Expressionismus im Rhein-Main-Gebiet? Bisher vermutete man die Bewegung des Expressionismus meist in Dresden oder in München, doch sie hat ihre Wurzeln auch in der Region um Frankfurt. Schließlich stammte der „Brücke“-Mitbegründer Ernst Ludwig Kirchner aus Aschaffenburg - der Komponist Paul
Hindemith wurde in Hanau geboren - der russische Maler Alexej von Jawlensky verbrachte seine letzten zwanzig…mehrExpressionismus im Rhein-Main-Gebiet? Bisher vermutete man die Bewegung des Expressionismus meist in Dresden oder in München, doch sie hat ihre Wurzeln auch in der Region um Frankfurt. Schließlich stammte der „Brücke“-Mitbegründer Ernst Ludwig Kirchner aus Aschaffenburg - der Komponist Paul Hindemith wurde in Hanau geboren - der russische Maler Alexej von Jawlensky verbrachte seine letzten zwanzig Lebensjahre in Wiesbaden - Max Beckmann, Willy Baumeister sowie Ludwig Meidner waren mit der Region ebenfalls künstlerisch verwurzelt.
Grund genug, die künstlerisch reiche Substanz des Expressionismus der Rhein-Main-Region in das Schlaglicht des öffentlichen Interesses zu rücken. Unter dem Titel „Phänomen Expressionismus“ versammelten in den letzten knapp drei Jahren (von August 2009 bis Februar 2012) etwa 25 Institutionen zahlreiche Projekte zu Film, Architektur, Fotografie, bildender Kunst, Musik und Tanz. Mehr als 500.000 Besucher setzte diese Aktion in Bewegung.
Im Hatje Cantz Verlag ist nun der reich illustrierte Katalogband erschienen, der das erfolgreiche Großprojekt noch einmal ausführlich in Text und Bild dokumentiert. Dabei werden die Einzelprojekte kurz vorgestellt, von dem Auftakt mit der internationalen Seiltanzkunst bis zur abschließenden Ausstellung „Im Einklang mit der Natur“, die Gemälde und Zeichnungen von so unterschiedlichen Künstlern wie Franz Marc, Joseph Beuys und Ewald Mataré zeigte.
Weitere Projekthöhepunkte waren die vielbeachte Retrospektive von Ernst Ludwig Kirchner und die Ausstellung „Beckmann & Amerika“, beide im Frankfurter Städel. Zentraler Projektmittelpunkt war sicherlich die Ausstellung „Gesamtkunstwerk Expressionismus“, die auf der Darmstädter Mathildenhöhe über die Wechselwirkungen der einzelnen künstlerischen Gattungen im expressionistischen Gesamtkunstwerk informierte. Genau am gleichen Schauplatz war 1920 die epochale Ausstellung „Deutscher Expressionismus“ eröffnet worden.
Neben den 25 Projektvorstellungen erweitern und vertiefen zahlreiche Essays von namhaften Kunstwissenschaftlern/innen den Blick und das Verständnis für die revolutionäre Kunstbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wobei natürlich das Hauptaugenmerk auf der Entfaltung in der Rhein-Main-Region liegt. So werden z. B. Frankfurt und Darmstadt als Zentren des expressionistischen Theaters vorgestellt. Daneben sind die expressionistische Musik und Architektur in der Frankfurter Kunstregion weitere Themen.
Herausgegeben wurde der Bild-Text-Band von den Kulturfonds Frankfurt RheinMain und er stellt gewissermaßen eine Bilanz der geleisteten Arbeit dar. Er ist aber gleichzeitig der erste Band zur „Kulturlandschaft Frankfurt RheinMain“, denn in den nächsten Jahren sollen weitere Projekte folgen.
Manfred Orlick