Künstler, Sammler, Tagebuchschreiber und Buchautor Peter Beard (1938-2020) hat sein gesamtes Leben zu einem Kunstwerk gemacht. Aus dem jungen Mann, der seine Tagebücher illustrierte, wurde ein ernsthafter Künstler, der sich in der internationalen Szene eine zentrale Position eroberte. Er kollaborierte mit Francis Bacon und Salvador Dalí, gestaltete Tagebücher mit Andy Warhol und ging mit Truman Capote, Terry Southern und den Rolling Stones auf Tour - sie alle werden in seinem Werk auf die ein oder andere Weise zum Leben erweckt. Als Modefotograf nahm er Vogue-Stars wie Veruschka mit nach Afrika und brachte andere in die Vereinigten Staaten.
In den frühen 1960er Jahren fuhr Beard nach Kenia und lernte dort die Autorin Isak Dinesen (Tania Blixen) kennen und schätzen. Er erwarb ein Stück Land neben dem ihrem unter der Bedingung, dass er dessen Flora und Fauna dokumentiert. Beard erlebte die Bevölkerungsexplosion in Kenia mit, das Ende der Ressourcen und die Bedrohung vieler Tierarten (darunter die Elefanten von Tsavo, die zu zehntausenden inmitten einer ausgelaugten Landschaft starben) und hielt diese Erfahrungen in seinen Tagebüchern, Fotografien und Collagen fest. Mit seinen einzigartigen, manchmal schockierenden Werken wie The End of the Game (Die letzte Jagd) arbeitete er gegen den Zeitgeist: er zeigte die verendeten Körper, wie sie waren, und beschrieb seine Eindrücke sorgfältig auf der Schreibmaschine sowie mit der Hand. Seine Fotografien benutzte Beard dabei als Leinwand - Kontaktabzüge, Zeitungsschnipsel, Postkarten und andere gesammelte Objekte ordnete er neben- und übereinander an und schmückte sie mit seiner akkuraten Handschrift, Zeichnungen und Tierblut aus.
2006 veröffentlichte TASCHEN die limitierte Ausgabe dieses Buchs, das Beards _uvre in all seinen Facetten widerspiegelt. Die vom Künstler signierte zweibändige Collector's Edition war sofort vergriffen und ist heute ein begehrtes Sammlerstück. In den folgenden zehn Jahrenwurde die Monografie in zwei kleineren Versionen wiederaufgelegt - aber manchmal ist größer eben doch besser: Für alle, die damals leer ausgingen, ist nun diese großformatige einbändige Ausgabe erhältlich.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
In den frühen 1960er Jahren fuhr Beard nach Kenia und lernte dort die Autorin Isak Dinesen (Tania Blixen) kennen und schätzen. Er erwarb ein Stück Land neben dem ihrem unter der Bedingung, dass er dessen Flora und Fauna dokumentiert. Beard erlebte die Bevölkerungsexplosion in Kenia mit, das Ende der Ressourcen und die Bedrohung vieler Tierarten (darunter die Elefanten von Tsavo, die zu zehntausenden inmitten einer ausgelaugten Landschaft starben) und hielt diese Erfahrungen in seinen Tagebüchern, Fotografien und Collagen fest. Mit seinen einzigartigen, manchmal schockierenden Werken wie The End of the Game (Die letzte Jagd) arbeitete er gegen den Zeitgeist: er zeigte die verendeten Körper, wie sie waren, und beschrieb seine Eindrücke sorgfältig auf der Schreibmaschine sowie mit der Hand. Seine Fotografien benutzte Beard dabei als Leinwand - Kontaktabzüge, Zeitungsschnipsel, Postkarten und andere gesammelte Objekte ordnete er neben- und übereinander an und schmückte sie mit seiner akkuraten Handschrift, Zeichnungen und Tierblut aus.
2006 veröffentlichte TASCHEN die limitierte Ausgabe dieses Buchs, das Beards _uvre in all seinen Facetten widerspiegelt. Die vom Künstler signierte zweibändige Collector's Edition war sofort vergriffen und ist heute ein begehrtes Sammlerstück. In den folgenden zehn Jahrenwurde die Monografie in zwei kleineren Versionen wiederaufgelegt - aber manchmal ist größer eben doch besser: Für alle, die damals leer ausgingen, ist nun diese großformatige einbändige Ausgabe erhältlich.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2020Der Großbildjäger
Als Lebemann der New Yorker Gesellschaft ließ Peter Beard nichts aus. Seine größte Obsession aber galt Afrikas Wildnis. Nun wird ein kiloschweres Buch zu seinem Vermächtnis.
Von Freddy Langer
Es hätte zwei Schriftsteller gebraucht, um das Leben Peter Beards zu erfinden: F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway. Der eine hätte ihm die Biographie des Lebemanns erdichtet, Sprössling gleich zweier steinreicher Familiendynastien der amerikanischen Ostküste, Zentrum des New Yorker Jetsets, Drogen so wenig abgeneigt wie schönen Frauen und so beliebt als Gastgeber ausgelassener Feste, dass von Andy Warhol und Truman Capote bis zu Jackie Kennedy und den Rolling Stones alles anmarschierte, was in den Achtzigern die Kulisse von Glitz und Glamour ausmachte. Von Hemingway hätte er darüber hinaus Kühnheit, Wildheit und eine so tief empfundene Obsession für Afrika hinzu geschrieben bekommen, die Leidenschaft für die Großwildjagd, zunächst mit dem Gewehr, später mit dem Fotoapparat, und einen unbedingten Willen, dort die Natur zu retten, wo er zuvor mit größter Wut den Tod von fünfunddreißigtausend Elefanten dokumentiert hatte. Dass er sich zum Sprachrohr einer bedrohten Wildnis machte, haben ihm die Tiere nicht gedankt. Eine Elefantenkuh fiel über ihn her, rammte ihm den Stoßzahn in den Schenkel und sorgte für weitere Malaisen, so dass er das Krankenhaus mit sechs Titanplatten und achtundzwanzig Schrauben im Leib verließ. Das war 1996, Peter Beard war achtundfünfzig Jahre alt. Und längst eine Legende. Sein in vielen Auflagen erschienenes Buch "The End of the Game" hatte ihn berühmt gemacht, ein Fotoband als Anklageschrift, das Dokument der Zerstörung eines Kontinents. Jegliche Romantisierung von Savanne, Safari und Afrika verbot sich nach dieser Publikation. Was Beard allerdings nicht daran hinderte, die Fauna Afrikas als Staffage für aufwendig inszenierte Mode- und Erotikaufnahmen zu nutzen.
Peter Beard starb im April dieses Jahres, und es drängt sich auf, das nun erschienene, fünf Kilo schwere Buch, das als Titel nur seinen Namen trägt, als sein Vermächtnis zu bezeichnen. Im Vorwort wettert er noch einmal, beklagt, dass Kenia, ein Land mit fünf Millionen Einwohnern, als er es 1955 zum ersten Mal besuchte, heute sechsmal so viele Menschen zählt und die einstige Wildnis nichts weiter mehr ist als ein großer Parkplatz für Touristen. Dann blättert der Band sich auf zu einem Bildgewitter, das einem den Atem raubt: anfangs noch ein paar Schwarzweißfotografien von seinen Künstlerfreuden, darunter Karen Blixen, deren Roman "Out of Afrika" ihn zu seiner ersten Afrika-Reise inspiriert hatte. Dann die Seiten seiner Hunderte von Kladden, in die er klebte, malte, zeichnete und schrieb, was ihm durch den Kopf schoss und in die Finger kam. Getreu seinem Lebensmotto "Zu viel ist gerade genug" collagierte er Reklame, Briefmarken und eigene Fotos, notierte Erinnerungsfetzen und Weltverschwörungstheorien und kippte mal Farbe, mal Blut über die Seiten.
Am Schnittpunkt von Reportage, Dokumentation und Kunst schlägt Beard in einem Abgesang den Bogen von einer idealisierten Vergangenheit in eine ernüchternde Zukunft. Wie im Wahn stellt er sich der eigenen Zerrissenheit und trägt auf den Bildern einen Kampf aus zwischen Wildnis und Zivilisation, Ursprünglichkeit und Dekadenz, Der Elefant wird ihm dabei zur Metapher: für die Extreme des Lebens.
