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Die Herausgeber der Bonstettiana stellen mit dieser mustergültigen Edition die philosophischen Schriften Karl Viktor von Bonstettens neben die umfassende Ausgabe der Briefkorrespondenzen des Schweizer Philosophen und seines Kreises.»Ich betrete einen neuen Planeten, alles ist verwandelt, ein erhabener Anblick.« Dieser Eindruck und dieser Enthusiasmus begleiten Bonstetten bei seiner philosophischen Arbeit zwischen dem 60. und dem 87. Lebensjahr. Der vorliegende Band vereinigt die von ihm in diesem Lebensabschnitt veröffentlichten Schriften - die »Recherches sur l' Imagination« (Genf, 1807), die…mehr

Produktbeschreibung
Die Herausgeber der Bonstettiana stellen mit dieser mustergültigen Edition die philosophischen Schriften Karl Viktor von Bonstettens neben die umfassende Ausgabe der Briefkorrespondenzen des Schweizer Philosophen und seines Kreises.»Ich betrete einen neuen Planeten, alles ist verwandelt, ein erhabener Anblick.« Dieser Eindruck und dieser Enthusiasmus begleiten Bonstetten bei seiner philosophischen Arbeit zwischen dem 60. und dem 87. Lebensjahr. Der vorliegende Band vereinigt die von ihm in diesem Lebensabschnitt veröffentlichten Schriften - die »Recherches sur l' Imagination« (Genf, 1807), die »Études de l' homme« (Genf, 1821), die »Philosophie der Erfahrung« (1828) und die »Essais« in der Bibliothèque Universelle - mit einer großen Zahl wiederaufgefundener Manuskripte, die weithin als philosophische Tagebücher zu bezeichnen sind. Dadurch ist Bonstettens Meditieren in das ihm eigene Fluidum der Vorläufigkeit zurückgegeben. Am Horizont seines Denkens erscheinen Aristoteles und Cicero, Bacon und Leibniz, Charles Bonnet, bei dem er in den 1760er-Jahren studiert hatte, die schottische Schule, Smith, Hume, Stewart, der Kreis um Victor Cousin mit Freund Stapfer, Maine de Biran, Degérando, der kantische Kritizismus in der Vermittlung durch junge deutsche Kantianer, Johannes Kinker und die »Groupe de Coppet«. Ebenso wichtig sind ihm, dem Mitglied der Genfer Physikalischen Gesellschaft, die positiven Wissenschaften, Physik, Chemie sowie die junge Psychiatrie.Bei alledem ist er kein Eklektiker. Er behauptet sich als Freidenker, als eigenwilliger Beobachter seiner selbst und des gesellschaftlichen Menschen, dessen Wohlfahrt ihm, diesem Kosmopoliten der praktischen Vernunft, das Wichigste ist. Noch seine letzte Schrift, ein Memorandum für Zar Nikolaus, enthält einen Plan zur Verbreitung der Aufklärung in Russland (1831).Aus dem Inhalt:Teilband I: 1804-1809, Suite de la Mémoire, Mnémosyné ou La mémoire, Recherches sur l'Imagination, Analyse de l'Intelligence.Teilband II: 1821-1826, Études de l'homme, mit den Erweiterungen von Bonstettens Handexemplar; Philosophische Manuskripte.Teilband III: 1826-1831, Philosophie der Erfahrung, Späte Essays.Subskriptionspreis bei Abnahme der Gesamtausgabe: EUR (D) 71,-; EUR (A) 73,-
Autorenporträt
Karl Viktor von Bonstetten (1745-1832), Berner Patrizier, war Politiker und vielseitiger Schriftsteller. Er beschäftigte sich u.a. mit Psychologie, Pädagogik, Philosophie, Skandinavistik und klassischer Archäologie. Sein Lebensmittelpunkt war die Schweiz, er verbrachte aber auch 10 Jahre in Italien, Skandinavien, Frankreich, England, Holland und Deutschland. Er pflegte zahlreiche persönliche Beziehungen und Korrespondenzen in Europa und Übersee.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.07.2007

Der Briefkosmos von Bonstetten

Im März 1817 schrieb die Dichterin Friederike Brun an den Schweizer Patrizier Karl Viktor von Bonstetten: "Sage woher kömmt es daß deine und meine Schriften von allen Leüten mit Geschmack, denen solche zu Gesicht kommen, mit größter Wärme aufgenommen und doch im Ganzen nicht sehr gelesen werden?" Da war die Brun zweiundfünfzig und ihr zeitweiser Verehrer Bonstetten sogar noch zwanzig Jahre älter; seit Jahrzehnten standen sie mit dem ganzen intellektuellen Europa in Kontakt. Doch wer kennte heute noch ihre Namen? Beide wurden fast zweihundert Jahre lang nicht nur nicht sehr, sondern gar nicht mehr gelesen.

Das hat sich gebessert. 1996 begannen Doris und Peter Walser-Wilhelm im Verlag Peter Lang die Ausgabe der "Bonstettiana", einer akribisch kommentierten Ausgabe von Bonstettens Schriften und vor allem seiner Korrespondenz. Mittlerweile wird diese in ihrer literarischen wie editorischen Qualität verblüffendste aller deutschsprachigen Klassikerausgaben im Wallstein Verlag fortgesetzt - unterstützt durch öffentliche und private Stiftungsgelder aus der Schweiz, die dafür sorgen, dass die Reihe, gemessen an ihrer überreichen Ausstattung, auch eine der preiswertesten Klassikerausgaben ist. Mit ihr entsteht vor uns eine Geistesepoche neu, die zum Besten gehörte, was Europa zu bieten hat.

