Dieses Personenregister zu den Tagebüchern von Ernst Jünger umfasst alle veröffentlichten Schriften von "Gärten und Straßen" bis "Siebzig verweht V" sowie die Reisetagebücher. Es ist gültig für sämtliche Fassungen, Ausgaben und Bearbeitungen. Berücksichtigt sind alle direkten und verdeckten Erwähnungen. Und es erschließt umfassend das gewaltige Spektrum der über 5.1000 erwähnten Personen aus Literatur, Philolsophie, Kunst, Mythologie, Religion, Wissenschaft und Geschichte. Somit ist das Register nicht nur Forscher unentbehrlich, sondern auch für Sammler und Leser.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.02.2000Zeus, Perpetua und Stierlein
Schräge Nachbarn: Ein Register zu Ernst Jüngers Tagebüchern
Was haben Zeus, der Hannoveraner Bademeister Schrader, Hitler, Goethe, der Menschenfischer Petrus und der Lehrer Leonhard Fischer gemeinsam? Sie alle teilen ihr Schicksal mit der Köchin Sun Wah aus Kuala Lumpur, mit Saturn aus Rom, Carl Schmitt aus Plettenberg, Carlo Schmid aus Bonn, mit Friedrich Georg Jünger aus Überlingen und mit Perpetua und Stierlein aus Wilflingen. Wer auch jetzt nur böhmische Dörfer sieht, zeigt, dass ihm die Tagebücher Ernst Jüngers so vertraut sind wie dem Brunnenfrosch der Ozean. Denn alle Genannten eint, von Jünger in seinen Diarien genannt zu werden.
Tobias Wimbauer hat in einer bewunderungswürdigen Arbeit alle 5100 Personennamen zusammengestellt, erläutert und die Decknamen entschlüsselt, die Ernst Jünger jemals in seinen Tagebüchern nannte. Und das Adjektiv "bewunderungswürdig" klingt hier noch untertrieben. Hinter einer solchen Leistung stehen nicht nur die zu Unrecht verspotteten Sekundärtugenden Fleiß und Disziplin, sondern auch die Primärtugend Liebe. Zu philologischen Projekten gehört, dass sie meist verspätet erscheinen. Anders Wimbauer: Sein Buch erschien gut eineinhalb Jahre nach dem Tod des im Alter von 102 Jahren im Frühjahr 1998 verstorbenen Ernst Jünger. Diese Schnelligkeit erklärt einige Ungenauigkeiten: Berthold Graf Schenk von Stauffenberg lediglich als "Marinerichter" vorzustellen ist irreführend und letztlich falsch. Von Wolf Jobst Siedler, dem Vater des gleichnamigen Verlegers, wären wohl die Lebensdaten herauszubekommen gewesen, auch von dem Historiker Walter Patt, wofür ein Telefonanruf genügt hätte. Und angesichts der Tatsache, dass Wimbauer entlegensten Personen erfolgreich nachforscht, bleibt es unerklärlich, dass ihm zu "Frau Rilke" aus Fischerhude (Ernst Jünger in "Gärten und Straßen" vom 4. Juli 1939) gar nichts einfällt. Natürlich handelt es sich hier um die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff, die Witwe Rainer Maria Rilkes. Nun ist ein solches Werk fehlerlos auch schwer vorstellbar, und der Autor fordert den Leser ausdrücklich auf, ihm Korrekturen und Ergänzungen zukommen zu lassen, was darauf hindeutet, dass er schon jetzt an eine zweite, überarbeitete Auflage denkt. Mit dem hier verständlicherweise ratlosen Wimbauer fragen wir, wer der ominöse "Dr. G" ist, der nach einem Besuch bei Frau Rilke zu Ernst Jünger nach Kirchhorst kam und "in der Musik zu unseren stärksten Kräften" zählte. Überhaupt fällt zu Rilke auf, dass Ernst Jünger ihn, österreichisch gesprochen, noch nicht einmal ignorierte, wie uns jetzt Wimbauers Personenregister aufklärt. Solches wird auch denjenigen überraschen, der meint, sich in dem über einen Zeitraum von mehr als fünfundsechzig Jahren erstreckenden Jünger'schen Tagebuch-Werk auszukennen.
