»Poison Artist ist eine elektrisierende Lektüre, die sich von Schock zu Schock steigert. Ich habe die letzten 100 Seiten in einem Rutsch gelesen. Das letzte Kapitel ist ein absoluter Knaller. Ich habe seit Roter Drache nichts so Furchterregendes mehr gelesen.« Stephen King
Der brillante Toxikologe Caleb Maddox lernt in einer Bar die verführerische Emmeline kennen. Sie flüstert ihm beim Absinth etwas zu, bekommt sein Blut an ihre Finger und streift dann zum Abschied mit ihren Lippen sein Ohr. Er muss sie wiedersehen ... Auf der Suche nach ihr wird Caleb von der Gerichtsmedizin San Francisco um seine Expertise gebeten, denn aus der Bay werden immer mehr Männer geborgen, die unter unbeschreiblichen Schmerzen gestorben sein müssen. Die Suche nach dem Mörder verschränkt sich bald mit Calebs Jagd nach Emmeline, und je näher er beiden kommt, desto gefährlicher wird es für ihn ...
Der brillante Toxikologe Caleb Maddox lernt in einer Bar die verführerische Emmeline kennen. Sie flüstert ihm beim Absinth etwas zu, bekommt sein Blut an ihre Finger und streift dann zum Abschied mit ihren Lippen sein Ohr. Er muss sie wiedersehen ... Auf der Suche nach ihr wird Caleb von der Gerichtsmedizin San Francisco um seine Expertise gebeten, denn aus der Bay werden immer mehr Männer geborgen, die unter unbeschreiblichen Schmerzen gestorben sein müssen. Die Suche nach dem Mörder verschränkt sich bald mit Calebs Jagd nach Emmeline, und je näher er beiden kommt, desto gefährlicher wird es für ihn ...
»Ein Kriminalroman von seltener atmosphärischer Dichte und mysteriöser Geschehnisse.« Gerhard Moser ORF 20230116
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.07.2022Das Maximum an Schmerzen
Jonathan Moore lässt eine Femme fatale auf einen Toxikologen los. Der wiederum soll eigentlich bei der Aufklärung einer Mordserie helfen, befasst sich aber lieber mit guter Küche.
Los geht's stumpf und gut und krimitypisch. Caleb steht im Hotel vorm Spiegel, begutachtet die Wunde an seiner Stirn, zieht ein paar Glassplitter aus der Haut und blutet das Waschbecken voll. Schuld an der Blessur trägt seine Freundin, die sich bei einem Streit nur noch zu helfen wusste, indem sie ein Whiskeyglas als Wurfgeschoss einsetzte. Sodann folgt eine Rückschau in die gemeinsame Geschichte des Pärchens, und schon wieder spielt ein Schnitt, diesmal an ihrem Fuß, eine wesentliche Rolle. Als Nächstes schleppt sich Caleb in eine Kneipe, um dort erst einmal in Ruhe Whiskey zu trinken. Der Leser lernt also: In Jonathan Moores Thriller "Poison Artist" begegnen sich sogar Liebende mit unbarmherziger Härte, die Handlung spielt sich im Bereich menschlicher, allzumenschlicher Scharmützel ab, und alles scheint mit allem in Schwingung zu stehen: Frust, Verletzungen, Alkohol.
Das ist auch in dem Moment noch korrekt, da sich der Plot verdichtet: In der Bucht von San Francisco werden immer wieder die Leichen gut situierter Männer gefunden, deren entscheidende Gemeinsamkeit der Leidensweg ist. Caleb, von Beruf Toxikologe und Schmerzforscher, ermittelt für seinen Kumpel Henry, der als Gerichtsmediziner arbeitet, dass die Toten nicht nur vollkommen betrunken waren, sondern auch mit dem Muskelrelaxans Vecuronium und dem Nervengift Thujon vollgepumpt wurden. "Ich habe alles analysiert, was sein Hormonsystem in den letzten drei Stunden seines Lebens ausgestoßen hat", sagt Caleb, "die Werte sind völlig außer Rand und Band. Vor seinem Tod hat er das Maximum an Schmerzen durchgemacht, die ein Mensch ertragen kann. Drei Stunden lang, mindestens. Totales, unerträgliches Leiden."
