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Nach Lebenskunst fragen diejenigen, für die sich das Leben nicht mehr von selbst versteht. Der Autor versucht vor allem die grundlegenden Aspekte der Lebenskunst herauszuarbeiten. Die Lebenskunst soll nicht inhaltlich festgelegt, sondern ihre Grundbestandteile thematisiert werden, die im jeweiligen historischen und kulturellen Kontext die Bedingungen ihrer Möglichkeit darstellen und deren konkrete Ausgestaltung den Individuen überlassen bleiben muss.

Produktbeschreibung
Nach Lebenskunst fragen diejenigen, für die sich das Leben nicht mehr von selbst versteht. Der Autor versucht vor allem die grundlegenden Aspekte der Lebenskunst herauszuarbeiten. Die Lebenskunst soll nicht inhaltlich festgelegt, sondern ihre Grundbestandteile thematisiert werden, die im jeweiligen historischen und kulturellen Kontext die Bedingungen ihrer Möglichkeit darstellen und deren konkrete Ausgestaltung den Individuen überlassen bleiben muss.
Autorenporträt
Wilhelm Schmid, geboren 1953, lebt als freier Philosoph in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt. Viele Jahre lang war er als Gastdozent in Riga/Lettland und Tiflis/Georgien, sowie als "philosophischer Seelsorger" an einem Krankenhaus bei Zürich/Schweiz tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.02.1999

Geschürzter Schwinger ans Hirn
Wilhelm Schmid hat die Faustregeln zur Lebenskunst parat

Das Buch geht aus von einem Bild, von Edward Hoppers "Excursion into Philosophy". Es schildert einen Ausschnitt aus dem Leben zweier Menschen, Mann und Frau. Sie sind auf einem Bett plaziert. Während sie abgewandt liegt, sitzt er, neben sich ein Buch, und blickt zu Boden; was immer dieses Paar verbindet, es scheint unmittelbar fraglich geworden. Festgehalten im Bild ist der Moment der Reflexion inmitten der Entfremdung. Das ist der Moment der Philosophie, insofern reflektieren heißt, "selbst Fragen zu stellen, denn darin besteht", so der Erfurter Privatdozent und Foucault-Spezialist Wilhelm Schmid, "die Exkursion in die Philosophie".

Die Philosophie ist der "Raum, in dem die Frage nach dem Leben gestellt werden kann, um die Antwort zu suchen, die das Lebenkönnen wieder ermöglicht". Die Frage nach der Lebenskunst bricht auf, wo Traditionen, Konventionen oder Normen ihre Überzeugungskraft verlieren und Individuen beginnen, "sich um sich selbst zu sorgen". Diese Sorge wird unabweisbar, wenn man begriffen hat, daß das eigene Leben endlich ist.

Die Reise, die Schmid in den Raum der Philosophie anbietet, zeigt zunächst, wo die Frage nach der Kunst des Lebens historisch wie systematisch anzusiedeln ist. Dann geht es um den Begriff: Kunst heißt für Schmid vor allem Können; Lebenskunst bezeichnet die Gestaltung des eigenen Lebens gleich einem literarischen Kunstwerk, wobei der erweiterte, offene Werkbegriff der modernen Kunst anzusetzen ist.

Die folgenden Abschnitte erörtern die Aktualität dieses Modells, seine politische und pädagogische Dimension; sie fragen weiter nach dem Subjekt und seinem Verhältnis zu sich und zu anderen. Im Zentrum steht, wie schon in der Antike, das Problem der klugen Wahl; wie damals wird mit speziellen Übungen und Techniken dem Selbst und seinem Umgang mit Anderen Form und Stil gegeben. Ziel und Horizont der Reise bildet das Schlußkapitel mit dem innovativen Titel "Ökologische Lebenskunst". Es vereinigt alle Aspekte und macht die Probe aufs Exempel.

