Matthew Lynn beschreibt packend, welche Auswirkungen die Griechenland-Krise auf die gesamte Volkswirtschaft im Euro-Raum, den Euro und vielleicht auf das gesamte globale Finanzsystem hat. Der Rolle Deutschlands widmet er besondere Aufmerksamkeit.
Im Jahr 2001 wurde Griechenlands Antrag auf Aufnahme in die Eurozone akzeptiert, was für das Land dem Eintritt ins Schlaraffenland gleichkam. Aber die Jahre des wirtschaftlichen Wohlstands führten zu hemmungslosen Ausgaben, billigen Krediten und dem Versäumnis, finanzpolitische Reformen einzuleiten, was das Land direkt in die Pleite führte - und ganz Europa in die Finanzkrise.
Der Bloomberg-Marktanalyst Matthew Lynn zeigt, wie es so weit kommen konnte. Seite für Seite liefert er, gleich einem Thriller, eine genaue Rekonstruktion der Griechenland-Krise, von ihrem Ausgang, über ihre Eskalation bis zu den Auswirkungen auf die fragile Weltwirtschaft. Lynn zeigt, wie es passieren konnte, dass diese Krise zum Flächenbrand wurde, und warum die Politiker dafür mindestens genauso viel Verantwortung tragen wie die Spekulanten.
Geschickt vereint Matthew Lynn Elemente aus Politik, Finanzgeschichte und Gesellschaft, um zu erzählen, wie ein Land die Welle des ökonomischen Wohlstands reiten konnte, bis es sie zum Kollabieren brachte. Und er zeigt auf, was noch passieren kann, warum der Euro untergehen wird und warum das Europa, das wir seit 30 Jahren erstreben, nie Wirklichkeit wird.
Provokant, lebendig und unterhaltsam geschrieben, ist dieses Buch ein Muss für jeden, der sich für das aktuelle Weltgeschehen interessiert.
Im Jahr 2001 wurde Griechenlands Antrag auf Aufnahme in die Eurozone akzeptiert, was für das Land dem Eintritt ins Schlaraffenland gleichkam. Aber die Jahre des wirtschaftlichen Wohlstands führten zu hemmungslosen Ausgaben, billigen Krediten und dem Versäumnis, finanzpolitische Reformen einzuleiten, was das Land direkt in die Pleite führte - und ganz Europa in die Finanzkrise.
Der Bloomberg-Marktanalyst Matthew Lynn zeigt, wie es so weit kommen konnte. Seite für Seite liefert er, gleich einem Thriller, eine genaue Rekonstruktion der Griechenland-Krise, von ihrem Ausgang, über ihre Eskalation bis zu den Auswirkungen auf die fragile Weltwirtschaft. Lynn zeigt, wie es passieren konnte, dass diese Krise zum Flächenbrand wurde, und warum die Politiker dafür mindestens genauso viel Verantwortung tragen wie die Spekulanten.
Geschickt vereint Matthew Lynn Elemente aus Politik, Finanzgeschichte und Gesellschaft, um zu erzählen, wie ein Land die Welle des ökonomischen Wohlstands reiten konnte, bis es sie zum Kollabieren brachte. Und er zeigt auf, was noch passieren kann, warum der Euro untergehen wird und warum das Europa, das wir seit 30 Jahren erstreben, nie Wirklichkeit wird.
Provokant, lebendig und unterhaltsam geschrieben, ist dieses Buch ein Muss für jeden, der sich für das aktuelle Weltgeschehen interessiert.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.10.2011Ein Trugbild
des Wohlstands
Als in Griechenland 2001 der Euro die Drachme ablöste, erschien manchen dieser Schritt als „Beginn einer Katastrophe“. Warum nur haben sie es damals nicht laut ausgesprochen? Wieso blieb es bei warnenden Hinweisen? Und aus welchem Grund wurde jahrelang darüber hinweggesehen, was als „Drehbuch“ der griechischen Politik beschrieben wird?
