From fine art paintings by such artists as Stubbs and Landseer to zoological illustrations and popular prints, a vast array of animal images was created in Britain during the century from 1750 to 1850. This highly original book investigates the rich meanings of these visual representations as well as the ways in which animals were actually used and abused. What Diana Donald discovers in this fascinating study is a deep and unresolved ambivalence that lies at the heart of human attitudes toward animals.
The author brings to light dichotomies in human thinking about animals throughout this key period: awestruck with the beauty and spirit of wild animals, people nevertheless desired to capture and tame them; the belief that other species are inferior was firmly held, yet at the same time animals in stories and fables were given human attributes; though laws against animal cruelty were introduced, the overworking of horses and the allure of sport hunting persisted. Animals are central in cultural history, Donald concludes, and compelling questions about them, then and now, remain unanswered.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
The author brings to light dichotomies in human thinking about animals throughout this key period: awestruck with the beauty and spirit of wild animals, people nevertheless desired to capture and tame them; the belief that other species are inferior was firmly held, yet at the same time animals in stories and fables were given human attributes; though laws against animal cruelty were introduced, the overworking of horses and the allure of sport hunting persisted. Animals are central in cultural history, Donald concludes, and compelling questions about them, then and now, remain unanswered.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2008Als die Türen der Arche Noah aufgerissen wurden
Diana Donald hat eines der klügsten Bücher über die englische Kunst des neunzehnten Jahrhunderts geschrieben
Dieses Buch könnte man auf den ersten Blick für drollig halten. Nehmen wir zum Beispiel das Bild von Edwin Landseer aus dem Jahr 1840: Ein weißer Königspudel sitzt in einem roten Samtfauteuil, die Pfoten auf ein Buch gestützt, die Lesebrille abgelegt, umringt von einem Dutzend weiterer Hunde, wovon einer, nach Art des Gerichtsdieners, ein Brieflein hineinträgt - in der Schnauze. Warum sich ausgerechnet ein Pudel gut dafür eignet, einen Richter zu spielen, versteht der Betrachter recht schnell: Das aufgebürstete Fell sieht der traditionellen gepuderten Perücke ähnlich. "Laying Down the Law", so der Titel des Bildes, ist eine Satire auf den Gerichtshof der königlichen Kanzlei, der im Ruf stand, alle Verfahren so lange zu verschleppen, bis die Kläger pleite waren.
Sagen wir es so: Was Diana Donald in "Picturing Animals in Britain" zusammengetragen hat, entspricht nicht dem, was wir üblicherweise aus kunsthistorischen Büchern kennen, und auch nicht dem, was wir an den Wänden der Tate oder National Gallery erblicken. Es sind Bilder, um die Kunsthistoriker sonst eher einen großen Bogen machen, zu abgeschmackt, zu nah am Kitsch. Der Haken daran, wenn man diese Seite der Kunstgeschichte links liegenlässt, ist aber: Es waren diese Gemälde, die zu ihrer Zeit Geschichte schrieben, hunderttausendfach in Drucken vervielfältigt wurden, neue Bilder nach sich zogen, Romanautoren inspirierten und Menschen direkt berührten. Geschmack und Bedeutung müssen nicht immer zusammenfallen. Die Bilder, die Kunsthistorikern heute gefallen, sind häufig weit davon entfernt, die Ikonen ihrer Zeit zu sein.
Für ihr Buch "The Age of Caricature: Satirical Prints in the Age of George III" erhielt die englische Kunsthistorikerin Diana Donald bereits einen Preis der englischen Kunsthistorikervereinigung. Mit "Picturing Animals in Britain" hat sie nun eines der originellsten und klügsten Bücher über die englische Kunst zwischen 1750 und 1850 geschrieben. Dass Tiere den Gegenstand ihrer Untersuchung bilden, legt der gewählte Zeitraum nahe: Nie zuvor bevölkerten mehr Tiere die Wohnstuben, Sofas, Sessel, Beistelltischchen und Teppiche des Bürgertums, das sich binnen weniger Jahrzehnte den Fisch im Aquarium, den Wellensittich im Käfig sowie Hund und Katze im Körbchen als Hausgenossen erfand. In London, im größten Hafen der Welt, trafen gleichzeitig Tiger, Löwen, Giraffen und Elefanten ein, die auf den gleichen Wegen ins Herz des wuchernden britischen Empire reisten wie andere Kolonialwaren. Sie wurden in der Hauptstadt in Zoos und Menagerien gesteckt, wo man sie beklatschte, bis sie verendeten. Die ersten Tierschutzgesetze wurden zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts eingeführt, die ersten Tierheime, die Jagd geriet in die Kritik, die Massentierhaltung begann, die Schlachthäuser wanderten an die Stadtränder. All das war neu und änderte das Verhältnis zum Tier. Die deutlichste Folge: Über die Leinwände der Salons, Wohnzimmer und Kabinette wälzte sich vom späten achtzehnten Jahrhundert für knapp hundert Jahre eine derart riesenhafte Tierkolonne, als habe jemand mit einem Ruck die Türen der Arche Noah aufgerissen.