Obwohl die Lebenskunst zu den klassischen Themen der Philosophie gehört, ist sie in der Moderne stark vernachlässigt worden. Notwendig sei daher, so Schmid, eine Neuvermessung ihres Bereiches und die Ermittlung all jener Aspekte, die "quasitranszendental, zwar nicht für jede mögliche, aber für jede reflektierte und in diesem Sinne philosophische Lebenskunst grundlegend sind". Mit seiner Grundlegung will Schmid nun sowohl "ein Kompendium offerieren, mit dessen Hilfe sich ein Individuum über die eigenen Lebensfragen klarer werden kann", als auch "ein plausibles, diskutables Konzept für eine Philosophie der Lebenskunst vorstellen", das sich gleichermaßen an die Fachphilosophie wie an die interessierte Öffentlichkeit wendet.

Diese Zielsetzung klingt nicht nur nach Spagat - sie ist einer. Daß den philosophisch nicht vorgebildeten Leser der Umfang der Darstellung überfordern könnte, scheint Schmid zu ahnen. So vermerkt er schon im Vorwort, daß das Buch sich auch vom Schluß her lesen lasse. Tatsächlich beschreiben die einzelnen Kapitel keinen Stufenweg, sondern ein sorgfältig durchkomponiertes Gefüge, innerhalb dessen sich der Leser frei bewegen kann. Die Orientierung fiele dem Leser indes noch leichter, wären die zahlreichen Querverweise mit Seitenzahlen angegeben. Wer in der Lage ist, das Netz mit Hilfe des Registers selbst zu knüpfen, erhält eine heuristische Struktur von erstaunlicher Subtilität und Dichte, die es erlaubt, der Frage nach dem eigenen Leben systematisch nachzugehen.

Es ist die Stärke dieses Buches, daß es die Antwort dem Leser überläßt. Schmid ordnet, nennt weitere Literatur, aber keinerlei Rezept; überhaupt enthält er sich jeglicher Belehrung. Und er weiß, daß es sich nicht empfiehlt, "von der Lebenskunst mit allzu viel Pathos zu sprechen, denn erfahren wird sie in aller Regel als abwesende".

Der Autor möchte sein Konzept als Beitrag zu einer Philosophie "der" Lebenskunst verstanden wissen, nicht aber zu einer Philosophie "als" Lebenskunst. Theoretische Reflexion und praktisch ausgeübte Lebensform werden von Schmid gegenübergestellt, als sei Theorie lediglich Schaufenster, ein Spiel mit Möglichkeiten, das zu nichts verpflichtet - so wie es die Sophisten lehrten. Sokrates hingegen bestand darauf, als er vor seine Richter trat, daß Reflexion selbst schon Wahl und ein Vollzug des Lebens sei. Platon und Aristoteles haben ihm darin beigepflichtet und erst die Interpretation von Sein im Ganzen für den angemessenen Rahmen philosophischer Lebenskunst gehalten. Schmid genügt hierzu das Eigeninteresse des Individuums: Dieses Eigeninteresse gilt es umfassend aufzuklären, damit das Individuum sich lebensklug verhalten und sein Selbst gleich einem Werk herstellen kann. Pragmatisch orientierte Zeitgenossen mag das zufriedenstellen; mit der Philosophie "als" Lebenskunst hat solch ein Konzept tatsächlich wenig zu tun, nicht zuletzt, weil es zwischen Handeln und Herstellen nicht unterscheiden will.

So präsentiert Schmid eine ansprechende Heuristik, Philosophie aber nur auf einer Schwundstufe. Hoppers Gemälde zeigt, worauf es in solchen Fällen ankommt: zu lesen, dann aber selbst zu denken. ANSGAR KEMMANN

Wilhelm Schmid: "Philosophie der Lebenskunst". Eine Grundlegung. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main 1998. 566 S., 1 Abb., br., 29,80 DM.

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»Es ist die Stärke dieses Buches, dass es die Antwort dem Leser überlässt.« Ansgar Kemmann Frankfurter Allgemeine Zeitung 19990225
"Daß philosophische Nachdenklichkeit dabei helfen kann, sich zwischen Geburt und Tod ein Leben zu gestalten, das es wert ist, gelebt zu werden, dafür lassen sich in diesem Buch überzeugende Argument finden."