Seltsam an der Sache ist, dass eines der Opfer zuletzt in jener Bar gesehen wurde, in der sich Caleb den Drink nach der Eskalation mit seiner Freundin genehmigte. Noch seltsamer ist, dass sein Institut um Zuschüsse kämpft, damit er die Forschung darüber, wie sich Schmerz messen lässt, zu Ende bringen kann. Am seltsamsten allerdings ist diese Femme fatale, die plötzlich auftaucht, sich fortan bei den unpassendsten Gelegenheiten ans und ins Geschehen schmiegt, nach einem "dunklen Parfüm" duftet, am liebsten Absinth trinkt, auf den Namen Emmeline hört, den Eindruck macht, "als wäre sie aus einem Stummfilm herausgetreten" - und Caleb um den Verstand bringt. Damit auch die langsamen Leser verstehen, dass die Story immer dann, wenn sie die Szene betritt, Richtung Noir abbiegt, hat der Autor das Wort "Schatten" fast fünfzigmal im Roman untergebracht.
Emmeline ist das Kraftzentrum des zweiten Handlungsstrangs, der laufend die realistisch erzählten und insgesamt gelungenen Passagen auskontert. Die phantasmagorischen Episoden mit ihr markieren zugleich eine Umkehr des Zeitflusses. Sie fährt einen Invicta, hat eine rückwärts laufende Uhr in ihrer Kemenate und lässt sich von Caleb, der sonst mit modernster Technik hantiert, ein Gericht in alten Kupfertöpfen zubereiten: gegrillte Austern, dazu Prosecco, anschließend in der Pfanne sautierte Jakobsmuscheln mit Wildpilzen, danach Trüffelrisotto und zum Nachtisch gekühlte Himbeeren mit dunkler Schokolade. Obwohl bekannt ist, dass jeder Krimiplot Gefahr läuft, sich selbst zu verdauen, sobald die Kulinarik als Indikator kultureller Verfeinerungsstufen herhalten muss, lässt uns Moore sogar noch beim Schnippeln von Möhren und Sellerie zuschauen.
Das große Fressen und die Referenz "Noir" sind deswegen problematisch, weil sie über weite Strecken vor allem der Form des Thrillers eine Oberflächenpolitur verpassen, ohne sich mit dem Inhalt zu verbinden. Bei Emmeline handelt es sich gerade nicht um eine fein modellierte Figur, sondern um ein Abziehbild: blasse Haut, dunkle Haare, Satinkleid, hingehauchtes Gerede. Jonathan Moore, der übrigens Anwalt ist, als Englischlehrer und Wildwasser-Rafting-Führer gearbeitet hat und Taiwans erstes mexikanisches Restaurant besaß, will eine packende Stimmung heraufbeschwören, indem er Klischees und Regenwolken in den Text streut. Je länger die Lektüre dauert, desto deutlicher wird jedoch, dass die Geschichte unter den damit evozierten, oft unfreiwillig komischen Bildern ziemlich ächzt. Hätte Moore sein Faible für die "Schwarze Serie" hintangestellt, ihm wäre ein lesenswerter Krimi gelungen. KAI SPANKE
Jonathan Moore: "Poison Artist". Thriller.
Aus dem Englischen von Stefan Lux. Suhrkamp Verlag, Berlin 2022. 352 S., br., 16,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Jonathan Moore lässt eine Femme fatale auf einen Toxikologen los. Der wiederum soll eigentlich bei der Aufklärung einer Mordserie helfen, befasst sich aber lieber mit guter Küche.
Los geht's stumpf und gut und krimitypisch. Caleb steht im Hotel vorm Spiegel, begutachtet die Wunde an seiner Stirn, zieht ein paar Glassplitter aus der Haut und blutet das Waschbecken voll. Schuld an der Blessur trägt seine Freundin, die sich bei einem Streit nur noch zu helfen wusste, indem sie ein Whiskeyglas als Wurfgeschoss einsetzte. Sodann folgt eine Rückschau in die gemeinsame Geschichte des Pärchens, und schon wieder spielt ein Schnitt, diesmal an ihrem Fuß, eine wesentliche Rolle. Als Nächstes schleppt sich Caleb in eine Kneipe, um dort erst einmal in Ruhe Whiskey zu trinken. Der Leser lernt also: In Jonathan Moores Thriller "Poison Artist" begegnen sich sogar Liebende mit unbarmherziger Härte, die Handlung spielt sich im Bereich menschlicher, allzumenschlicher Scharmützel ab, und alles scheint mit allem in Schwingung zu stehen: Frust, Verletzungen, Alkohol.