In acht Kapiteln blättert Diana Donald dieses gemalte Tierleben der Zeit auf, von Wissenschaft über Zoo, Zirkus, Haustierhaltung bis zur Jagd. Im Zentrum steht dabei der größte Tiermaler aller Zeiten: Sir Edwin Landseer, geboren 1802, gestorben einundsiebzigjährig. Jeder London-Reisende kennt seine riesigen Bronzelöwen am Fuß der Nelsonstatue am Trafalgar Square. Am besten stellt man sich Landseer als David Attenborough des neunzehnten Jahrhunderts vor: Neun Millionen Zuschauer verfolgten 2006 allein in England Attenboroughs Fernsehserie "Life on Earth" in England - im viktorianischen England gab es wohl niemanden, der nicht Landseers Hunde, Hirsche oder Löwen gesehen hatte.
Zwei grundsätzliche Erkenntnisse lehrt dieses Buch. Erstens: Die Pop-Art beginnt im neunzehnten Jahrhundert. Wenn der Witz der Bewegung darin bestand, die hohe Kunst mit der Massenkultur gekoppelt zu haben, dann hat diesen Trick niemand so gut verstanden wie die von Donald besprochenen Künstler des neunzehnten Jahrhunderts. Das Bildschaffen wurde in diesen Jahren um zahlreiche Medien erweitert, man denke nur an den Ornithologen Thomas Bewick und sein neues Holzstichverfahren, das die Entstehung der illustrierten Presse nach sich zog, die von 1832 an den Markt überschwemmte. Fast gleichzeitig wird das lithographische Farbdruckverfahren entdeckt und findet breite Anwendung in der zoologischen Illustration. Tiere - gestochen, lithographiert, gemalt, gezeichnet, koloriert - sind dabei die Stars der Populärkultur.
Die ratternde Vervielfältigungsmaschinerie wurde selten so sorgfältig auseinandergenommen und durchgeputzt wie von Diana Donald. Bei jedem Bild, das sie bespricht, kennt sie die Weiterungen in Karikatur, Presse oder Roman; sie interpretiert nicht nur, sondern deckt den Regelkreislauf auf, in dem ein Motiv durch Ausstellungen, Bücherclubs und Zeitschriften wandert. Richtungswechsel von Populär- zur Hochkultur sind dabei immer möglich: Landseers sterbende Hirsche, die als Holzstiche durch Europa ziehen, werden später in den Gemälden Gustave Courbets auftauchen. Die am Grab ihres Herrchens trauernden Hunde des Engländers finden wir im deutschen Roman - als Neufundländer Rollo bei Theodor Fontanes "Effie Briest".
Die zweite Erkenntnis dieses Buchs: Der Mensch sah sich schon vor Charles Darwin als Tier. Das vielleicht verblüffendste Kapitel widmet Diana Donald dem "Struggle for Existence", wie es 1859 bei Darwin heißen wird, eine Formulierung, die mit der unglücklichen Wendung "Kampf ums Dasein" ins Deutsche übertragen wurde. Donald konfrontiert uns mit einem Kabinett der Schlachtengemälde, in denen Künstler von George Stubbs bis John James Audubon kämpfende Tiere zeigen. Wie ihre Auswahl zeigt, ist es nicht übertrieben, von der Entstehung eines Genres zu sprechen: Der Löwe schlägt bei Stubbs die Zähne in den blanken Pferderücken, der Hirsch trampelt den Jagdhund in den Abgrund, die Schlange lauert im Nest der Spottdrosseln. Donald verknüpft diese Bilder mit den moralphilosophischen Debatten des achtzehnten Jahrhunderts, der Frage, wie die Grausamkeit des Naturreichs in eine von Gott eingerichtete Welt passe. In den Bildern, so zeigt sich, wird daraus etwas anderes. Die Schrecken der Natur wandeln sich in ein erhabenes Schauspiel von Größe und Stärke, eine moralische Selbstvergewisserung, die in Krieg und Gewalt den Lauf der Dinge sehen will. Jahrzehnte später werden diese Bilder ihren Schatten auf die Debatte um die Evolutionstheorie werfen. Bis heute sind sie der Höhepunkt jedes Tierfilms.
