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Ostberlin 2011: Die Wiedervereinigung hat es nie gegeben, Egon Krenz ist seit 22 Jahren an der Macht und die DDR nahezu pleite. Die Hauptstadt: ein maroder Moloch, verpestet und verdreckt von Millionen Ölmotoren des Trabant-Nachfolgers Phobos. Die letzte Chance für den Sozialismus: Wirtschaftsverhandlungen mit der BRD und ihrem Bundeskanzler Oskar Lafontaine.Doch dann wird ein ehemaliger Berater von Krenz ermordet aufgefunden - und alles weist darauf hin, dass die Täter aus den Reihen der Stasi kommen. Als auch noch der SPIEGEL über diesen Fall berichtet, ist klar: Wird die Unschuld der Stasi…mehr

Produktbeschreibung
Ostberlin 2011: Die Wiedervereinigung hat es nie gegeben, Egon Krenz ist seit 22 Jahren an der Macht und die DDR nahezu pleite. Die Hauptstadt: ein maroder Moloch, verpestet und verdreckt von Millionen Ölmotoren des Trabant-Nachfolgers Phobos. Die letzte Chance für den Sozialismus: Wirtschaftsverhandlungen mit der BRD und ihrem Bundeskanzler Oskar Lafontaine.Doch dann wird ein ehemaliger Berater von Krenz ermordet aufgefunden - und alles weist darauf hin, dass die Täter aus den Reihen der Stasi kommen. Als auch noch der SPIEGEL über diesen Fall berichtet, ist klar: Wird die Unschuld der Stasi nicht bewiesen, ist die DDR endgültig erledigt.Im grauen, zerfallenden Ostberlin suchen Martin Wegener von der Volkspolizei und sein westdeutscher Kollege Richard Brendel nach den Mördern - und finden heraus, warum die Entwicklung der DDR so katastrophal verlaufen musste.
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Autorenporträt
Simon Urban, geboren 1975 in Hagen, Germanistikstudium in Münster, Ausbildung an der Texterschmiede Hamburg, Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, lebt in Hamburg und Techau (Ost-Holstein). 2009 gewann er bei den Clio-Awards den Grand Prix und Gold für die erste literarische Live-Werbepause. Für die Agentur Jung von Matt schrieb er den Edeka-Clip #heimkommen, der weltweit für Aufsehen sorgte und mit mehr als 60 Millionen Klicks zu den erfolgreichsten deutschen Virals überhaupt gehört. Für seinen ersten Roman »Plan D« wurde er 2011 mit dem Debütpreis des Stuttgarter Krimipreises ausgezeichnet. Das Buch wurde in elf Sprachen übersetzt. 2014 erschien der Roman »Gondwana«.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.08.2011

Wiederbelebte Staaten leben länger

Ob Egon Krenz das gern lesen wird? Simon Urban gibt in seinem formidablen Debütroman "Plan D" der DDR eine zweite Chance und entwirft ein rasantes Gesellschaftspanorama des Jahres 2011.

Von Hannes Hintermeier

Ende Oktober 2011, die Frankfurter Buchmesse liegt gerade drei Tage zurück, hängt ein Toter im Walde, ganz still und stumm. Er baumelt an einer dicken Gaspipeline, der Nordmagistrale im Berliner Bezirk Köpenick, ist um die achtzig Jahre alt und gut gekleidet. Die Schuhbänder hat man ihm mit acht Knoten zusammengebunden. Ein Symbolmord? Am 8. Februar 1950 wurde das Ministerium für Staatssicherheit gegründet. Ist doch alles längst erledigt. Eben nicht.

Die Deutsche Demokratische Republik ist gar nicht tot, sie war nur in Schwierigkeiten, damals, als die Mauer aufging und die Massenflucht einsetzte. Aber man hat das dann anders geregelt. Wer unbedingt gehen wollte - es waren eineinhalb Millionen -, den ließ man ziehen. Dann machte man die Mauer wieder zu. "Wiederbelebung" heißt das seither in den Geschichtsbüchern. Und Egon "Achtung" Krenz ist noch immer Staatsratsvorsitzender. Dem Ministerrat sitzt ein gewisser Gregor Gysi vor, Otto Schily hat auch Ministerrang, Sahra Wagenknecht hat sich als Filmheroine profiliert, Margot Honecker lebt im Feierabendheim Alpha, und Kulturminister Dath ist auf Literaturrundreise in Bulgarien.

So weit die Ausgangslage in Simon Urbans Roman "Plan D". Der Tote gefährdet die Zukunft des Staates, denn Ende November will der Kanzler der Bundesrepublik - Oskar Lafontaine sein Name - zu Konsultationen anreisen, und mit Egon Krenz um die Wette Thüringer Würste essen. Der Westen braucht Gas, das in Russland gefördert und über das Territorium der DDR geleitet wird. Da kommt es gewiss nicht gut an, wenn "Spiegel"-Chefredakteur Claus Kleber eine Titelstory vorbereitet: "Die Stasi mordet wieder. Wie ein unbelehrbarer Geheimdienst Europas Energiezukunft verspielt".

Auf die Idee hat einer kommen müssen. Es ist ein Glück, dass dieser Jemand eine unverbrauchte, zum Erzählen geborene Stimme hat. Simon Urban, 1975 in Hagen geboren, arbeitet nach Germanistikstudium und einer Ausbildung am Literaturinstitut Leipzig in der Werbeindustrie. Das Autorenfoto zeigt einen leicht spöttisch blickenden, selbstbewusst wirkenden Mann mit modischem Bart. Dazu passt die Prosa. Hier hat sich einer ein Riesenprogramm vorgenommen und es dann mit sprachverliebter Verve eingelöst - ohne den Genre-Meilenstein "Fatherland" von Robert Harris zu kopieren.

Der Trabi ist jetzt Sondermüll, man fährt Phobos Prius, träumt vom Phobos Flux Cabriolet, tankt Rapsöl, weshalb das ganze Land wie eine Frittenbude riecht. Hinter dem schmierigen Rapsölfilm der Scheibenwischer sehen wir ein marodes Staatsgefängnis, in dem mit Handys der Marke Minsk telefoniert wird. Das Radeberger kostet am Alex 2,60 Mark, auf dem Zwanzig-Mark-Schein schaut Goethe verdrießlich drein, eine Kuh heißt unverbrüchlich "Raufutter verzehrende Großvieheinheit", Ballack und Sammer leiten auf Hiddensee ein Trainingslager. Simon Urban hat die DDR fortgeschrieben mit einem Figurenkosmos, der immer knapp an der Überzeichnung entlangschrammt, aber dessen biographische Vielfalt sich sehen lassen kann.

Im Zentrum steht Martin Wegener, Ende fünfzig, Hauptkommissar der Volkspolizei, seine ehemalige Geliebte Karolina, die als "Gas-Nutte" im Energieministerium Karriere macht, der West-Berliner Sonderermittler Richard Brendel, den man in einem einmaligen Akt der Völkerverbindung zusammen mit einem BND-Mann ins Land gelassen hat, um gegenüber dem "Restkapitalismus" den Schein objektiver Ermittlungen zu erwecken. Die Herren kommen in einer Mercedes-Limousine mit 450 PS. Der Kapitalismus beeindruckt die ostdeutschen Beamten mit Beinfreiheit und besseren Parfums.

Wenn alles nach Stasi aussieht, war es dann die Stasi? Und wie soll Wegener als Vopo gegen die Stasi ermitteln - auch wenn es sich um eine weichgespülte Version des früheren Geheimdienstes handelt? Nach einigem Wirrwarr stellt sich heraus, dass der Ermordete während der Wiederbelebung Berater von Krenz war. Ein Heidelberger Professor, der sich nach seiner Demission eine Doppelexistenz als Gärtner im streng abgeschirmten Regierungsviertel Wandlitz aufgebaut hat. Und mehr noch: Er hat einen "Plan D" ausgeheckt, der dem Roman den Titel gibt und der die beiden deutschen Staaten verändern soll. Auch die DDR ist mittlerweile vom Terrorismus heimgesucht, Bomben gehen hoch, die Gegner des Staatssozialismus haben sich dem Vernehmen nach als Öko-Terroristen getarnt.

Simon Urban gießt sein Gesellschaftspanorama in einen literarisch ambitionierten Agententhriller, wie man ihn von deutschen Autoren nicht jeden Tag zu lesen bekommt. Zu den vielfachen ironischen Brechungen gehört etwa die Figur des Majors Früchtl, der Wegener ausgebildet hat und der sich nun in seinem Kopf als Stimme eingenistet hat ("Endlich mal ein witziges Arschloch, sagte Früchtl, witzige Arschlöcher sind selten"). Der unbotmäßige Früchtl ist verschwunden, möglicherweise im geheimsten aller geheimen Stasi-Gefängnisse. Um dort vorgelassen zu werden, muss sich Wegener mit der "Besitzerin eines Friseursalons mit angeschlossenem Sonnenstudio" arrangieren, die sich in der Normannenstraße als Major Renate Wischinsky vorstellt.

