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Friedrich Pokorny hat das gnadenlose Talent zum Entertainer. Sein Inneres ist durch einen Schutzwall aus Witzen gegen alle Zumutungen des Lebens geschützt. Nahezu täglich steht er als Entertainer auf der Bühne und verdient bei dem Kampf gegen seine selbstgewählte Einsamkeit auch noch gutes Geld. Ein Brief aus der Vergangenheit reißt die schützenden Dämme ein. Thomas Zacher, Pokornys Freund aus Schul- und Jugendjahren, ist wieder in der Stadt und lädt zum Abendessen ein. Pokorny wird überschwemmt von schmerzhaften Erinnerungen, die vor allem um Ellen kreisen. Sie war die große, die einzige…mehr

Produktbeschreibung
Friedrich Pokorny hat das gnadenlose Talent zum Entertainer. Sein Inneres ist durch einen Schutzwall aus Witzen gegen alle Zumutungen des Lebens geschützt. Nahezu täglich steht er als Entertainer auf der Bühne und verdient bei dem Kampf gegen seine selbstgewählte Einsamkeit auch noch gutes Geld. Ein Brief aus der Vergangenheit reißt die schützenden Dämme ein. Thomas Zacher, Pokornys Freund aus Schul- und Jugendjahren, ist wieder in der Stadt und lädt zum Abendessen ein. Pokorny wird überschwemmt von schmerzhaften Erinnerungen, die vor allem um Ellen kreisen. Sie war die große, die einzige Liebe von Pokorny und Zacher, bis über den Tag hinaus, an dem die beiden sie in den Tod trieben.
Frank Goosen gelingt es, in dieser intimen Geschichte hinter die glatte Fassade einer Freundschaft zu blicken, die, schwankend zwischen Rivalität und Treue, das ganze Leben der beiden Freunde bestimmt. Mit genauem Gespür für ernste und erheiternde Zwischentöne zeichnet Frank Goosen wie nebenbei das Porträt eines Mannes, der sich vor dem Ernst des Lebens in die Spaßgesellschaft geflüchtet haben.
Autorenporträt
Frank Goosen, geboren 1966 in Bochum, hat sich Ruhm und Ehre als eine Hälfte des Kabarett-Duos "Tresenlesen" erworben. 2003 erhielt Frank Goosen den Literaturpreis" Ruhrgebiet". Mit seinen Kabarettprogrammen tourt er regelmäßig durch Deutschland. Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern wohnt er in Bochum.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2003

Wenn der Pointenlaster rollt
Schreiben lernen: Frank Goosen will die Welt nicht ändern

Der Kabarettist Frank Goosen gilt manchem als Bochumer Antwort auf den englischen Bestsellerautor Nick Hornby. Denn auch der sechsunddreißigjährige Goosen schreibt über eine verbreitete Verweigerungshaltung seiner Generation: die Weigerung, erwachsen zu werden. Deshalb pflegen seine Helden genauso wie Hornbys Figuren noch im fortgeschrittenen Alter pubertäre Riten: Sie horten Platten, schwärmen für schnelle Autos und trumpfen bei Kumpels gern mit Frauengeschichten auf. Doch während beim englischen Gründungsvater der Popliteratur die männliche Leidenschaft für Musik und Fußball ihre eigene Dynamik entwickelt, bleiben die Embleme bei Goosen nur Folie. Sein Thema ist konventionellerer Art und biographisch motiviert - Goosen beschreibt das Aufwachsen als Kleinbürger im Ruhrgebiet, das er selbst einst erlebt hat.

Oder eher durchlitten: "Die Achtziger", stellte er schon in seinem Debütroman "liegen lernen" fest, "waren vor allem um die Mitte herum und gegen Ende finster, und die Sommer waren schlecht." Eigentlich eine vernichtende Diagnose, die den Autor aber nicht davon abgehalten hat, nun, drei Jahre später, erneut ein Buch zu präsentieren, in dem er seine Jugend aufbereitet hat. Angesichts des immensen Erfolges, den Goosen mit seinem Debüt erzielt hat, war die Versuchung wohl zu groß. Tatsächlich wirkt "Pokorny lacht" nicht nur stellenweise wie ein Abklatsch seines Vorgängers.

Diesmal allerdings geht es gleich um zwei Männer, deren Biographien parallelgeschaltet werden. Friedrich Pokorny und Thomas Zacher freunden sich schon in Grundschultagen an. Ein Paar, so unterschiedlich und unverbrüchlich wie Starsky & Hutch, wie Hermann Josef Matula und Dr. Renz. Thomas ist schlau, Friedrich dafür witzig. Thomas hat keinen Vater, Friedrich dafür keine Mutter. Thomas macht als Akademiker Karriere, Friedrich geht als Komiker seinen Weg. So ist alles hübsch aufgeteilt in Goosens Kumpelkosmos. Und natürlich sind beide Jungs als waschechte Ruhrpöttler streng proletarischer Herkunft. Thomas' Mutter säuft. Friedrichs Vater hat immerhin einen Schrottplatz, inklusive eines rosaroten Cadillacs. Ein "Käddi", wie Goosen umgangssprachlich betont. Hier, auf der Rückbank, schwören sich die Freunde Treue, feiern ihr bestandenes Abitur und verbringen erste Schäferstündchen. Denn der rosarote Käddi steht für die rosarote Wolke in ihrer kleinen Welt.