„Eine neue Regierung wird gewählt, sie lässt sich auf ein extravagantes Ausgabenprogramm ein, dann bricht die Wirtschaft zusammen, und danach kommen ein Sparhaushalt und eine Rettung von der EU.“ Diese Kurzformel stammt von dem britischen Finanzanalysten Matthew Lynn (Jahrgang 1962). Er schreibt Wirtschaftskommentare (Bloomberg, Spectator), aber auch Thriller („Death Force“) – eine Begabung, die beim sachkundigen Versuch, die Griechenland-Krise zu erforschen, nützlich ist. Sein lebendiger Stil gleitet allerdings manchmal in flapsige Floskeln ab.
„Pleite“ entspricht dem vor zehn Monaten erschienenen englischen Titel „Bust“. Die Übersetzung ist holprig, und das Buch enthält haarsträubende Fehler wie den, dass nicht Georgios Papadopoulos, sondern der demokratische Politiker Giorgos Papandreou, Großvater des heutigen Ministerpräsidenten, Anführer der Militärdiktatur bis 1974 gewesen sei.
Lynn behauptet, die Euro- und EU-Krise sei nicht erst 2010, sondern „schon lange vorherzusehen“ gewesen. Dafür liefert er verstreute Anhaltspunkte, aber keine schlüssige Beweiskette. Mit der Ausrede, dies bleibe ein „Geheimnis“, drückt er sich um Antworten, warum die Stabilitätspakt-Aufseher in Brüssel seit dem Beitritt Griechenlands zur EuroZone nichts von dem Schwindel und den Manipulationen in Athen bemerkt haben, wieso Kontrollmechanismen der Gemeinschaft permanent versagten und weshalb den Verstößen gegen die Konvergenzkriterien tatenlos zugesehen wurde.
Trotz der Mängel ist das Buch lesenswert. Der enorm kenntnisreiche, aber wegen seiner Bloomberg-Connection nicht unbefangene Autor macht das verschwenderische griechische System durchschaubar und liefert ein minutiöses Protokoll der zahlreichen Rettungsringe, Rettungsanker und Rettungsschirme. Vergleichend beschäftigt sich Lynn mit Irland, Spanien, Portugal und den anderen EU-Ausreißern und erkennt eine Methode: Die Märkte für Staatsanleihen und die Banken seien über unseriöse Praktiken glücklich gewesen, und dies, meint Lynn, „war das Trugbild einer Wirtschaft, die das Trugbild des Wohlstands schuf“. Seine brutale These über den Euro: Die Währung „war letztlich eine riesige Machenschaft, um das Geld aus Mitteleuropa an die Ränder Europas zu schleusen, . . . hatte halb Europa zu Kreditgebern gemacht und die andere Hälfte zu Spekulanten“.
Konsequent kommt er in einem im Sommer 2011 angehängten Schlusskapitel, das in der englischen Urfassung nicht enthalten ist, zu radikalen Schlussfolgerungen und der forschen Prognose: „Die Gemeinschaftswährung wird nicht überleben.“ Spätestens 2013 werde Griechenland von einem „wirtschaftlichen Tsunami“ weggespült und aus der Euro-Zone verschwinden. Dann wäre es Zeit, den Euro in fünf Jahren „abzuwickeln“. Jedes Land werde zu seiner ursprünglichen Währung zurückkehren. Deutschland müsse sich darum keine Sorgen machen, weil die neue Deutsche Mark stärker werde als der Euro. Die politische Wirkung dieses schauerlichen Szenarios: „Die Macht wird wieder auf die Nationen und Regionen übergehen“, die europäische Integration kehrt sich also um. Lynn sieht den Verlauf „schmerzhaft, zerstörerisch, vielleicht sogar gewaltsam“ voraus. Welch eine Pleite.
Helmut Lölhöffel
Matthew Lynn: Pleite. Griechenland, der Euro und die Staatsschuldenkrise. Bloomberg Press/Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 2011. 346 Seiten. 19,90 Euro.
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des Wohlstands
Als in Griechenland 2001 der Euro die Drachme ablöste, erschien manchen dieser Schritt als „Beginn einer Katastrophe“. Warum nur haben sie es damals nicht laut ausgesprochen? Wieso blieb es bei warnenden Hinweisen? Und aus welchem Grund wurde jahrelang darüber hinweggesehen, was als „Drehbuch“ der griechischen Politik beschrieben wird?
