Die Klöster im Land und ihre Bezüge zur Literatur stehen im Mittelpunkt dieses Lese- und Ausflugsbuches. Anschaulich und mit vielen Zitaten erzählt die Literaturvermittlerin Andrea Hahn von dichtenden Mönchen, schreibenden Schülern und schwärmenden Poeten, die über die Jahrhunderte hinweg in den Abteien, Stiften und Klosterschulen des Landes wirkten.Die Entstehungsgeschichte der besuchten Orte wird ebenfalls ausführlich beschrieben. Alte Stiche, Porträts, Zeichnungen und Dokumente, aber auch die reizvollen aktuellen Fotografien von Chris Korner ergänzen und illustrieren die spannenden Texte. Ein Serviceteil mit Öffnungszeiten und weiteren Informationen rundet den Band ab.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.02.2012Nicht unzugänglich, nicht weltverschlossen
Das Wort "Kloster" stammt aus dem lateinischen "claustrum" und bedeutet "verschlossener Ort". Doch Andrea Hahn, Geschäftsführerin der "Literatur-Spaziergänge Hahn, Kusiek &Laing" in Marbach, zeigt in ihrem kenntnisreichen Kultur- und Wanderführer "Poesie im Kreuzgang", dass die fünfzehn ausgewählten Klöster in Baden-Württemberg weder unzugängliche noch weltflüchtige Niederlassungen sind, sondern seit eh und je offene Begegnungsstätten - besonders für Schriftsteller und Dichter. Der Spaziergang beginnt am Kloster Reichenau auf der größten Insel des Bodensees. Sachlich werden Schönheit und Bedeutung des Klosters im Laufe der Geschichte beschrieben. Eindringlicher und mitfühlender schildert die Autorin, wie Walahfrid Strabo, der bedeutendste Dichter der Karolingerzeit, auf der Reichenau inspiriert worden ist, die "visio Wettini", eine in lateinischen Hexametern verfasste Führung durch die Unterwelt, zu dichten und damit die Jenseitsvorstellungen des Mittelalters wesentlich zu beeinflussen. Liebevoll wird auch aus dem "Hortulus" Walahfrids zitiert und das "Gärtchen" selbst, nach den Angaben des Dichters eingerichtet, im Bild gezeigt. Nach diesem Muster - Geschichte des Klosters, Ort der Poesie - werden unter anderen Weingarten, Hirsau, Blaubeuren, Denkendorf, Lorch, Maulbronn, Stift Neuburg sowie die Klöster in Baden-Baden und Zwiefalten in Wort und Bild charakterisiert. Dreifach ist bei dieser Methode der Gewinn des Lesers: Ohne große Anstrengung frischt er sein geschichtliches Wissen auf, anschaulich werden ihm Landschaft und Baustile vor Augen gestellt, und schließlich ist er eingeladen zu einem Spaziergang durch die deutsche Literaturgeschichte. Wenn dieser Durchgang auch nicht chronologisch dargeboten wird, so kommt es doch, um nur diese zu nennen, zu Begegnungen mit Walther von der Vogelweide, Hildegard von Bingen, Grimmelshausen, Wieland, Goethe, Schiller, vielen Romantikern, Hölderlin, Mörike, Ricarda Huch, Bergengruen, Hesse und schließlich Martin Walser als Autor der erst vor kurzem erschienenen Novelle "Mein Jenseits". Nur eines muss kritisch angemerkt werden. Da der Verlag Buch mit einem Serviceteil ausgestattet hat und es auch als "Ausflugsbuch" verkaufen möchte, hätte eine Landkarte dazugehört.
A.W.
"Poesie im Kreuzgang - Literarische Spaziergänge durch Klöster in Baden-Württemberg" von Andrea Hahn. Silberburg-Verlag, Tübingen und Lahr/Schwarzwald 2011. 232 Seiten, 185 Abbildungen. Gebunden, 22,90 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Wort "Kloster" stammt aus dem lateinischen "claustrum" und bedeutet "verschlossener Ort". Doch Andrea Hahn, Geschäftsführerin der "Literatur-Spaziergänge Hahn, Kusiek &Laing" in Marbach, zeigt in ihrem kenntnisreichen Kultur- und Wanderführer "Poesie im Kreuzgang", dass die fünfzehn ausgewählten Klöster in Baden-Württemberg weder unzugängliche noch weltflüchtige Niederlassungen sind, sondern seit eh und je offene Begegnungsstätten - besonders für Schriftsteller und Dichter. Der Spaziergang beginnt am Kloster Reichenau auf der größten Insel des Bodensees. Sachlich werden Schönheit und Bedeutung des Klosters im Laufe der Geschichte beschrieben. Eindringlicher und mitfühlender schildert die Autorin, wie Walahfrid Strabo, der bedeutendste Dichter der Karolingerzeit, auf der Reichenau inspiriert worden ist, die "visio Wettini", eine in lateinischen Hexametern verfasste Führung durch die Unterwelt, zu dichten und damit die Jenseitsvorstellungen des Mittelalters wesentlich zu beeinflussen. Liebevoll wird auch aus dem "Hortulus" Walahfrids zitiert und das "Gärtchen" selbst, nach den Angaben des Dichters eingerichtet, im Bild gezeigt. Nach diesem Muster - Geschichte des Klosters, Ort der Poesie - werden unter anderen Weingarten, Hirsau, Blaubeuren, Denkendorf, Lorch, Maulbronn, Stift Neuburg sowie die Klöster in Baden-Baden und Zwiefalten in Wort und Bild charakterisiert. Dreifach ist bei dieser Methode der Gewinn des Lesers: Ohne große Anstrengung frischt er sein geschichtliches Wissen auf, anschaulich werden ihm Landschaft und Baustile vor Augen gestellt, und schließlich ist er eingeladen zu einem Spaziergang durch die deutsche Literaturgeschichte. Wenn dieser Durchgang auch nicht chronologisch dargeboten wird, so kommt es doch, um nur diese zu nennen, zu Begegnungen mit Walther von der Vogelweide, Hildegard von Bingen, Grimmelshausen, Wieland, Goethe, Schiller, vielen Romantikern, Hölderlin, Mörike, Ricarda Huch, Bergengruen, Hesse und schließlich Martin Walser als Autor der erst vor kurzem erschienenen Novelle "Mein Jenseits". Nur eines muss kritisch angemerkt werden. Da der Verlag Buch mit einem Serviceteil ausgestattet hat und es auch als "Ausflugsbuch" verkaufen möchte, hätte eine Landkarte dazugehört.
A.W.
"Poesie im Kreuzgang - Literarische Spaziergänge durch Klöster in Baden-Württemberg" von Andrea Hahn. Silberburg-Verlag, Tübingen und Lahr/Schwarzwald 2011. 232 Seiten, 185 Abbildungen. Gebunden, 22,90 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main