Leider erstarren Motive und Figuren bei Goosen nicht nur an dieser Stelle zur Karikatur. Auch der alte Lateinlehrer brüllt im Stil eines Asterix-Comics seinen Schülern ständig "Salve!" entgegen. Linke Studentenvertreter lallen ebenso stereotyp "Antiamerikanismus", und windige Showagenten bugsieren in der einen Hand stets neue Freundinnen, während sie in der anderen ein Glas Champagner halten. Teilweise hat Goosen zudem auch noch ganze Passagen von "liegen lernen" neu aufgewärmt. So taucht in beiden Büchern ein Mädchen in einem Schottenrock auf, "der scheinbar nur durch eine riesige Sicherheitsnadel an der Seite zusammengehalten wurde". In beiden Büchern ist von einem langhaarigen Kiffer die Rede, der plakativ "Stoney" heißt. Der Hauptheld studiert wiederum wie sein Schöpfer Geisteswissenschaften, und auch die Frau, in die er sich unglücklich verliebt, kommt bei ihrem ersten Auftritt abermals zu spät.

Was möglicherweise als Zitat gemeint ist, wirkt tatsächlich wie ein zweiter Aufguß. Und auch beim Stil geht Goosen keine Experimente ein. Wie schon das alte gleicht das neue Buch eher einem Stammtischgespräch als einem Roman. Kurze Hauptsätze, kaum Nebensätze, viel wörtliche Rede, keine Fremdwörter. Dafür jede Menge Fäkalausdrücke und Zoten. "Nicht charmant, aber ehrlich!" - diese Devise, mit der sich Bewohner des Ruhrgebiets gern selbst charakterisieren, scheint Goosens Schreibmotto zu sein. Nur daß der Autor "Ehrlichkeit" bevorzugt mit "Derbheit" übersetzt. Frauen haben bei ihm keinen Busen, sondern "Titten". Vieles im Leben läuft nicht einfach schief, sondern gleich "scheiße". Deshalb ist Friedrich eben auch kein Typ, sondern ein "Arsch".

Nichts scheint der Autor mehr zu fürchten, als in den Ruch literarischer Abgehobenheit zu geraten. Sein Hang zum Straßenjargon aber macht seine Figuren auch nicht rotziger. Genau betrachtet, entpuppen sich Thomas und Friedrich nämlich als höchst biedere Durchschnittsexistenzen. Thomas ist ein Schulstreber, der artig Jurist wird. Friedrich bricht zwar einigermaßen rebellisch sein Studium ab, um dafür aber hinterher ebenso artig Witzchen über defekte Münzkopierer zu erzählen oder über alte Leute im öffentlichen Nahverkehr. Er sei "Dienstleister, kein Missionar", erklärt er einmal und fügt hinzu: "Ich will nicht die Welt verändern." Schließlich hat sein Agent ihm frühzeitig eingebleut, daß "die Leute von Politik mittlerweile komplett die Nase voll" haben.

So plätschert Goosens Geschichte zweier angepaßter Normalos dahin, bis sie ein Ereignis sprengt, das in seiner Symbolkraft an die Dramatik griechischer Tragödien heranreicht. Denn wie viele Männerfreundschaften gerät auch die von Thomas und Friedrich in die Krise, als sich beide in dieselbe Frau verlieben. In der zentralen Szene steht die Geliebte zwischen den Konkurrenten - und wird bedeutungsschwanger von einem Laster "überrollt". Von da an bestimmt die Kategorie einer "Schuld" die Handlung, was Goosens Plot des gepflegten Mittelmaßes schlicht überfordert. Denn Schuld braucht eine Falltiefe, die den standardisierten Schicksalen seiner spätpubertären Maulhelden fehlt.

Da hilft es auch nicht, daß es Friedrich gelingt, die halb so alte Adoptivtochter von Thomas ins Bett kriegen, weil die seiner verstorbenen Liebe ähnlich sieht. Das wirkt bestenfalls skurril. Und spätestens dann beschleicht einen beim Autor dasselbe mulmige Gefühl, das Frauen im Buch mitunter auch Friedrich gegenüber hegen: Er macht "aus allem einen Witz".

