Das postsowjetische Jekaterinburg, kurz vor Silvester: Petrow, Automechaniker und erfolgloser Künstler, fühlt sich grippig. Auf dem Weg zur Arbeit wird er von seinem alten Freund Igor abgefangen und schon sitzen die beiden in einem Leichenwagen um einen Sarg und kippen einen Wodka nach dem nächsten. Währenddessen versucht Petrows Ex-Frau die Mordgedanken zu unterdrücken, die ständig von ihr Besitz ergreifen ...
Nicht nur der Alkohol benebelt hier die Sinne wie seit Wenedikt Jerofejews »Reise nach Petuschki« nicht mehr. Alexei Salnikow fasst den maroden Zustand der postsowjetischen Gesellschaft ins Bild einer ansteckenden Krankheit, die niemanden verschont. Unverdaut stehen in den fiebrigen Gehirnen der Petrows Erinnerungssplitter aus der Breschnew-Ära neben Fetzen westlicher Popkultur, trifft Ideologie auf Reklame, Dostojewski auf die Turtles. Nach moralischem Halt sucht man vergebens, während Ewiggestrige und Marginalisierte durch die verstörte Gegenwart marodieren. Dass die Petrows inmitten des Irrwitzes trotz allem eine zarte Menschlichkeit bewahren, zeichnet Salnikows hochaktuellen Roman aus.
Nicht nur der Alkohol benebelt hier die Sinne wie seit Wenedikt Jerofejews »Reise nach Petuschki« nicht mehr. Alexei Salnikow fasst den maroden Zustand der postsowjetischen Gesellschaft ins Bild einer ansteckenden Krankheit, die niemanden verschont. Unverdaut stehen in den fiebrigen Gehirnen der Petrows Erinnerungssplitter aus der Breschnew-Ära neben Fetzen westlicher Popkultur, trifft Ideologie auf Reklame, Dostojewski auf die Turtles. Nach moralischem Halt sucht man vergebens, während Ewiggestrige und Marginalisierte durch die verstörte Gegenwart marodieren. Dass die Petrows inmitten des Irrwitzes trotz allem eine zarte Menschlichkeit bewahren, zeichnet Salnikows hochaktuellen Roman aus.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Katharina Granzin mag diesen Roman von Alexei Salnikow, auch wenn er ihr einiges abverlangt. Der Autor erzählt von dem Autoschlosser und Comiczeichner Petrow, dessen Frau ihn den besten Gründen verlassen hat (sie tendiert dazu, ihre Männer zu ermorden, erfahren wir). Petrow wird von einem Bekannten entführt und auf eine mysteriöse Sauftour mitgenommen, kehrt zu Exfrau und Sohn zurück, alle drei erkranken an Grippe, müssen dem Sohn zu Liebe aber zum jährlich zu Neujahr in Russland stattfindenden Jolka-Fest, resümiert Granzin, die Mühen hat, die verschiedenen Handlungs- und Zeitebenen zu überblicken. Erinnerungen an die Kindheit in der Sowjetunion werden ebenfalls eingeflochten. Dabei stellt die Kritikerin fest, dass viele Rituale auch im postsowjetischen Alltag noch auf der Tagesordnung stehen. Dessen "Absurditäten" nimmt Salnikow mit Witz aufs Korn, überhaupt ist es der mitunter "surreale" Humor des Autors, der die Kritikerin in den Bann zieht. Und so freut sie sich schon auf Kirill Serebrennikows Verfilmung des Romans, die im kommenden Jahr in die deutschen Kinos kommt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Alexei Salnikows Roman ist eine Allegorie auf Russlands orientierungslose Gesellschaft.« Jörg Plath Neue Zürcher Zeitung 20230408