JULIA VOSS.
Diana Donald: "Picturing Animals in Britain, 1750-1850". Yale University Press, London 2008. 256 S., geb., zahlr. Abb., 40,- £.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Diana Donald hat eines der klügsten Bücher über die englische Kunst des neunzehnten Jahrhunderts geschrieben
Dieses Buch könnte man auf den ersten Blick für drollig halten. Nehmen wir zum Beispiel das Bild von Edwin Landseer aus dem Jahr 1840: Ein weißer Königspudel sitzt in einem roten Samtfauteuil, die Pfoten auf ein Buch gestützt, die Lesebrille abgelegt, umringt von einem Dutzend weiterer Hunde, wovon einer, nach Art des Gerichtsdieners, ein Brieflein hineinträgt - in der Schnauze. Warum sich ausgerechnet ein Pudel gut dafür eignet, einen Richter zu spielen, versteht der Betrachter recht schnell: Das aufgebürstete Fell sieht der traditionellen gepuderten Perücke ähnlich. "Laying Down the Law", so der Titel des Bildes, ist eine Satire auf den Gerichtshof der königlichen Kanzlei, der im Ruf stand, alle Verfahren so lange zu verschleppen, bis die Kläger pleite waren.
Sagen wir es so: Was Diana Donald in "Picturing Animals in Britain" zusammengetragen hat, entspricht nicht dem, was wir üblicherweise aus kunsthistorischen Büchern kennen, und auch nicht dem, was wir an den Wänden der Tate oder National Gallery erblicken. Es sind Bilder, um die Kunsthistoriker sonst eher einen großen Bogen machen, zu abgeschmackt, zu nah am Kitsch. Der Haken daran, wenn man diese Seite der Kunstgeschichte links liegenlässt, ist aber: Es waren diese Gemälde, die zu ihrer Zeit Geschichte schrieben, hunderttausendfach in Drucken vervielfältigt wurden, neue Bilder nach sich zogen, Romanautoren inspirierten und Menschen direkt berührten. Geschmack und Bedeutung müssen nicht immer zusammenfallen. Die Bilder, die Kunsthistorikern heute gefallen, sind häufig weit davon entfernt, die Ikonen ihrer Zeit zu sein.
Für ihr Buch "The Age of Caricature: Satirical Prints in the Age of George III" erhielt die englische Kunsthistorikerin Diana Donald bereits einen Preis der englischen Kunsthistorikervereinigung. Mit "Picturing Animals in Britain" hat sie nun eines der originellsten und klügsten Bücher über die englische Kunst zwischen 1750 und 1850 geschrieben. Dass Tiere den Gegenstand ihrer Untersuchung bilden, legt der gewählte Zeitraum nahe: Nie zuvor bevölkerten mehr Tiere die Wohnstuben, Sofas, Sessel, Beistelltischchen und Teppiche des Bürgertums, das sich binnen weniger Jahrzehnte den Fisch im Aquarium, den Wellensittich im Käfig sowie Hund und Katze im Körbchen als Hausgenossen erfand. In London, im größten Hafen der Welt, trafen gleichzeitig Tiger, Löwen, Giraffen und Elefanten ein, die auf den gleichen Wegen ins Herz des wuchernden britischen Empire reisten wie andere Kolonialwaren. Sie wurden in der Hauptstadt in Zoos und Menagerien gesteckt, wo man sie beklatschte, bis sie verendeten. Die ersten Tierschutzgesetze wurden zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts eingeführt, die ersten Tierheime, die Jagd geriet in die Kritik, die Massentierhaltung begann, die Schlachthäuser wanderten an die Stadtränder. All das war neu und änderte das Verhältnis zum Tier. Die deutlichste Folge: Über die Leinwände der Salons, Wohnzimmer und Kabinette wälzte sich vom späten achtzehnten Jahrhundert für knapp hundert Jahre eine derart riesenhafte Tierkolonne, als habe jemand mit einem Ruck die Türen der Arche Noah aufgerissen.