Nur selten gerät ihm die Schilderung dabei nicht zum Klischee. Etwa, wenn es beim peinlichen Abiturauftritt von Thomas' betrunkener Mutter plötzlich ernst wird, oder beim zynischen Gespräch unter Komikerkollegen. Das sind eindringliche Momente, in denen es unverhofft spannend wird. Friedrich, so ahnt man, ist vielleicht gar nicht so lustig, wie er immer tut - und Thomas gar nicht so lebensschlau. Doch dieser Verdacht geht im Schnoddersound von Goosens Pointenprosa sofort wieder unter.

GISA FUNCK

Frank Goosen: "Pokorny lacht". Roman. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2003. 223 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Tingelnder Komiker
1966 im Ruhrgebiet geboren, tingelte Frank Goosen jahrelang als Komiker durch Deutschland. Sein Debütroman Liegen lernen war ein großer Erfolg bei Kritik und Publikum und wird derzeit verfilmt. In Pokorny lacht steht eine Person im Vordergrund, dessen Leben er deshalb so gut zu schildern weiß, weil er es bestens kennt: Das Leben eines tingelnden Komikers.
Pokory weint
Nur traurige Leute können einen zum Lachen bringen. Wer kennt sie nicht, die Harlekin-Bilder, die eine Zeit lang (waren es die 80iger?) unerlässliche Ausstattungsstücke aller Mädchenzimmer waren? Der Clown, der weint. Und so geht es Friedrich Pokorny. Seit seiner Kindheit bringt er die Leute in seiner Umgebung zum Lachen. Bereits zu Schulzeiten dachte er sich für den Unterreicht lustige und freche Bemerkungen aus, die ihn in den Ruf des spontan-witzigen Sohn vom "Klüngelskerl", dem örtlichen Schrotthändler, brachten. Sein einziger Freund ist Thomas Zacher, der Sohn von "Asozialen", wie Friedrichs Vater sagt. Thomas aber ist in allen Dingen der Beste, in der Schule sowieso, aber auch bei den Mädchen hat er die größeren Erfolge - bildet sich Friedrich ein. Und in diesem Konkurrenzverhältnis liegt Friedrichs Traurigkeit, die ihn schließlich auch beruflich zum Komiker machte. Dabei übersieht er, dass er seine eigenen Gewinnzonen hat. Er ist menschlicher, er ist nicht krankhaft ehrgeizig wie Thomas, der eine große Karriere machen wird. Und - sein Vater hat einen wunderbaren Cadillac. Dieser Cadillac (der übrigens nie gefahren wird) ist für beide ein Symbol der Kindheit, ein Symbol für Glück, und für Friedrich ein Symbol der Überlegenheit über Thomas, denn er hat den Schlüssel dafür. So ist es auch kein Wunder, dass eine der surrealistisch anmutenden Liebesnächte, die Friedrich mit der Freundin seines Freundes verbringt, in diesem Auto stattfindet. Mehr sei nicht verraten. Es geht in diesem ungewöhnlichen und sehr empfehlenswerten Buch um Freundschaft, Liebe, Eifersucht, Leidenschaft, Tod und Hass. Am Ende findet Pokorny wieder zu sich selbst und sein Agent kündigt nach einer einjährigen Spielpause eine Show an unter dem Namen "Pokorny lacht". Man weiß nicht, ob das der Beginn einer neuen Karriere oder das Ende seines Seins als Komiker sein wird.
Verpackungsschwindel
Selbstverständlich spielt der Cadillac eine wichtige Rolle in Pokorny lacht, aber man darf sich nicht täuschen lassen vom etwas zu peppigen und frechen Umschlag, den der Verlag für dieses ernsthafte und ambitionierte Buch gewählt hat. In diesem Buch geht es um Leben und Tod. (Andreas Rötzer)

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Gerrit Bartels wirkt etwas gespalten, was den neuen Roman von Frank Goosen angeht, und so beinhaltet sein Lob auch immer etwas von dessen Gegenteil. Der Roman sei angenehm zu lesen, weil leicht geschrieben, allerdings etwas zu leicht. Er sei "flott geschrieben", dies aber auch gleich "bis zur Schmerzgrenze". Es sei ein Buch, in dem sich jeder Mann zwischen 30 und 40 wiederfinden könne (und zudem jede Frau ihren Mann dieses Alters), wodurch ihm allerdings auch etwas von einer Männerillustrierten anhafte. Sicher verstehe Goosen sein Handwerk, räumt der Rezensent ein, er könne sowohl verschiedene Milieus als auch die Probleme einer Männerfreundschaft darstellen, aber er lehne sich doch etwas zu sehr an das Erfolgsrezept seines letzten Romans an, wodurch das Ganze etwas "hölzern" wirke. Zudem sei der zweite Teil des Buches vom überbordenden Bestreben des Kabarettisten Goosen geprägt, eine Pointe die nächste jagen zu lassen. Zu viel ist zu viel, scheint der Rezensent seinem Leser verstehen zu geben.

© Perlentaucher Medien GmbH