart Kästner und Gerhart Hauptmann
Erste Bekanntschaft, August 1934 - November 1935
Das Stellenangebot, Februar - Mai 1936
Alltag des Dichters, Juni - Oktober 1936
Herbststürme in Agnetendorf, November - Dezember 1936
Rapallo, Januar-März 1937
Fürstendienst. In Agnetendorf und unterwegs, Mai - Dezember 1937
Geläutertes Verhältnis aus der Ferne, Januar 1938 - April 1940
Iphigenies Griechenland, April 1940 - Mai 1945
Wüste - von Bildern umstellt, Juni 1945 - März 1947
Perdere foelix, 1947-1964
Zur Edition
Textnachweis
Bildnachweis
Zeittafel
Personen
Autorenporträt
Gerhart Hauptmann wurde am 15. November 1862 als Sohn eines Hotelbesitzers in Schlesien geboren. 1877 erlebte Hauptmann mit 15 Jahren den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Vaters. 1879 wurde er während seines Aufenthalts als Landwirtschaftshelfer auf dem Gut von Verwandten lungenkrank und war erst 1904 völlig wiederherstellt. Frühzeitg zeigte Hauptmann sein dichterisches Interesse. Er besuchte 1882-82 die Kunst- und Gewerbeschule zu Breslau. Zwischen 1882-88 hörte er Vorlesungen an mehreren deutschen und schweizerischen Universitäten. Nach einer Mittelmeerreise, einem Aufenthalt als freier Bildhauer in Rom und seiner Heirat 1885 wohnte er in Berlin, Zürich und Erkner bei Berlin. Da begann er, seine dichterische Begabung zu Tage zu legen. Seit 1901 lebte Hauptmann mit seiner zweiten Frau, Margarete Marschalk, einer Schauspielerin und Geigerin in Agnetendorf, Kloster auf Hiddensee, in der Südschweiz und an der Riviera. Er gewann zahlreiche Ehrungen, einschließlich des Ehrendoktors

der Universität Oxford 1907 und des Nobelpreises für Literatur 1912. Am 6. Juni 1946 starb er in seinem Haus in Agnetendorf.
Gerhart Hauptmann gilt als hervoragender deutscher Dramatiker des 20. Jahrhunderts und Repräsentant des Naturalismus.

Julia Freifrau Hiller von Gaertringen studierte Deutsche Philologie, Klassische Archäologie und Volkskunde in Göttingen und Würzburg. Promotion 1992 bei Paul Raabe mit einer literaturwissenschaftlichen Arbeit zu Erhart Kästner. Ausbildung zur Bibliothekarin im Höheren Dienst in Düsseldorf und Köln. Ab 1996 Referentin, ab 2001 Stellvertretende Direktorin der Lippischen Landesbibliothek Detmold und Leiterin des Lippischen Literaturarchivs. Seit 2009 Direktorin der Badischen Landesbibliothek.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Recht angetan zeigt sich der "Hg." zeichnende Rezensent von diesem Band, der Gerhart Hauptmann "aus Nähe und Distanz" bietet. Anhand von Briefen und anderen Dokumenten werde das Verhältnis von Hauptmann und Erhart Kästner, der eine Zeit lang als Sekretär im Hause des Dramatikers tätig war, beleuchtet. Die Rolle, die Kästner in nächster Nähe Hauptmanns zufiel, war schwierig, berichtet der Rezensent. Kästners Briefe über Hauptmann klingen anders als die an ihn gerichteten, so anders, dass der treue Diener manchmal etwas doppelzüngig wirkt, findet der Rezensent. "Doch da sich die räumliche Distanz wieder herstellt", so "Hg.", "versiegt die Medisance, und die Anhänglichkeit kommt rein zum Ausdruck." Als Hauptinhalt ihres Austauschs nennt er die griechische Landschaft und die antike Kultur Griechenlands.

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