"Peter Beard." Taschen Verlag, Köln 2020. 770 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 100 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Als Lebemann der New Yorker Gesellschaft ließ Peter Beard nichts aus. Seine größte Obsession aber galt Afrikas Wildnis. Nun wird ein kiloschweres Buch zu seinem Vermächtnis.
Von Freddy Langer
Es hätte zwei Schriftsteller gebraucht, um das Leben Peter Beards zu erfinden: F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway. Der eine hätte ihm die Biographie des Lebemanns erdichtet, Sprössling gleich zweier steinreicher Familiendynastien der amerikanischen Ostküste, Zentrum des New Yorker Jetsets, Drogen so wenig abgeneigt wie schönen Frauen und so beliebt als Gastgeber ausgelassener Feste, dass von Andy Warhol und Truman Capote bis zu Jackie Kennedy und den Rolling Stones alles anmarschierte, was in den Achtzigern die Kulisse von Glitz und Glamour ausmachte. Von Hemingway hätte er darüber hinaus Kühnheit, Wildheit und eine so tief empfundene Obsession für Afrika hinzu geschrieben bekommen, die Leidenschaft für die Großwildjagd, zunächst mit dem Gewehr, später mit dem Fotoapparat, und einen unbedingten Willen, dort die Natur zu retten, wo er zuvor mit größter Wut den Tod von fünfunddreißigtausend Elefanten dokumentiert hatte. Dass er sich zum Sprachrohr einer bedrohten Wildnis machte, haben ihm die Tiere nicht gedankt. Eine Elefantenkuh fiel über ihn her, rammte ihm den Stoßzahn in den Schenkel und sorgte für weitere Malaisen, so dass er das Krankenhaus mit sechs Titanplatten und achtundzwanzig Schrauben im Leib verließ. Das war 1996, Peter Beard war achtundfünfzig Jahre alt. Und längst eine Legende. Sein in vielen Auflagen erschienenes Buch "The End of the Game" hatte ihn berühmt gemacht, ein Fotoband als Anklageschrift, das Dokument der Zerstörung eines Kontinents. Jegliche Romantisierung von Savanne, Safari und Afrika verbot sich nach dieser Publikation. Was Beard allerdings nicht daran hinderte, die Fauna Afrikas als Staffage für aufwendig inszenierte Mode- und Erotikaufnahmen zu nutzen.
Peter Beard starb im April dieses Jahres, und es drängt sich auf, das nun erschienene, fünf Kilo schwere Buch, das als Titel nur seinen Namen trägt, als sein Vermächtnis zu bezeichnen. Im Vorwort wettert er noch einmal, beklagt, dass Kenia, ein Land mit fünf Millionen Einwohnern, als er es 1955 zum ersten Mal besuchte, heute sechsmal so viele Menschen zählt und die einstige Wildnis nichts weiter mehr ist als ein großer Parkplatz für Touristen. Dann blättert der Band sich auf zu einem Bildgewitter, das einem den Atem raubt: anfangs noch ein paar Schwarzweißfotografien von seinen Künstlerfreuden, darunter Karen Blixen, deren Roman "Out of Afrika" ihn zu seiner ersten Afrika-Reise inspiriert hatte. Dann die Seiten seiner Hunderte von Kladden, in die er klebte, malte, zeichnete und schrieb, was ihm durch den Kopf schoss und in die Finger kam. Getreu seinem Lebensmotto "Zu viel ist gerade genug" collagierte er Reklame, Briefmarken und eigene Fotos, notierte Erinnerungsfetzen und Weltverschwörungstheorien und kippte mal Farbe, mal Blut über die Seiten.
Am Schnittpunkt von Reportage, Dokumentation und Kunst schlägt Beard in einem Abgesang den Bogen von einer idealisierten Vergangenheit in eine ernüchternde Zukunft. Wie im Wahn stellt er sich der eigenen Zerrissenheit und trägt auf den Bildern einen Kampf aus zwischen Wildnis und Zivilisation, Ursprünglichkeit und Dekadenz, Der Elefant wird ihm dabei zur Metapher: für die Extreme des Lebens.
"Peter Beard." Taschen Verlag, Köln 2020. 770 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 100 Euro.
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"Dieses Buch fängt den Spirit und die Fähigkeit eines Mannes ein, der in jeder Hinsicht groß lebte." artnet.com