Andrew McMillans rohe und eindringliche Gedichte sind Hymnen an den männlichen Körper - an männliche Freundschaft und männliche Liebe: muskulös, intim, schockierend und tief bewegend. Wir werden Zeuge einer fast religiösen Feier des verwundbaren Körpers, der begehrt, liebt, unterdrückt und geschlagen wird. In einer außergewöhnlichen Mischung aus Alltagssprache, Aufgeschnapptem und sehniger, metaphysischer, musikalischer Sprache, die alle Tempi variiert, zerlegt McMillans Lyrik vor unseren Augen, was es heißt, ein Mann zu sein, wobei nicht zuletzt die Idee der Männlichkeit selbst infrage gestellt wird. So entsteht eine Poesie, in der jede Verbindung zu einem heiligen Denkmal wird, denn jede Beziehung, jeder Mensch ist es wert, verehrt zu werden. Auf konventionelle Interpunktion verzichtet McMillan. Stattdessen orientiert sich der Rhythmus am Atem desjenigen, der diese Gedichte liest. Denn dazu laden fast alle dieser Stücke ein: sie laut zu lesen, für sich selbst und für andere. All das verleiht diesem Werk ein außergewöhnliches Gefühl von Lebendigkeit und Präsenz.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensent Enno Stahl liest "drängend realitätsnahe" Lyrik mit Andrew McMillans Gedichten, die fragen, was "Männlichkeit" eigentlich bedeutet. In fragmentarischer, aus "Bildscherben" zusammengesetzter Poesie verarbeitet der Autor Themen wie das Verhältnis zum eigenen Körper, den Umgang der Gesellschaft mit männlichen Gefühlsregungen und den Umgang mit Trauer, so der Kritiker. Als Kind sieht das lyrische Ich die offen emotionale Reaktion seines Vaters auf den Tod des Großvaters und empfindet diese als schockierend unmännlich: 'als sich dein Vater vor dir öffnete / hatte niemand dir beigebracht wie du ihn danach wieder zusammensetzt'. Der Kritiker schätzt das Rauhe und Verletzliche in dieser "ungewöhnlichen" Lyrik und ist den Übersetzern Mazlum Nergiz und Richard Stoiber dankbar, das sie die Texte für den deutschen Sprachraum erschlossen haben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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