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Hat der Schmerz eine Geschichte? Ja, er hat. Dies zeigt das Buch anhand der Verhandlungen des Schmerzes in literarischen Texten sowie in medizinischen Abhandlungen. Im 18. Jahrhundert kommt es zu einer Serie aufeinander bezogener historischer Umstellungen im Wissen vom Schmerz. In der ersten Jahrhunderthälfte erscheint der Schmerz schlicht als Indikator eines äußerlichen Angriffs auf den intakten Bau der Körpermaschine; in der zweiten Jahrhunderthälfte hingegen wird er in die physiologischen Prozesse integriert: Das menschliche Leben behauptet sich seither nicht nur gegen den Schmerz; der…mehr

Produktbeschreibung
Hat der Schmerz eine Geschichte? Ja, er hat. Dies zeigt das Buch anhand der Verhandlungen des Schmerzes in literarischen Texten sowie in medizinischen Abhandlungen. Im 18. Jahrhundert kommt es zu einer Serie aufeinander bezogener historischer Umstellungen im Wissen vom Schmerz. In der ersten Jahrhunderthälfte erscheint der Schmerz schlicht als Indikator eines äußerlichen Angriffs auf den intakten Bau der Körpermaschine; in der zweiten Jahrhunderthälfte hingegen wird er in die physiologischen Prozesse integriert: Das menschliche Leben behauptet sich seither nicht nur gegen den Schmerz; der Schmerz selbst wird vielmehr originärer Quellpunkt allen Lebens und produktive Grundlage aller menschlichen Kultur. Zugleich vollzieht sich in dieser Zeit eine Verunsicherung der Schmerzenszeichen, vor allem dort, wo der Schmerz zum Gegenstand experimenteller Anordnungen gemacht wird.
Autorenporträt
PD Dr. Roland Borgards, geb. 1968, ist Privatdozent für Neuere Deutsche Literaturgeschichte und für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Gießen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.06.2008

KURZKRITIK
Der Schmerz des Prometheus
Am Quellpunkt: Eine Studie über Literatur und Physiologie
„Hast Du die Schmerzen gelindert?” Mit der Frage, die Prometheus in Goethes gleichnamigem Gedicht (1774) an Zeus richtet, ist das Schicksal der Götter beschlossen. Sie sind entbehrlich als Beschützer vor dem Schmerz wie als sein Grund. Der Mensch macht den Schmerz zu seiner eigenen Sache und erlangt dadurch Autonomie.
In der Studie des Germanisten Roland Borgards zur Poetik des Schmerzes vertritt Goethes Ode eine zentrale Position. Sie steht für die anthropologische Aufwertung des Schmerzes im 18. Jahrhundert, die Borgards wissensgeschichtlich entfaltet und kulturtheoretisch systematisiert. In dem Maße, wie der Schmerz in Literatur und Medizin nicht mehr als bloße Störung oder Strafe Gottes aufgefasst wird, stellt sich die Frage, was die körperlichen Zeichen des Schmerzes bedeuten.
In einer bahnbrechenden Lektüre von Lessings „Miß Sara Sampson” werden die Grenzen verlässlicher Repräsentation ausgelotet und es tritt, jenseits des eindeutigen Ausdrucks, die „Fiktionslogik” des Schmerzes hervor. Die Sprache der Literatur und die Beobachtung im wissenschaftlichen Experiment zeigen laut Borgards auf unterschiedliche Weise ein und dasselbe: „Es gibt keinen Zugriff auf den Schmerz jenseits der kulturellen Rahmenbedingungen, innerhalb derer er empfunden, artikuliert, interpretiert und behandelt wird.”
Der Schmerz ist die Bedingung der Möglichkeit von Kultur und kann doch nur kulturell erfahren werden. Neben den brillanten Einzelanalysen zu einer Vielzahl literarischer Schlüsseltexte ist der methodische Gewinn hervorzuheben, der aus dieser Poetologie des Wissens folgt. Literatur gilt ihr nicht nur als Mittel der Darstellung des kulturtheoretischen Zusammenhangs. Sie erscheint als produktives Element, das selbst Wissen schafft. THOMAS WEITIN
ROLAND BORGARDS: Poetik des Schmerzes. Physiologie und Literatur von Brockes bis Büchner. Wilhelm Fink Verlag, München 2007. 501 S., 59 Euro.
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