Hans Egon Holthusen vermisste 1964 bei Jünger "jede ernstliche Auseinandersetzung mit Goethe, ja sogar . . . die bloße Erwähnung seines Namens". In seiner Vorbemerkung bemerkt Wimbauer zu Recht: Nur seinen Bruder Friedrich Georg habe Ernst Jünger häufiger genannt als Goethe. Gerechterweise hätte Wimbauer aber durch seine eigenen Forschungen feststellen können, dass Jünger sich in seinen Tagebüchern erst nach der unfüglichen Aussage Holthusens - also nach 1964 - ausführlicher und gründlicher mit Goethe zu befassen begann. Erkenntnisse dieser Art lassen sich aus Wimbauers Personenregister vielfältig herausdestillieren. Da aber gerade Ernst Jünger vor der "Verzifferung" der Wirklichkeit warnte, sollte der Leser nicht vergessen, dass die Zahl der Nennungen nicht immer etwas mit der Bedeutung der genannten Personen für Jünger zu tun hat.
MARTIN THOEMMES
Tobias Wimbauer: "Personenregister der Tagebücher Ernst Jüngers". Rombach Litterae, Freiburg 1999. 296 S., br., 98,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schräge Nachbarn: Ein Register zu Ernst Jüngers Tagebüchern
Was haben Zeus, der Hannoveraner Bademeister Schrader, Hitler, Goethe, der Menschenfischer Petrus und der Lehrer Leonhard Fischer gemeinsam? Sie alle teilen ihr Schicksal mit der Köchin Sun Wah aus Kuala Lumpur, mit Saturn aus Rom, Carl Schmitt aus Plettenberg, Carlo Schmid aus Bonn, mit Friedrich Georg Jünger aus Überlingen und mit Perpetua und Stierlein aus Wilflingen. Wer auch jetzt nur böhmische Dörfer sieht, zeigt, dass ihm die Tagebücher Ernst Jüngers so vertraut sind wie dem Brunnenfrosch der Ozean. Denn alle Genannten eint, von Jünger in seinen Diarien genannt zu werden.
Tobias Wimbauer hat in einer bewunderungswürdigen Arbeit alle 5100 Personennamen zusammengestellt, erläutert und die Decknamen entschlüsselt, die Ernst Jünger jemals in seinen Tagebüchern nannte. Und das Adjektiv "bewunderungswürdig" klingt hier noch untertrieben. Hinter einer solchen Leistung stehen nicht nur die zu Unrecht verspotteten Sekundärtugenden Fleiß und Disziplin, sondern auch die Primärtugend Liebe. Zu philologischen Projekten gehört, dass sie meist verspätet erscheinen. Anders Wimbauer: Sein Buch erschien gut eineinhalb Jahre nach dem Tod des im Alter von 102 Jahren im Frühjahr 1998 verstorbenen Ernst Jünger. Diese Schnelligkeit erklärt einige Ungenauigkeiten: Berthold Graf Schenk von Stauffenberg lediglich als "Marinerichter" vorzustellen ist irreführend und letztlich falsch. Von Wolf Jobst Siedler, dem Vater des gleichnamigen Verlegers, wären wohl die Lebensdaten herauszubekommen gewesen, auch von dem Historiker Walter Patt, wofür ein Telefonanruf genügt hätte. Und angesichts der Tatsache, dass Wimbauer entlegensten Personen erfolgreich nachforscht, bleibt es unerklärlich, dass ihm zu "Frau Rilke" aus Fischerhude (Ernst Jünger in "Gärten und Straßen" vom 4. Juli 1939) gar nichts einfällt. Natürlich handelt es sich hier um die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff, die Witwe Rainer Maria Rilkes. Nun ist ein solches Werk fehlerlos auch schwer vorstellbar, und der Autor fordert den Leser ausdrücklich auf, ihm Korrekturen und Ergänzungen zukommen zu lassen, was darauf hindeutet, dass er schon jetzt an eine zweite, überarbeitete Auflage denkt. Mit dem hier verständlicherweise ratlosen Wimbauer fragen wir, wer der ominöse "Dr. G" ist, der nach einem Besuch bei Frau Rilke zu Ernst Jünger nach Kirchhorst kam und "in der Musik zu unseren stärksten Kräften" zählte. Überhaupt fällt zu Rilke auf, dass Ernst Jünger ihn, österreichisch gesprochen, noch nicht einmal ignorierte, wie uns jetzt Wimbauers Personenregister aufklärt. Solches wird auch denjenigen überraschen, der meint, sich in dem über einen Zeitraum von mehr als fünfundsechzig Jahren erstreckenden Jünger'schen Tagebuch-Werk auszukennen.