„Eine neue Regierung wird gewählt, sie lässt sich auf ein extravagantes Ausgabenprogramm ein, dann bricht die Wirtschaft zusammen, und danach kommen ein Sparhaushalt und eine Rettung von der EU.“ Diese Kurzformel stammt von dem britischen Finanzanalysten Matthew Lynn (Jahrgang 1962). Er schreibt Wirtschaftskommentare (Bloomberg, Spectator), aber auch Thriller („Death Force“) – eine Begabung, die beim sachkundigen Versuch, die Griechenland-Krise zu erforschen, nützlich ist. Sein lebendiger Stil gleitet allerdings manchmal in flapsige Floskeln ab.
„Pleite“ entspricht dem vor zehn Monaten erschienenen englischen Titel „Bust“. Die Übersetzung ist holprig, und das Buch enthält haarsträubende Fehler wie den, dass nicht Georgios Papadopoulos, sondern der demokratische Politiker Giorgos Papandreou, Großvater des heutigen Ministerpräsidenten, Anführer der Militärdiktatur bis 1974 gewesen sei.
Lynn behauptet, die Euro- und EU-Krise sei nicht erst 2010, sondern „schon lange vorherzusehen“ gewesen. Dafür liefert er verstreute Anhaltspunkte, aber keine schlüssige Beweiskette. Mit der Ausrede, dies bleibe ein „Geheimnis“, drückt er sich um Antworten, warum die Stabilitätspakt-Aufseher in Brüssel seit dem Beitritt Griechenlands zur EuroZone nichts von dem Schwindel und den Manipulationen in Athen bemerkt haben, wieso Kontrollmechanismen der Gemeinschaft permanent versagten und weshalb den Verstößen gegen die Konvergenzkriterien tatenlos zugesehen wurde.
Trotz der Mängel ist das Buch lesenswert. Der enorm kenntnisreiche, aber wegen seiner Bloomberg-Connection nicht unbefangene Autor macht das verschwenderische griechische System durchschaubar und liefert ein minutiöses Protokoll der zahlreichen Rettungsringe, Rettungsanker und Rettungsschirme. Vergleichend beschäftigt sich Lynn mit Irland, Spanien, Portugal und den anderen EU-Ausreißern und erkennt eine Methode: Die Märkte für Staatsanleihen und die Banken seien über unseriöse Praktiken glücklich gewesen, und dies, meint Lynn, „war das Trugbild einer Wirtschaft, die das Trugbild des Wohlstands schuf“. Seine brutale These über den Euro: Die Währung „war letztlich eine riesige Machenschaft, um das Geld aus Mitteleuropa an die Ränder Europas zu schleusen, . . . hatte halb Europa zu Kreditgebern gemacht und die andere Hälfte zu Spekulanten“.
Konsequent kommt er in einem im Sommer 2011 angehängten Schlusskapitel, das in der englischen Urfassung nicht enthalten ist, zu radikalen Schlussfolgerungen und der forschen Prognose: „Die Gemeinschaftswährung wird nicht überleben.“ Spätestens 2013 werde Griechenland von einem „wirtschaftlichen Tsunami“ weggespült und aus der Euro-Zone verschwinden. Dann wäre es Zeit, den Euro in fünf Jahren „abzuwickeln“. Jedes Land werde zu seiner ursprünglichen Währung zurückkehren. Deutschland müsse sich darum keine Sorgen machen, weil die neue Deutsche Mark stärker werde als der Euro. Die politische Wirkung dieses schauerlichen Szenarios: „Die Macht wird wieder auf die Nationen und Regionen übergehen“, die europäische Integration kehrt sich also um. Lynn sieht den Verlauf „schmerzhaft, zerstörerisch, vielleicht sogar gewaltsam“ voraus. Welch eine Pleite.
Helmut Lölhöffel
Matthew Lynn: Pleite. Griechenland, der Euro und die Staatsschuldenkrise. Bloomberg Press/Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 2011. 346 Seiten. 19,90 Euro.
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