In acht Kapiteln blättert Diana Donald dieses gemalte Tierleben der Zeit auf, von Wissenschaft über Zoo, Zirkus, Haustierhaltung bis zur Jagd. Im Zentrum steht dabei der größte Tiermaler aller Zeiten: Sir Edwin Landseer, geboren 1802, gestorben einundsiebzigjährig. Jeder London-Reisende kennt seine riesigen Bronzelöwen am Fuß der Nelsonstatue am Trafalgar Square. Am besten stellt man sich Landseer als David Attenborough des neunzehnten Jahrhunderts vor: Neun Millionen Zuschauer verfolgten 2006 allein in England Attenboroughs Fernsehserie "Life on Earth" in England - im viktorianischen England gab es wohl niemanden, der nicht Landseers Hunde, Hirsche oder Löwen gesehen hatte.
Zwei grundsätzliche Erkenntnisse lehrt dieses Buch. Erstens: Die Pop-Art beginnt im neunzehnten Jahrhundert. Wenn der Witz der Bewegung darin bestand, die hohe Kunst mit der Massenkultur gekoppelt zu haben, dann hat diesen Trick niemand so gut verstanden wie die von Donald besprochenen Künstler des neunzehnten Jahrhunderts. Das Bildschaffen wurde in diesen Jahren um zahlreiche Medien erweitert, man denke nur an den Ornithologen Thomas Bewick und sein neues Holzstichverfahren, das die Entstehung der illustrierten Presse nach sich zog, die von 1832 an den Markt überschwemmte. Fast gleichzeitig wird das lithographische Farbdruckverfahren entdeckt und findet breite Anwendung in der zoologischen Illustration. Tiere - gestochen, lithographiert, gemalt, gezeichnet, koloriert - sind dabei die Stars der Populärkultur.
Die ratternde Vervielfältigungsmaschinerie wurde selten so sorgfältig auseinandergenommen und durchgeputzt wie von Diana Donald. Bei jedem Bild, das sie bespricht, kennt sie die Weiterungen in Karikatur, Presse oder Roman; sie interpretiert nicht nur, sondern deckt den Regelkreislauf auf, in dem ein Motiv durch Ausstellungen, Bücherclubs und Zeitschriften wandert. Richtungswechsel von Populär- zur Hochkultur sind dabei immer möglich: Landseers sterbende Hirsche, die als Holzstiche durch Europa ziehen, werden später in den Gemälden Gustave Courbets auftauchen. Die am Grab ihres Herrchens trauernden Hunde des Engländers finden wir im deutschen Roman - als Neufundländer Rollo bei Theodor Fontanes "Effie Briest".
Die zweite Erkenntnis dieses Buchs: Der Mensch sah sich schon vor Charles Darwin als Tier. Das vielleicht verblüffendste Kapitel widmet Diana Donald dem "Struggle for Existence", wie es 1859 bei Darwin heißen wird, eine Formulierung, die mit der unglücklichen Wendung "Kampf ums Dasein" ins Deutsche übertragen wurde. Donald konfrontiert uns mit einem Kabinett der Schlachtengemälde, in denen Künstler von George Stubbs bis John James Audubon kämpfende Tiere zeigen. Wie ihre Auswahl zeigt, ist es nicht übertrieben, von der Entstehung eines Genres zu sprechen: Der Löwe schlägt bei Stubbs die Zähne in den blanken Pferderücken, der Hirsch trampelt den Jagdhund in den Abgrund, die Schlange lauert im Nest der Spottdrosseln. Donald verknüpft diese Bilder mit den moralphilosophischen Debatten des achtzehnten Jahrhunderts, der Frage, wie die Grausamkeit des Naturreichs in eine von Gott eingerichtete Welt passe. In den Bildern, so zeigt sich, wird daraus etwas anderes. Die Schrecken der Natur wandeln sich in ein erhabenes Schauspiel von Größe und Stärke, eine moralische Selbstvergewisserung, die in Krieg und Gewalt den Lauf der Dinge sehen will. Jahrzehnte später werden diese Bilder ihren Schatten auf die Debatte um die Evolutionstheorie werfen. Bis heute sind sie der Höhepunkt jedes Tierfilms.
JULIA VOSS.
Diana Donald: "Picturing Animals in Britain, 1750-1850". Yale University Press, London 2008. 256 S., geb., zahlr. Abb., 40,- £.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main