Produktdetails
- Verlag: Verlag Karl Alber
- ISBN-13: 9783495479094
- ISBN-10: 3495479090
- Artikelnr.: 08445093
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.02.2009Menschenskinder
Seine Darstellung der philosophischen Anthropologie sei von einer "gewissen Sammelleidenschaft" diktiert. Es handle sich um keine mentalitätsgeschichtliche, ideologiekritische oder kultursoziologische Studie. Man finde in ihr keine "eigene Interpretation" zur zeitgeschichtlichen Einordnung des Gegenstandes. Sie mache auch "nicht den geringsten Versuch einer eigenen Kritik, Fortentwicklung oder sachaufschließenden Bewährung", und es würden "keinerlei Anschlußmöglichkeiten an aktuelle Debatten" vorgeführt. Einem so selbstkritischen Autor lässt sich vertrauen. Akribisch beleggesichert werden die wissenschaftlichen Lebenswege von Scheler, Gehlen, Plessner und in geringerem Maße von Rothacker, Portmann und Schelsky nachgezeichnet und mit extensiven Zitaten ihre Schriften referiert. Eine Schule im engeren Sinne sei aus diesen Denkern nicht geworden, weil Scheler Plessners "Stufen des Organischen" als Plagiat seiner "Stellung des Menschen" bezeichnete, Gehlen den Emigranten Plessner ignorierte und Plessner Gehlen die Akkommodation an den Nationalsozialismus nicht verzieh. Vor allem war "nichts so folgenreich für die Geschichte des Denkansatzes", wie dass Scheler 1928 starb. Trotzdem könne man von einer eigenen Richtung "Philosophische Anthropologie" sprechen, wenn man nämlich Plessners Exzentrische Positionalität als Kernbegriff nehme. Den Geist im "Entsprechungsverhältnis zwischen Organismus und Umwelt" zu verorten, das hatten freilich bereits Lebensphilosophie und Pragmatismus vorgeführt, so dass der Begriffsrechtstitel zwischen zu schwacher Institutionalisierung und zu allgemeiner Übereinstimmung dünn bleibt. (Joachim Fischer: "Philosophische Anthropologie". Eine Denkrichtung des 20. Jahrhunderts. Karl Alber Verlag, Freiburg 2008. 684 S., geb., 48,- [Euro].) gf.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Seine Darstellung der philosophischen Anthropologie sei von einer "gewissen Sammelleidenschaft" diktiert. Es handle sich um keine mentalitätsgeschichtliche, ideologiekritische oder kultursoziologische Studie. Man finde in ihr keine "eigene Interpretation" zur zeitgeschichtlichen Einordnung des Gegenstandes. Sie mache auch "nicht den geringsten Versuch einer eigenen Kritik, Fortentwicklung oder sachaufschließenden Bewährung", und es würden "keinerlei Anschlußmöglichkeiten an aktuelle Debatten" vorgeführt. Einem so selbstkritischen Autor lässt sich vertrauen. Akribisch beleggesichert werden die wissenschaftlichen Lebenswege von Scheler, Gehlen, Plessner und in geringerem Maße von Rothacker, Portmann und Schelsky nachgezeichnet und mit extensiven Zitaten ihre Schriften referiert. Eine Schule im engeren Sinne sei aus diesen Denkern nicht geworden, weil Scheler Plessners "Stufen des Organischen" als Plagiat seiner "Stellung des Menschen" bezeichnete, Gehlen den Emigranten Plessner ignorierte und Plessner Gehlen die Akkommodation an den Nationalsozialismus nicht verzieh. Vor allem war "nichts so folgenreich für die Geschichte des Denkansatzes", wie dass Scheler 1928 starb. Trotzdem könne man von einer eigenen Richtung "Philosophische Anthropologie" sprechen, wenn man nämlich Plessners Exzentrische Positionalität als Kernbegriff nehme. Den Geist im "Entsprechungsverhältnis zwischen Organismus und Umwelt" zu verorten, das hatten freilich bereits Lebensphilosophie und Pragmatismus vorgeführt, so dass der Begriffsrechtstitel zwischen zu schwacher Institutionalisierung und zu allgemeiner Übereinstimmung dünn bleibt. (Joachim Fischer: "Philosophische Anthropologie". Eine Denkrichtung des 20. Jahrhunderts. Karl Alber Verlag, Freiburg 2008. 684 S., geb., 48,- [Euro].) gf.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Faszinierend und imponierend findet Jens Hacke die von Joachim Fischer aufgeschriebene intellektuelle Beziehungsgeschichte zwischen Max Scheler, Helmuth Plessner und Arnold Gehlen. Daran, dass hier ein akademischer Individualist am Werk ist, hat Hacke keinen Zweifel, das Buch, meint er, sprengt sämtliche normalen Maßstäbe. Fischers Anliegen sieht Hacke darin, zwischen den Begründern der Philosophischen Anthropologie zu vermitteln und darüber hinaus die weiteren Wirkungskreise ihres Denkens nachzuvollziehen. Hacke attestiert dem Autor diesbezüglich theoriescharfe und insistierende analytische Fähigkeiten sowie Urteilssicherheit und Originalität. Dass Fischers Arbeit auf eine theoretische Einheitlichkeit abzielt, verursacht dem Rezensent allerdings leichtes Magendrücken. Innere Widersprüche und die unterschiedlichen Konsequenzen, die Gehlen und Plessner aus ihrer Anthropologie ziehen, meint er, fallen dabei unter den Tisch. Lieber als auf Identitäten richtet Hacke den Blick auf die "Seitenstücke" bei Plessner und Gehlen. Auch dazu inspiriert ihn der Band.
© Perlentaucher Medien GmbH
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