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Stanisław Lem offeriert uns in der „Falle des Gargancjan“ das folgende Science-Fiction-Märchen: Zwei hochbegabte Kybernetiker, treten in den Dienst zweier kriegstlüsterner Könige. Sie bieten an, das ultimative Kriegsheer zu schaffen, indem sie, dem „Verfahren des Gargancjan“ folgend, die Soldaten derart „verdrahten“, dass sie sich wie eine gemeinschaftliche Intelligenz verhalten. Als sich die Heere beider Staaten, vollständig verkabelt, gegenüberstehen, geschieht das Unerwartete: „Das Bewußtsein erwies sich als eine schreckliche Falle ... Auf beiden Seiten war es nämlich zu der berühmten…mehr

Produktbeschreibung
Stanisław Lem offeriert uns in der „Falle des Gargancjan“ das folgende Science-Fiction-Märchen: Zwei hochbegabte Kybernetiker, treten in den Dienst zweier kriegstlüsterner Könige. Sie bieten an, das ultimative Kriegsheer zu schaffen, indem sie, dem „Verfahren des Gargancjan“ folgend, die Soldaten derart „verdrahten“, dass sie sich wie eine gemeinschaftliche Intelligenz verhalten. Als sich die Heere beider Staaten, vollständig verkabelt, gegenüberstehen, geschieht das Unerwartete: „Das Bewußtsein erwies sich als eine schreckliche Falle ... Auf beiden Seiten war es nämlich zu der berühmten Kulmination des Bewußtseins gekommen, die der große Gargancjan mit mathematischer Genauigkeit vorausgesehen hatte. Oberhalb einer bestimmten Grenze verwandelt sich nämlich das Militärische als lokaler Zustand in das Zivile, und zwar deshalb, weil der Kosmos als solcher absolut zivil ist, und die Geister beider Heere hatten eben bereits eine kosmische Dimension erreicht. ...Auf den Hügeln stehend ... lächelten beide Armeen einander an. ... Vor den Augen der vor Scham und Wut schwarz gewordenen Könige räusperten sich die beiden Heere, fassten einander unter und gingen spazieren, Blumen pflückend unter den dahineilenden Wolken auf dem Felde der nicht stattgehabten Schlacht.“ (Lem 1982, 292) Diese Geschichte ist so hoffnungsvoll und optimistisch. Man möchte ihrem mathematisch-kybernetisch durchfluteten Humanismus auf den Leim gehen, sich verführen lassen ... so ganz und gar anders als beim Star Wars-Märchen. Wer mit solcher Science Fiction groß wurde, konnte von ihrem Geist so schnell nicht mehr lassen. Und Marx schien, mit Engels Rückhalt, der Utopie eine wissenschaftliche Grundlage zu verschaffen. Auf eine eingriffsmächtige Mathematik hoffend, konnte ich mich der Frage nicht verweigern, was sie zur Humanisierung des Menschen beizutragen hätte. Über die angewandte Mathematik nachdenkend, wurde ich zwangsläufig auf die Informatik geführt. Sofern ich nicht nur über letztere „philosophieren“ wollte, musste ich mich in ihr erproben und testen, ob sie zur Beförderung der Humanität betragen könne – musste ich selbst programmieren. Das Internet war dann das wirkliche Produkt des Praktischwerdens der Informatik. Utopie wurde leider dünner, verschwand zwar nicht völlig, wich aber der zunehmenden Riskanz, dass der Mensch sich verliert. Oder, wie Jean Baudrillard es zum Ausdruck bringt: „Endlose Angleichung des Menschen an sich selbst, weil er sich in seine einfachen Grundelemente auflöst: allerseits vervielfacht, auf allen Bildschirmen vorhanden, doch immer seiner eigenen Formel, seinem eigenen Modell treu. Daher haben wir es mit einer anderen Dimension von Differenz zu tun. Es handelt sich nicht mehr um die Differenz zwischen einem Subjekt und einem anderen, sondern um die endlose interne Differenzierung von ein und demselben Subjekt. Diese ist unsere jetzige Fatalität, ein innerer Taumel, eine Zersplitterung ins Identische, ins Gespenst des Identischen. Nicht mehr durch die anderen oder von den anderen sind wir entfremdet, sondern von unseren zahllosen möglichen Clones. ... Kurzschluß ...“ (Baudrillard 1990, 252–256) Es bleibt eine Sehnsucht nach dem Anderen, nach Brecht, dem Einfachen, „das schwer zu machen ist.“