Die Vorlesung über »Philosophie und Soziologie« aus dem Sommersemester 1960 ist die erste, die Theodor W. Adorno explizit auch der Soziologie gewidmet hat. Anhand einer ideen- und geistesgeschichtlichen Untersuchung wird der Zusammenhang von Wahrheit und gesellschaftlicher Erkenntnis dargelegt. Dies geschieht stets unter der zentralen Prämisse, »daß es überhaupt kein Theorem gibt, ganz gleich, welcher Art es auch sei, dessen Funktion innerhalb der Gesellschaft schlechterdings von der geschichtlichen und gesellschaftlichen Lage unabhängig ist. Es gibt keine Wahrheit, die nicht zur Ideologie mißbraucht werden kann, es gibt kein Theorem, das nicht unmittelbar in den Dienst des Gegenteils dessen gestellt werden kann, was es selber behauptet«. Diese programmatische Erkenntnis weist der Vorlesung nicht nur den Status einer zeitlosen philosophischen Propädeutik in die Soziologie zu. Sie kann auch als Einführung in die Kritische Theorie gelesen werden, deren soziologischen Gehalt Adorno hier erstmalig detailliert erläutert.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Mit Gewinn hat Detlev Claussen Adornos Vorlesung aus dem Jahr 1960 gelesen, in denen der selbstbewusste Remigrant dem doch recht "provinziellen Wirtschaftswunderland" erkläre, warum Soziologie und Philosophie kein unnützes Wissen sind. Adorno bezieht sich in der Vorlesung vor allem auf seine beiden großen Schriften, die "Dialektik der Aufklärung" und den "Autoritären Charakter", informiert Claussen, dem aber fast noch wichtiger zu sein scheint, wie Adorno den freien Gedanken gegen den Ideologieverdacht verteidigt, auch wenn er nicht empirisch verifizierbar ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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