Das ist auch in dem Moment noch korrekt, da sich der Plot verdichtet: In der Bucht von San Francisco werden immer wieder die Leichen gut situierter Männer gefunden, deren entscheidende Gemeinsamkeit der Leidensweg ist. Caleb, von Beruf Toxikologe und Schmerzforscher, ermittelt für seinen Kumpel Henry, der als Gerichtsmediziner arbeitet, dass die Toten nicht nur vollkommen betrunken waren, sondern auch mit dem Muskelrelaxans Vecuronium und dem Nervengift Thujon vollgepumpt wurden. "Ich habe alles analysiert, was sein Hormonsystem in den letzten drei Stunden seines Lebens ausgestoßen hat", sagt Caleb, "die Werte sind völlig außer Rand und Band. Vor seinem Tod hat er das Maximum an Schmerzen durchgemacht, die ein Mensch ertragen kann. Drei Stunden lang, mindestens. Totales, unerträgliches Leiden."
Seltsam an der Sache ist, dass eines der Opfer zuletzt in jener Bar gesehen wurde, in der sich Caleb den Drink nach der Eskalation mit seiner Freundin genehmigte. Noch seltsamer ist, dass sein Institut um Zuschüsse kämpft, damit er die Forschung darüber, wie sich Schmerz messen lässt, zu Ende bringen kann. Am seltsamsten allerdings ist diese Femme fatale, die plötzlich auftaucht, sich fortan bei den unpassendsten Gelegenheiten ans und ins Geschehen schmiegt, nach einem "dunklen Parfüm" duftet, am liebsten Absinth trinkt, auf den Namen Emmeline hört, den Eindruck macht, "als wäre sie aus einem Stummfilm herausgetreten" - und Caleb um den Verstand bringt. Damit auch die langsamen Leser verstehen, dass die Story immer dann, wenn sie die Szene betritt, Richtung Noir abbiegt, hat der Autor das Wort "Schatten" fast fünfzigmal im Roman untergebracht.
Emmeline ist das Kraftzentrum des zweiten Handlungsstrangs, der laufend die realistisch erzählten und insgesamt gelungenen Passagen auskontert. Die phantasmagorischen Episoden mit ihr markieren zugleich eine Umkehr des Zeitflusses. Sie fährt einen Invicta, hat eine rückwärts laufende Uhr in ihrer Kemenate und lässt sich von Caleb, der sonst mit modernster Technik hantiert, ein Gericht in alten Kupfertöpfen zubereiten: gegrillte Austern, dazu Prosecco, anschließend in der Pfanne sautierte Jakobsmuscheln mit Wildpilzen, danach Trüffelrisotto und zum Nachtisch gekühlte Himbeeren mit dunkler Schokolade. Obwohl bekannt ist, dass jeder Krimiplot Gefahr läuft, sich selbst zu verdauen, sobald die Kulinarik als Indikator kultureller Verfeinerungsstufen herhalten muss, lässt uns Moore sogar noch beim Schnippeln von Möhren und Sellerie zuschauen.
Das große Fressen und die Referenz "Noir" sind deswegen problematisch, weil sie über weite Strecken vor allem der Form des Thrillers eine Oberflächenpolitur verpassen, ohne sich mit dem Inhalt zu verbinden. Bei Emmeline handelt es sich gerade nicht um eine fein modellierte Figur, sondern um ein Abziehbild: blasse Haut, dunkle Haare, Satinkleid, hingehauchtes Gerede. Jonathan Moore, der übrigens Anwalt ist, als Englischlehrer und Wildwasser-Rafting-Führer gearbeitet hat und Taiwans erstes mexikanisches Restaurant besaß, will eine packende Stimmung heraufbeschwören, indem er Klischees und Regenwolken in den Text streut. Je länger die Lektüre dauert, desto deutlicher wird jedoch, dass die Geschichte unter den damit evozierten, oft unfreiwillig komischen Bildern ziemlich ächzt. Hätte Moore sein Faible für die "Schwarze Serie" hintangestellt, ihm wäre ein lesenswerter Krimi gelungen. KAI SPANKE
Jonathan Moore: "Poison Artist". Thriller.
Aus dem Englischen von Stefan Lux. Suhrkamp Verlag, Berlin 2022. 352 S., br., 16,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Historisch anmutende Atmosphäre statt "Gewaltpornografie": Das ist für Katharina Granzin zentral bei der Lektüre von Jonathan Moores "Poison Artist." Ein Serienkiller flößt seinen Opfern kurz vor ihrem Exitus schmerzerzeugende Mittel ein, wie der Chemiker Caleb, selbst nicht frei von problematischem Substanz-Konsum, feststellt. Der Protagonist wisse bei diesen Fällen nicht so recht, woran er ist, erfahren wir von der Rezensentin, die zudem die Frage stellt, ob Calebs geheimnisvolle Affäre Emmeline nicht auch in dieses Rätsel verwickelt sein könnte. Was der Roman an übermäßiger Konstruiertheit aufweise, werde durch die Atmosphäre wettgemacht, verrät Granzin und empfiehlt die neblige San Francisco-Geschichte.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH