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Philipp II. von Spanien (1527 - 1598), der Sohn Kaiser Karls V., ist die zentrale Figur der "Schwarzen Legende", ein finsterer, gefühlloser Monarch, der sich hinter den Mauern des Escorial verschanzte, eng verwoben mit der katholischen Kirche, ein Glaubensfanatiker. Markante Ereignisse wie der mysteriöse Tod seines Sohnes Don Carlos im Kerker oder die Entsendung der Armada gegen das protestantische England boten hinreichend Stoff für dieses jahrhundertelang gepflegte Geschichtsbild.Erst in jüngster Zeit wird dieses Bild des spanischen Königs, der einem halben Jahrhundert seinen unverkennbaren Stempel aufgedrückt hat, korrigiert.…mehr

Produktbeschreibung
Philipp II. von Spanien (1527 - 1598), der Sohn Kaiser Karls V., ist die zentrale Figur der "Schwarzen Legende", ein finsterer, gefühlloser Monarch, der sich hinter den Mauern des Escorial verschanzte, eng verwoben mit der katholischen Kirche, ein Glaubensfanatiker. Markante Ereignisse wie der mysteriöse Tod seines Sohnes Don Carlos im Kerker oder die Entsendung der Armada gegen das protestantische England boten hinreichend Stoff für dieses jahrhundertelang gepflegte Geschichtsbild.Erst in jüngster Zeit wird dieses Bild des spanischen Königs, der einem halben Jahrhundert seinen unverkennbaren Stempel aufgedrückt hat, korrigiert.
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Autorenporträt
Markus Reinbold, geboren 1973 in Homberg/Efze; Studium der Geschichte und Germanistik an der Philipps-Universität Marburg; ebendort 2000 Erstes Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien, 2003 Promotion; 2005 Zweites Staatsexamen am Studienseminar Fulda. Seit 2005 Studienrat am Rabanus-Maurus-Gymnasium in Mainz; seit 2006 zudem Lehrbeauftragter für Fachdidaktik am Historischen Seminar der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.10.2009

Beim wunderbaren Gott - der Mann nimmt ein!
Hier irrte Schiller und ein Psychoanalytiker erst recht: Markus Reinbold hellt das Bild von Philipp II. auf

Das berühmteste Urteil über König Philipp II. von Spanien (1527 bis 1589) hat Schiller in seinem Drama "Don Carlos" gefällt: ein Vater, der in blindem Glaubenseifer, gepaart mit machtpolitischem Kalkül, seinen Sohn der Inquisition opfert. Das übelste, aber weniger bekannte Urteil stammt allerdings von dem früheren Freiburger Psychoanalytiker Johannes Cremerius. Seine Psychosektion machte einen der mächtigsten Männer des sechzehnten Jahrhunderts zu einem pedantischen, grausamen und hinterhältigen Analneurotiker, zu einem schwachen Erben, der von Hassimpulsen gegen seinen in jeder Hinsicht potenteren Vater, Kaiser Karl V., zerfressen wird. Das Schicksal Spaniens und der mit ihm verbundenen Völker, so lautete dieser historisch-medizinische Fernbefund, war die Folge intimer Triebkonflikte. Geschichtlich bedeutsame Konstellationen mutierten dabei zu nachrangigen Randbedingungen.

Gegenüber solchen wirkmächtigen Verdikten haben abweichende Darstellungen oft den Nachteil, dass sie defensiv-verständnisheischend daherkommen oder eine allzu positive Alternative aufbauen. Gut beraten ist deshalb, wer die Frage, ob Philipp II. als Ehemann, Vater oder Politiker nun ein Unmensch war oder gar das Gegenteil, nicht als erkenntnisleitend ansieht. Das gelingt der neuen Kurzbiographie von Markus Reinbold. Sie eröffnet jenseits von Gut und Böse dem deutschen Publikum eine nüchterne Sichtweise auf jene Figur, die wesentlich zur Bildung der leyenda negra, der schwarzen Legende von einem religiös verbohrten Spanien des sechzehnten Jahrhunderts, beitrug.

Reinbold hatte bereits 2005 in seiner Marburger Dissertation anhand der Frankreich-Politik Philipps II. die vorherrschende Auffassung der Fachwelt korrigiert, die europäische Politik habe seinerzeit unter dem Diktat der Konfession gestanden. Das wird in der nun vorliegenden Biographie in den Kapiteln zur Außen- und Innenpolitik des oft als "katholischer König" bezeichneten Herrschers verknappt, aber immer noch differenziert nachgezeichnet: Als Realpolitiker hatte Philipp II. nicht nur stets ein stabiles Frankreich einem bedingungslosen Eintreten für die katholische Sache vorgezogen. So ließ er sich von den französischen Religionswirren in der Auseinandersetzung mit den Hugenotten nicht zu einer Konfrontation provozieren. Auch die Tatsache, dass er Elisabeth I. von England gegen die Exkommunikation durch Papst Paul IV. in Schutz nahm und mehreren Bullen des Papstes den Gehorsam verweigerte, passt nicht zu einem, der in allem Rom hörig gewesen sein soll. Seine Politik war zudem nicht so erfolglos, wie einzelne Ereignisse glauben machen.

So erfährt man nebenbei, dass der Untergang der Armada von der englischen Propaganda in seiner Bedeutung für die Vorherrschaft auf See hochgespielt wurde. Der effiziente Nachbau der verlorenen Schiffe trug sogar dazu bei, dass die englischen Freibeuterangriffe gegen die spanische Flotte fortan ins Leere liefen. Innenpolitisch werfen die Autodafés dunkle Schatten auf Philipp II. Dass die Inquisition bis heute weithin überschätzt wird, deutet der Autor nur an und verweist auf umfangreichere Quellen. Wie pragmatisch auch diese Schreckensgerichte eher aktuelle machtpolitische als religiöse Bedürfnisse befriedigten, lehrt immerhin ein Beispiel: Wurden dringend Galeerenruderer für die spanische Armee benötigt, schnellte die Zahl der einschlägig Verurteilten sprunghaft in die Höhe.

Selbst wenn Philipp II. wegen seines akribischen Protokollführens auch als "König der Akten" bezeichnet wurde - dass er den Rat seiner Minister nachweislich hoch schätzte und seinen Statthaltern große Freiheiten gewährte, passt kaum zum Charakter eines pedantischen Kontrollfreaks. Andere Details aus seinem Leben - er las Bücher, die auf dem Index geführt wurden, als junger Mann gehörte er einem intellektuellen Debattierclub an, Briefe aus anderthalb Jahrzehnten bezeugen ein inniges Verhältnis des Vaters zu seinen beiden Töchtern Isabel und Catalina - lassen zumindest die Vielschichtigkeit dieses Mannes erkennen. Aber nicht einmal die für jene Zeit ungewöhnliche Tatsache, dass Philipp II. als Mäzen zwei Malerinnen förderte, verführt Reinbold dazu, ihn zur alternativen Seligsprechung durch die Vertreter der Gender Studies vorzuschlagen.

So viel Enthaltsamkeit gegenüber interdisziplinären Verlockungen hebt sich wohltuend ab von dem vernichtenden, aber historisch uninformierten Urteil des Psychoanalytikers, der jedes Detail unter das Neurosenjoch zwang. Sogar Philipps jahrzehntelanger Regierungssitz und Lebensmittelpunkt, der berühmte Escorial nahe Madrid, wurde da zur Klause "der Finsternis und der Entsagung". So ähnlich klingt bis heute das touristische Trivialurteil. Scharen von Reisenden besuchen täglich das "Albtraumschloss" und lassen sich in dessen "kaltes Herz" geleiten, wie das Familienmausoleum der Habsburger darin genannt wird. An Reinbolds Band kann man einen anderen Blick einüben.

MARTINA LENZEN-SCHULTE.

Markus Reinbold: "Philipp II. von Spanien". Machtpolitik und Glaubenskampf. Muster-Schmidt Verlag, Zürich 2009. 123 S., br., 12,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Philipp II. ein Unmensch? Das sollte nicht die Frage sein, findet Martina Lenzen-Schulte und sieht sich mit Markus Reinbolds Philipp-Kurzbiografie aufs richtige Gleis gesetzt. Spaniens Herrscher möglichst nüchtern, jenseits von Gut und Böse und dennoch differenziert genug zu betrachten, gelingt dem Autor laut Rezensentin auf erkenntnisfördernde Weise. Das angebliche Diktat der Konfession, die Rolle der Inquisition, die ganze finstere Schreckensherrschaftsgeschichte scheint Lenzen-Schulte nach der Lektüre eher Ausdruck machtpolitischen Kalküls gewesen zu sein, denn religiöse Verbohrtheit. Philipp erscheint der Rezensentin schließlich nicht mehr als eine von historisch uniformierten Psychoanalytikern und "touristischen Trivialurteilen" verbogene Schreckensfigur, sondern als vielschichtige Persönlichkeit.

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