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The surprising story of how Greek classics are being pressed into use in contemporary China to support the regime's political agendaAs improbable as it may sound, an illuminating way to understand today's China and how it views the West is to look at the astonishing ways Chinese intellectuals are interpreting-or is it misinterpreting?-the Greek classics. In Plato Goes to China, Shadi Bartsch offers a provocative look at Chinese politics and ideology by exploring Chinese readings of Plato, Aristotle, Thucydides, and other ancient writers. She shows how Chinese thinkers have dramatically recast…mehr

Produktbeschreibung
The surprising story of how Greek classics are being pressed into use in contemporary China to support the regime's political agendaAs improbable as it may sound, an illuminating way to understand today's China and how it views the West is to look at the astonishing ways Chinese intellectuals are interpreting-or is it misinterpreting?-the Greek classics. In Plato Goes to China, Shadi Bartsch offers a provocative look at Chinese politics and ideology by exploring Chinese readings of Plato, Aristotle, Thucydides, and other ancient writers. She shows how Chinese thinkers have dramatically recast the Greek classics to support China's political agenda, diagnose the ills of the West, and assert the superiority of China's own Confucian classical tradition. In a lively account that ranges from the Jesuits to Xi Jinping, Bartsch traces how the fortunes of the Greek classics have changed in China since the seventeenth century. Before the Tiananmen Square crackdown, the Chinese typically read Greek philosophy and political theory in order to promote democratic reform or discover the secrets of the success of Western democracy and science. No longer. Today, many Chinese intellectuals use these texts to critique concepts such as democracy, citizenship, and rationality. Plato's "Noble Lie," in which citizens are kept in their castes through deception, is lauded; Aristotle's Politics is seen as civic brainwashing; and Thucydides's criticism of Athenian democracy is applied to modern America. What do antiquity's "dead white men" have left to teach? By uncovering the unusual ways Chinese thinkers are answering that question, Plato Goes to China opens a surprising new window on China today.
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Autorenporträt
Shadi Bartsch is an award-winning classicist and the Helen A. Regenstein Distinguished Service Professor at the University of Chicago, where she directs the Institute on the Formation of Knowledge. She is the author and editor of numerous books and the translator of an acclaimed version of the Aeneid.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2024

Platon lässt sich für die Partei gut gebrauchen
Shadi Bartsch führt vor, wie in China antike und neuere westliche Philosophie Anwendung finden

1986 demonstrierten Studenten an der Stanford University unter dem Slogan "Hey hey, ho ho, Western culture's gotta go!" gegen das Pflichtcurriculum in "Westlicher Zivilisation". Ein Studienprogramm sollte abgeschafft werden, das angeblich die Privilegien weißer Männer rechtfertigte und eine Kultur feierte, die schon damals als rassistisch und sexistisch verunglimpft wurde. Ein Jahr später erschien der erste Band von "Black Athena". Der Verfasser, Martin Bernal, der an der Cornell University wirkte, schickte sich an, die - wie es im Untertitel hieß - "afroasiatischen Wurzeln der griechischen Antike" aufzudecken. Die Einzigartigkeit der griechischen Kultur verdanke sich, so der promovierte Sinologe, der Übernahme von Errungenschaften, die in Ägypten und im Nahen Osten erzielt worden seien.

Wechseln wir den Kontinent: 1988 zeigte der größte Fernsehsender der Volksrepublik China die sechsteilige Dokumentarserie "Fluss-Elegie" ("Heshang"), die unter Verweis auf den ikonischen "Gelben Fluss" den Niedergang des einst mächtigen Reiches beschrieb, die aktuelle Rückständigkeit durch politische Isolation und ideologischen Dogmatismus erklärte und die Öffnung hin zu westlicher Wissenschaft und Demokratie, die in der europäischen Antike ihren Ursprung hatten, als probates Mittel für eine Erneuerung der chinesischen Gesellschaft und wirtschaftlichen Erfolg propagierte. Die Wirkung dieser TV-Produktion, die heftige politische Diskussionen auslöste, war ungeheuer. Sie reichte bis zum Studentenprotest auf dem Platz des Himmlischen Friedens, den die Kommunistische Partei Chinas am 4. Juni 1989 blutig niederschlagen ließ. "Heshang" wurde danach als konterrevolutionäres Machwerk stigmatisiert. Marktkapitalismus, liberale Demokratie und Menschenrechte fanden in China nicht zusammen.

Shadi Bartsch, Altertumswissenschaftlerin an der University of Chicago, erkennt in dem Tian'anmen-Massaker eine tiefe Zäsur in der Rezeption des klassischen Altertums in China. In den hundert Jahren zuvor hätten reformorientierte Kräfte unter den chinesischen Intellektuellen auf Platon und Aristoteles, Thukydides und Tacitus und immer wieder auf das klassische Athen rekurriert, um ihr Land zu demokratischen Reformen, einer bürgerstaatlichen Verfassung und wissenschaftlichem Fortschritt zu führen.