Die neueste Folge der "Bonstettiana", Band XI der Korrespondenz (Wallstein Verlag, Göttingen 2007. 2 Bd., zus. 984 S., 30 Abb., geb., 74,- [Euro]), beweist es: Das meiste spielt sich im Kreis um die exilierte Madame de Staël ab, zu deren engsten Freunden Bonstetten und Brun zählten, und Größen wie Simonde de Sismondi, August Wilhelm Schlegel, Lord Byron oder Friedrich Matthisson sind Adressanten, Adressaten oder Gegenstand der Briefe. Wir schreiben die Jahre 1811 bis 1817.

Der Schatz, den die größtenteils nie zuvor publizierten Schreiben erschließen, ist zu groß, um ihm auch nur annähernd in einer Rezension gerecht zu werden. Allein die unvermeidliche Diskussion über Napoleon lohnt die Lektüre. Friederike Brun war eine leidenschaftliche Gegnerin des französischen Kaisers, Bonstetten dessen intellektueller Bewunderer, die Staël von Bonaparte exiliert worden. Das Dreiergespräch über den Korsen, dessen Triumphe und Niederlagen, zeigt wie im Brennglas die europäischen Debatten jener Zeit. Bonstetten gehörte als Angehöriger einer der einflussreichsten Familien von Bern dem großen Rat der Stadt an, als Bonaparte mit seinem Einmarsch 1798 die alte Eidgenossenschaft hinwegfegte und sich selbst den Titel "médiateur de la confédération Helvétique" verlieh. Die Schweiz wurde zum Satellitenstaat Frankreichs, und Bonstetten sah mit fasziniertem Schauder, wie in seiner Heimat erst die durch die Revolution geborene Zivilgesellschaft und nach dem Sturz Napoleons dann das alte Regime wieder implementiert wurden.

Bonstetten lebte damals überwiegend im französisch annektierten Genf. Von dort aus schuf er "das Planetarium der Freundschaft", wie die Herausgeber zutreffend seine unendlich verästelten Beziehungen nennen, deren größte Ausdehnung in jenen Jahren erreicht wurde, denen sich Band XI widmet. "Die Schweiz ist mir ganz fremd geworden", schrieb Bonstetten 1813 an Johann Heinrich Füssli. Seine Heimat war längst das geistige Europa, dessen wichtigste Sprachen der blendend ausgebildete Großbürger alle beherrschte.

Übersetzt wird in den "Bonstettiana" nicht, der Leser darf den Korrespondenzpartnern also an Sprachkenntnissen nur wenig nachstehen. Der damaligen Lingua franca entsprechend, ist der ganz überwiegende Teil der Korrespondenz in Französisch gehalten. Mit den Jahren fühlte sich Bonstetten in dieser Sprache immer mehr zu Hause. Er kokettierte gegenüber Friederike Brun: "Mein deutscher Styl ist wie von Eisen." Was für eine Lüge! Auch wenn man gerade den Briefen von Bonstetten an Brun nicht ganz trauen darf, weil die Originale verloren und deren Inhalte nur als stark von Brun redigierte Texte erhalten sind (und das teilweise auch noch in zwei verschiedenen Versionen, die die "Bonstettiana" parallel abdrucken), so sind doch die deutschen Schreiben, die Bonstetten etwa an Matthisson richtete, glanzvolle Beispiele einer Empfindsamkeit, die durch das intellektuelle Stahlbad der Aufklärung gegangen ist.

Bonstetten war Kaufmann, Politiker, Sozialforscher und Philosoph. In den Briefen, selbst den intimsten, tauchen deshalb immer wieder aktuelle Preisangaben zu wichtigen Lebensmitteln auf, und kritische Anmerkungen zur geistigen Situation der Zeit sind gleichfalls häufig ("Kant war wahrlich ein Fehlschritt"). Vor allem aber war Bonstetten seinerzeit ein weltbekannter Sonderling - bewundert des breiten Interessenspektrums und seiner jugendlichen Erscheinung wegen. Besucher schätzten den Siebzigjährigen auf vierzig, und Stendhal pries seine Intelligenz.

Als Leser verliebt man sich in die schriftlichen Gespräche über den ganzen Kontinent hinweg. "Ist das alte Dänemark noch da? Ich werfe dieses Blatt in's Chaos", schrieb Bonstetten am 2. Januar 1814 an Friederike Brun. Da trieben die Armeen der Allianz Napoleon vor sich her, und im politischen Europa blieb kein Stein auf dem anderen. Was all diese Wirren überstand, war die unbeirrte Verständigung im Freundschaftsplanetarium. Ohne es wüssten wir heute um nicht mehr als die Militärgeschichte dieser Tage. Auch wenn man das wohl nicht erwarten darf, weil die eigene Anstrengung bei der Lektüre bisweilen noch größer als das Vergnügen daran ist - Bonstetten und die Seinen sollten sehr gelesen werden.

ANDREAS PLATTHAUS

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