Hans Egon Holthusen vermisste 1964 bei Jünger "jede ernstliche Auseinandersetzung mit Goethe, ja sogar . . . die bloße Erwähnung seines Namens". In seiner Vorbemerkung bemerkt Wimbauer zu Recht: Nur seinen Bruder Friedrich Georg habe Ernst Jünger häufiger genannt als Goethe. Gerechterweise hätte Wimbauer aber durch seine eigenen Forschungen feststellen können, dass Jünger sich in seinen Tagebüchern erst nach der unfüglichen Aussage Holthusens - also nach 1964 - ausführlicher und gründlicher mit Goethe zu befassen begann. Erkenntnisse dieser Art lassen sich aus Wimbauers Personenregister vielfältig herausdestillieren. Da aber gerade Ernst Jünger vor der "Verzifferung" der Wirklichkeit warnte, sollte der Leser nicht vergessen, dass die Zahl der Nennungen nicht immer etwas mit der Bedeutung der genannten Personen für Jünger zu tun hat.
MARTIN THOEMMES
Tobias Wimbauer: "Personenregister der Tagebücher Ernst Jüngers". Rombach Litterae, Freiburg 1999. 296 S., br., 98,- DM.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Mit geradezu unheimlichem Wohlwollen bespricht Uwe Pralle sowohl das von Tobias Wimbauer erstellte "Personenregister der Tagebücher Ernst Jüngers" (Rombach) als auch die soeben erschienene Neuausgabe von Jüngers "Siebzig verweht III" (Klett-Cotta).
Vor allem mit der "eine seit langem zu spürende Lücke schließenden Kärrnerarbeit" Wimbauers befasst sich die Doppelbesprechung und erklärt ihre Nützlichkeit: Die zusammengetragenen Namen von Freunden und Gegnern, Zeitgenossen und Traumfiguren, so Pralle, ergäben schon allein statistische Aufschlüsse. Was die Arbeit Wimbauers nach Maßgabe des Rezensenten zu "einem der seit langem nützlichsten Bücher zu Jünger" macht, ist indes wohl auch der Umstand, dass der Verfasser "die Verweise stets auf Datum und Fundort bezogen (hat) und nicht etwa auf Seitenzahlen spezieller Ausgaben". Wimbauers Hinweise, wann Erwähnungen Jüngers nur in früheren bzw. späteren Fassungen vorkommen, findet Pralle gleichfalls sehr nützlich. Außerdem halte der Band mit der Entschlüsselung von Decknamen noch die eine oder andre Überraschung bereit. Mit angenehmen Überraschungen geizt, verstehen wir den Rezensenten richtig, auch "Siebzig verweht III" nicht. Hat auch die Neuedition, wie Pralle bemerkt, wenig Veränderungen zu bieten, so sei in diesen einem schweifenden, mehrgleisigen Denken als angemessene Form dienenden Tagebuchnotizen "der elementare literarische Gestus von Jünger " verkörpert. Ein lohnendes Beobachtungsfeld, meint Pralle - für die Jünger Jüngers.
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Vor allem mit der "eine seit langem zu spürende Lücke schließenden Kärrnerarbeit" Wimbauers befasst sich die Doppelbesprechung und erklärt ihre Nützlichkeit: Die zusammengetragenen Namen von Freunden und Gegnern, Zeitgenossen und Traumfiguren, so Pralle, ergäben schon allein statistische Aufschlüsse. Was die Arbeit Wimbauers nach Maßgabe des Rezensenten zu "einem der seit langem nützlichsten Bücher zu Jünger" macht, ist indes wohl auch der Umstand, dass der Verfasser "die Verweise stets auf Datum und Fundort bezogen (hat) und nicht etwa auf Seitenzahlen spezieller Ausgaben". Wimbauers Hinweise, wann Erwähnungen Jüngers nur in früheren bzw. späteren Fassungen vorkommen, findet Pralle gleichfalls sehr nützlich. Außerdem halte der Band mit der Entschlüsselung von Decknamen noch die eine oder andre Überraschung bereit. Mit angenehmen Überraschungen geizt, verstehen wir den Rezensenten richtig, auch "Siebzig verweht III" nicht. Hat auch die Neuedition, wie Pralle bemerkt, wenig Veränderungen zu bieten, so sei in diesen einem schweifenden, mehrgleisigen Denken als angemessene Form dienenden Tagebuchnotizen "der elementare literarische Gestus von Jünger " verkörpert. Ein lohnendes Beobachtungsfeld, meint Pralle - für die Jünger Jüngers.
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