Folgt man der Argumentation der amerikanischen Wissenschaftlerin, dann begann die produktive Auseinandersetzung mit der europäischen Antike während der Krisen- und Revolutionsjahre vor und nach dem Sturz der Qing-Dynastie im Jahr 1911. Aristoteles' "Politik" wurde zum herausragenden Referenzwerk, um die Vorstellungen politischer und gesellschaftlicher Modernisierung in China umzusetzen. Nach 1989 hingegen habe man auf klassische Texte des griechischen und römischen Altertums zurückgegriffen, um sich deutlich von demokratischen Idealen zu distanzieren und die westliche Konzeption einer auf liberalen Werten basierenden offenen Gesellschaft zu diskreditieren. Thukydides, der demokratische Historiker des Peloponnesischen Krieges, und Platon, der antidemokratische Philosoph der erneuerten attischen Demokratie, sind nun die Autoritäten, auf die man sich in rhetorischer Absicht beruft, um die Parteidiktatur zu legitimieren.

Die Philosophenkönige aus Platons "Staat" werden von linientreuen Intellektuellen der Kommunistischen Partei gegen die westliche Demokratie ins Feld geführt, und die "edle Lüge", wie Platon die Erfindung von Mythen zur klassenübergreifenden Pazifizierung bezeichnete, ist in propagandistischen Pamphleten ein legitimes Mittel zur Herstellung von sozialer Harmonie. Die neokonservativen Nationalisten vereinnahmen den Philosophen für ihr antiaufklärerisches Denken. Der hierarchisch strukturierte Idealstaat der platonischen "Politeia" wird so zum Paradigma der Herrschaft Xi Jinpings. Die ideologisch konditionierte Appropriation der westlichen Philosophie beschränkt sich jedoch nicht auf Platon, wie Bartsch darlegt, sondern schließt auch neuzeitliche Denker wie Max Weber und Leo Strauss ein, die ebenfalls einseitig für die politische Propaganda herhalten müssen.

Bartsch zeigt eindrücklich, wie die brutale Unterdrückung aller Hoffnungen auf Demokratisierung und Liberalisierung des autokratischen Regimes die Wahrnehmung der platonischen Werke, ja überhaupt der westlichen Philosophie verändert hat. Damit bestätigt sie nicht explizit, wohl aber implizit, dass die Rezeption des europäischen Altertums von jeweils vorherrschenden Interpretationsmustern und Betrachtungsweisen abhängig ist und folglich mehr über die jeweilige Rezeptionsepoche aussagt als über den Gegenstand der Rezeption. Für die "public intellectuals" des korrupten und mafiösen Regimes, das China heute mit starker Hand regiert, gehört die liberale Demokratie westlicher Prägung mit konkurrierenden Interessengruppen einem vergangenen Äon an. Der Westen hat aus ihrer Sicht seinen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Vorsprung verloren. Vor allem aber wird unter Berufung auf "griechische Klassiker" in China heute behauptet, dass es für ökonomische Prosperität und soziale Stabilität keiner demokratischen Ordnung bedürfe.

Die nordamerikanischen und europäischen Erben der Ikonoklasten der 1980er-Jahre stimmen mit den von Bartsch ausführlich zitierten chinesischen Intellektuellen der Gegenwart darin überein, dass die Zukunft der Welt nicht westlich geprägt sei. Hier ist ein postkolonialer Multikulturalismus die Triebfeder, dort ein antidemokratischer Nationalismus. Der Westen hat vielleicht auch deshalb keine Zukunft mehr, weil er sein historisches Erbe, das einen wesentlichen Beitrag zur Freiheit des Menschen geleistet hat, aus ideologischer Verblendung verspielt. Die Erinnerung an dieses Erbe wird in China bewahrt, wo es neben der nationalistischen Instrumentalisierung der europäischen Antike sehr wohl auch ein wissenschaftliches Interesse an dieser Epoche gibt, das für Bartsch allerdings nur von vermeintlich "unpolitischen Professoren" gepflegt wird, deren leise Stimmen im Vergleich zu den lauten Wortmeldungen der politischen Intellektuellen nicht gehört würden.

Diese Dichotomie greift allerdings zu kurz, weil sie die langfristige Wirkmöglichkeit des akademischen Unterrichts unterschätzt. Der westliche Kanon ist an chinesischen Universitäten keineswegs tot. Während an amerikanischen Universitäten Classics Departments geschlossen werden, prosperieren die europäischen Altertumswissenschaften an zahlreichen chinesischen Universitäten, und ihre Inhalte werden dort eine neue Generation erreichen. Darüber erfährt man in Bartschs Buch leider nichts. STEFAN REBENICH

Shadi Bartsch: "Plato goes to China". The Greek Classics and Chinese Nationalism.

Princeton University Press, Princeton 2023. 304 S., geb., 32,- Euro.

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