Eine „mutige Vorkämpferin für ein freies Menschentum“ nannte der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Paul Löbe die Sexualreformerin und Pazifistin Helene Stöcker (1869-1943). Als eine der ersten Frauen mit dem akademischen Titel „Dr. phil.“ (1901, Universität Bern) ist sie Repräsentantin einer demokratischen Tradition, an die heutige Emanzipationsbewegungen anknüpfen, ohne sich dessen immer bewußt zu sein. Helene Stöckers Lebensweg war geprägt vom Kampf gegen jegliche Form blutiger Gewalt, gegen überkommene gesell schaftliche Konventionen, die individuellen Selbstbestim mungsrechten entgegenstehen. Aktiv kämpfte sie gegen den Paragraphen 218, warb für Mutterschutz und die Rechte nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Zusammen mit Persönlichkeiten wie Käthe Kollwitz, Albert Einstein und Clara Zetkin setzte sie sich für eine deutsch-sowjetische Verständigung ein und warb in ihrer Zeitschrift, „Die neue Generation“ (1905-1932), für eine „neue Ethik“, die konservative Wertmaßstäbe noch heute in Frage stellt. 1933 floh Stöcker über die Schweiz nach Schweden und schließlich (über die Sowjetunion und Japan) in die USA. Völlig verarmt und verbittert verstarb sie 1943 in New York.