Frau Major sieht so aus: "Die Friseuse erhob sich. Ihr plattes Gesicht musste das Ergebnis einer Kooperation zwischen Steinmetz und Sattler sein. Gemeißelte Sehschlitze und Mundspalte, dürrer Nasenhöcker, hartes Kinnviereck, alles mit gegerbtem Ziegenleder überzogen und im Ton der Wandvertäfelung gefärbt. Auf dem Kopf ein Strauß blondiertes Haar, das bis zu den Schultern herabrankte." Der Assoziativspeicher des Autors war also prall gefüllt. Das muss bei einem Debüt so sein, und das darf es auch. An Ökonomie ist da noch nicht zu denken. Der Hang zur Sentenz, die Adjektivseligkeit sind ebenso Markenzeichen dieses Überschwangs wie explizite Sexturnereien und pointillistische Stimmungsbilder, mit denen die Hure Berlin ein ums andere Mal im Herbst ihres Daseins geschildert wird.

Der Roman gipfelt in einer predigthaften Abrechnung mit allen "DDRen dieser Welt", die immer nur versprechen, "was die Vernunft niemals bieten kann: Todfeinde nämlich" und den "Dienst an der großen Sache, die ständig als groß gepriesen werden muss, damit ihre Kümmerlichkeit niemandem auffällt". Der hoffnungslos liebende Wegener lernt in dieser lebensgefährlichen Ermittlung endgültig, sich jede Illusion zu verkneifen. Es gibt keinen, der nicht beobachtet wird. Das wird dem "Misstrauer Nr. 1" klar, als er erfährt, dass Gysi einen Putsch plant. Nach 550 Seiten, diversen Toten, Verfolgungsjagden, Currywürsten und Orgien ist man als Leser aufrichtig erschöpft. Und kämpft gegen die Frage an, wie das wohl nach so einem Auftakt weitergehen wird. Denn weitergehen muss es.

Simon Urban: "Plan D". Roman.

Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2011. 552 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit uneingeschränktem Lob bespricht Rezensent Hannes Hintermeier Simon Urbans "formidablen" Debütroman "Plan D". Schon auf die Idee, die DDR nach kurzem Maueröffnungszwischenfall einfach wieder aufleben zu lassen, müsse man erst mal kommen. Aber was dem folgt, suche seines Gleichen, so der Rezensent: Margot Honecker sitzt im Ferienheim "Alpha", Sahra Wagenknecht feiert Leinwanderfolge und Staatsratsvorsitzender Egon Krenz trifft sich mit dem BRD-Kanzler Oskar Lafontaine zum Wettessen von Thüringer Würsten, um nach einem unliebsamen "Spiegel"-Artikel von Chefredakteur Claus Kleber die Gasversorgung der Bundesrepublik zu sichern. Mit "sprachverliebter Verve" entwerfe Urban ein ironisches Gesellschaftspanorama, in welchem Ballack auf Hiddensee ein Trainingslager leite und Kühe als "Raufutter verzehrende Großvieheinheit" bezeichnet würden. Zudem gelinge dem Autor ein "ambitionierter" Agententhriller um Stasi-Machenschaften und als "Öko-Terroristen" getarnte Regime-Gegner, der mit sprachlichem Überschwang und zahlreichen Toten, Verfolgungsjagden und Sexorgien aufwarte.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Simon Urban weiß viel über die alte DDR, er bedient sich der literarischen Mittel gekonnt: Groteske, Satire, Geschichts-Kolportage.« Stefan Maelck, MDR Figaro, Krimi des Monats »552 Seiten, durch die man sich gierig frisst, um auf der letzten traurig festzustellen, dass dieses literarische Festmahl nun ein Ende hat. (...) Wortgewaltig und hochspannend.« Regula Freuler, NZZ am Sonntag
»Man liest die erste Seite von Simon Urbans Roman Plan D und weiß: Das ist ein Text mit Muskeln.« Juli Zeh

»Eine geniale Idee. [...] Grandios.« Andreas Ammer / Deutschlandfunk

»Plan D überrascht mit seiner Schubkraft literarischer Fantasie, mit einem genialischen Einfallsreichtum, der jeden Leser entzücken
muss.« Ursula Marz / Die Zeit

»Eine zum Erzahlen geborene Stimme.« Hannes Hintermeier / FAZ