Dieses Buch stellt sich die Aufgabe, Wege und Umwege nachzuzeichnen, die die philosophia practica universalis - Ethik, Politik, Ökonomik - seit ihren Anfängen bis in unsere Tage zurückgelegt hat. Dieses Programm setzt eine Kontinuität voraus, die schon allein durch die Maßgabe der praktischen Philosophie, nämlich tugendhaft und gut zu leben, hinreichend gesichert ist. Gleichwohl sind Spannungen und Brüche zwischen Theorie und Lebenspraxis unumgänglich, sofern praktische Philosophie, wenn sie glaubhaft sein will, ihre Argumente stets anlassbezogen im Blick auf sich ändernde äußere Umstände vortragen muss. So verkürzten die Stoiker in Abkehr von Platon und Aristoteles die praktische Philosophie notgedrungen auf die Ethik, weil ihr Spielraum aufgrund der Machtverhältnisse eingeschränkt war. Dagegen war die unverkürzte Wiederkehr der praktischen Philosophie mitsamt ihrem methodischen Rüstzeug geradezu ein Gebot der Stunde, als in den Tagen der Französischen Revolution sowie in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Herstellung der Rechtsstaatlichkeit zum essentiellen Thema wurde. Tragende Säulen der philosophischen Begleitung dieses weltgeschichtlichen Geschehens wurden Ethik und Politik und ganz besonders die Ökonomik als Ethik mit anderen Mitteln. Neben Sokrates, Platon und Aristoteles bezieht sich Armin Müller vor allem auf die antiken Denker Zenon, Chrysipp und Cicero sowie auf Hobbes, Kant, Hegel, Joachim Ritter, Günther Bien, Hermann Lübbe und Odo Marquard.