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Dieser Band notiert die Begegnungen zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, deren Orte, Wien und Paris, korrespondierende Motive, das Motiv der Flaschenpost, die Metaphorik ihrer Lyrik, die beiden Büchnerpreisreden, den Traum als Medium historischer Erkenntnis, die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus, aber auch den unterschiedlichen Bezug auf Denktraditionen, auf Georg Büchner, auf Walter Benjamin oder Martin Heidegger.

Produktbeschreibung
Dieser Band notiert die Begegnungen zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, deren Orte, Wien und Paris, korrespondierende Motive, das Motiv der Flaschenpost, die Metaphorik ihrer Lyrik, die beiden Büchnerpreisreden, den Traum als Medium historischer Erkenntnis, die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus, aber auch den unterschiedlichen Bezug auf Denktraditionen, auf Georg Büchner, auf Walter Benjamin oder Martin Heidegger.
Autorenporträt
Weigel, SigridSigrid Weigel ist Professorin am Institut für Literaturwissenschaft der Technischen Universität Berlin und Direktorin des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.07.1997

Hinter der Tür
Was Paul Celan und Ingeborg Bachmann voneinander wußten

Vierzehn gelehrte Beiträger äußern sich in diesem Buch über die Beziehungen zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan. Doch bevor sie noch zu Wort kommen, redet das Foto, das den Schutzumschlag schmückt. Es zeigt die beiden Dichter, am Mittags- oder Abendtisch sitzend, während der Tagung der "Gruppe 47" in Niendorf 1952. Celan, die Zigarette in der linken Hand, scheint zu sprechen. Ingeborg Bachmann, rührende Jugendlichkeit ausstrahlend, scheint zu lauschen. Sie schaut ihn an, ernst und irgendwie hingegeben. Er blickt an ihr vorbei ins Nirgendwo.

Von Glück kündet der Schnappschuß nicht. Freilich wissen wir bis jetzt auch nicht mit Sicherheit, ob die beiden Dichter dies voneinander erwartet haben. In der Einleitung zum Buch betonen die Herausgeber, Sigrid Weigel und Bernhard Böschenstein, "daß der umfangreiche Briefwechsel zwischen beiden Autoren in den gesperrten Nachlässen verschlossen liegt", also keine private Äußerung zum privaten Verhältnis verfügbar ist. Offenkundig jedoch halten die Editoren eine über die Lyrik hinausgehende Verbindung Celans und Bachmanns für möglich, wenn nicht sogar für wahrscheinlich. Wenn dies so war, dann hat der Fotograf des Umschlagbildes einen Moment des traurigen Verzichts festgehalten: die Frau neben dem Mann, der in jenem Tagungsjahr gerade eine andere geheiratet hat.

Von solchen Spekulationen freilich mögen Weigel und Böschenstein nichts wissen. Sie deuten die Unzulänglichkeit der Briefquellen als Vorteil, weil unter diesen Umständen die biographische Neugier im Zaum gehalten und nur die literaturwissenschaftliche Methodologie herausgefordert werde. Der vierzehnstimmige literaturwissenschaftliche Eifer in diesem Buch scheint ihnen recht zu geben. Allerdings beweist er nicht, daß die Beiträger böse gewesen wären, hätten sie bei ihren Recherchen nach den mannigfachen Korrespondenzen zwischen den Dichtern bisweilen durch die verschlossene Tür schauen dürfen. Selbst die Herausgeber raunen ja, um die Provokation wie immer gearteter Wißbegier zu kennzeichnen, von jener Formel, die Celan 1960 in seiner Büchner-Preis-Rede gebrauchte: "Geheimnis der Begegnung".

In den Arbeiten des Bandes geht es also um den Einfluß, den Bachmann und Celan wechselseitig auf ihre Lyrik ausübten, um das Aufgreifen von Motiven des jeweils anderen, um metaphorische Koinzidenzen besonders am Beginn ihrer Beziehung und Differenzen in deren Spätzeit. Der Fülle literaturwissenschaftlicher Exkurse steht eine auffallende Sparsamkeit im Zitieren gegenüber. Bei den meisten Aufsätzen muß man, um recht zu verstehen, die betreffenden Gedichtbände daneben liegen haben. Dazu kommt die Diktion, deren sich die Wissenschaftler befleißigen. Gewiß, Literaturhistoriker schreiben über Kunst, sie schaffen keine. Aber so groß müßte die Entfernung zwischen ihnen und ihrem Gegenstand auch nicht sein, daß sie ihre Erkenntnis vom Geröll nicht enden wollender Sätze begraben lassen.

Sollte manche ihrer Lehren dem Leser verschüttet bleiben, so kann er aus dem Band anderen Gewinn ziehen. Einige Beiträge bieten nämlich eine interessante Gesamtschau auf die geistig-politische Landschaft und die literarischen Strömungen jener Zeit, sozusagen Protokolle deutschen Nachkriegslebens in der frühen Bundesrepublik. Erwähnt sei hier vor allem der Aufsatz von Klaus Briegleb über die Beziehungen zwischen Bachmann und Celan einerseits und der "Gruppe 47" andererseits, betreffend die Jahre 1952 bis 1964/65. Die Konflikte, die vornehmlich Celan mit einigen Gruppenvertretern ausfocht, die Natur und der Ursprung dieser Konflikte sind in Archiven, aber kaum im Gedächtnis der Heutigen aufgehoben. Um so stärker wirkt die Emphase, mit der Briegleb als Verteidiger Celans auftritt, sein feuriger Einsatz für den Überlebenden mörderischer Vergangenheit und gegen diejenigen, die er als Celans Verdränger begreift. Auch wer sich nicht an alte Zeitungslektüre zu erinnern vermag, fühlt sich hineingezogen in das Stück Geschichte, das vergangen, aber, als Vorgeschichte zur Gegenwart, nicht vorbei ist. SABINE BRANDT

Bernhard Böschenstein und Sigrid Weigel (Hrsg.): "Ingeborg Bachmann und Paul Celan". Poetische Korrespondenzen. Vierzehn Beiträge. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997. 269 Seiten, geb., 42,- DM.

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