Marktplatzangebote
7 Angebote ab € 8,00 €
  • Gebundenes Buch

Des "Nebelfürsten" eigene Geschichte... In Martin Mosebachs Roman wird die "Bäreninsel-Episode" aus dem Leben des deutschen Journalisten und Polarforschers Theodor Lerner (1866 - 1931) aufgegriffen und in dichterischer Freiheit verfremdet. Nun erscheinen die Memoiren des vom Leben oft Gebeutelten. Und siehe da, Lerners Original steht der "Kopie" des Romanciers in keiner Weise nach. Seine spannenden, erfrischend direkt und humorvoll geschilderten Erlebnisse sind unmittelbar aus dem Zeitgeschehen heraus geschrieben, oft von Nationalismus geprägt und gälten heute als "politisch unkorrekt". Für…mehr

Produktbeschreibung
Des "Nebelfürsten" eigene Geschichte... In Martin Mosebachs Roman wird die "Bäreninsel-Episode" aus dem Leben des deutschen Journalisten und Polarforschers Theodor Lerner (1866 - 1931) aufgegriffen und in dichterischer Freiheit verfremdet. Nun erscheinen die Memoiren des vom Leben oft Gebeutelten. Und siehe da, Lerners Original steht der "Kopie" des Romanciers in keiner Weise nach. Seine spannenden, erfrischend direkt und humorvoll geschilderten Erlebnisse sind unmittelbar aus dem Zeitgeschehen heraus geschrieben, oft von Nationalismus geprägt und gälten heute als "politisch unkorrekt". Für die Geschichte der Zeit und der Polarforschung sind sie von grosser Bedeutung, ebenso wie Lerners Fotografien von hohem dokumentarischen Wert sind. Was Lerner widerfährt, ist oft unglaublich (aber wahr!); die Gefahr, in der er häufig schwebt, bekümmert ihn kaum. Mehr beschäftigt ihn der stete Kampf um Geld, Ruhm und Ehre, den er immer wieder aufs neue zu führen hat.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.2005

Den Nordpol mit dem Opernglas suchen
Nach 75 Jahren veröffentlicht: Die Erinnerungen des Polarforschers Theodor Lerner / Heute abend Lesung im Historischen Museum

An einem Abend unter Männern beim Apfelwein in Sachsenhausen wurde besiegelt, was hoch oben im Norden, am 80. Breitengrad nämlich, begonnen hatte. Die Verbindung zwischen Lydia Stoltze und Theodor Lerner erhielt den väterlichen Segen. Einer Heirat der beiden, die sich unter dem sommerlichen Polarhimmel gefunden hatten, stand nichts mehr im Weg, nachdem Adolf Stoltze in dem rheinländischen Nordlandfahrer beim, wie berichtet wird, achten Schoppen schließlich doch einen würdigen künftigen Schwiegersohn erkannte. Lydias Angehörige waren zunächst entsetzt gewesen, als ihre Tochter ihnen unterbreitete, "den und keinen anneren" ehelichen zu wollen. Schließlich trieb es den 1866 in Antweiler an der Ahr geborenen und im rheinischen Linz aufgewachsenen, als Rauhbein beschriebenen Tatmenschen immer wieder in die Eiseskälte. Die junge Frau aus dem Frankfurter Dichterhaushalt hatte sich als Kreuzfahrttouristin auf der "Thalia" in den aus dem Kajak gestiegenen Forscher Hals über Kopf verliebt. Obwohl der von seinen ökonomischen Ideen zur Erschließung des Nordlands überzeugte und vom wissenschaftlichen Ehrgeiz bei der Erkundung der frostigen Ferne durchdrungene Mann vom langen Aufenthalt in der Kälte gezeichnet war.

Lerner erzählt die Episode ihrer Begegnung in einem Buch, dessen Manuskript 1930 vollendet wurde, aber erst jetzt einen Verleger fand. Heute abend um 19 Uhr wird das Werk im Frankfurter Historischen Museum vorgestellt. Heide Bodensohn, die Enkelin des Polarforschers, liest daraus, und Frank Berger, Kustos am Historischen Museum und Herausgeber des Bands, skizziert die Biographie des Autors. "Polarfahrer. Im Banne der Arktis" ist im Züricher Oesch-Verlag erschienen und enthält 82 Fotografien Lerners, der 1897 erstmals als Journalist nach Spitzbergen gekommen war, um zwei Ballonflüge über den Nordpol zu dokumentieren. Sie scheiterten. Lerner aber begeisterte sich für die Region des ewigen Eises. Auch ein paar Gegenstände aus dem Nachlaß des in Frankfurt heimisch gewordenen Reisenden werden aus Anlaß der Buchvorstellung gezeigt. Etwa die goldene Uhr, die Lerner von den dankbaren Passagieren des französischen Dampfers "Isle de France" erhielt. Lerner hatte eine Expedition zur Rettung der Touristen, darunter eine Reihe von Prominenten, geleitet.

Zwischen 1896 und 1914 brach Lerner zu sieben Erkundungsfahrten nach Spitzbergen auf. Daß er in jenem Sommer 1908 ausgerechnet im Glanz der Mitternachtssonne Frankfurter Wesen und Witz kennenlernte, gehört zu den bislang weniger beachteten Kapiteln der hiesigen Kulturgeschichte. So ließ es sich Lydia, Enkelin von Friedrich und Tochter von Adolf Stoltze, nicht nehmen, beim Sektgelage auf der "Thalia" Lerner ein Gedicht entgegenzuschleudern, der nach eigenem Bekunden "ob so vielseitigen Talentes in eine gewisse seelische Unordnung geriet". "Der Nordpol, der lag vor unserer Nas, / Merr hawwen gesucht mit dem Opernglas / Un hätten gefunne auch sicherlich bald, / Wär's in der Gegend net gar so kalt. / Auch is es zu glatt uff dem ewige Eis / Dazu mecht der Schnee eim, der viele, was weis!" So begann die Dichterin, die unverkennbar den satirischen Ton von Vater und Großvater verinnerlicht hatte.

Sie ließ in allen Lebenslagen einen unbeugsamen Willen erkennen. Als erste Frau der Welt wollte sie mit dem frisch angetrauten Gatten in Spitzbergen überwintern. Dazu kam es dann doch nicht, weil der Ehemann zu neuen Abenteuern strebte. Dieses Mal zusammen mit dem Grafen Zeppelin. Große Pläne wurden geschmiedet, doch die Herren überwarfen sich. Zeit seines Lebens hatte Lerner mit Intrigen zu kämpfen. Doch unbeirrbar verfolgte er seine Pläne. Auf der Bäreninsel betrieb er Kohlebergbau, er überquerte Spitzbergen, er war ein Pionier der Nordpolforschung, er widmete sich unter anderem der arktischen Tierwelt. Frankfurt und der Nordpol: eine innige Beziehung, an der neben Lerner noch viele andere beteiligt waren, von der jedoch nicht allzuviel bekannt ist. Das soll sich ändern. Die Veröffentlichung von Lerners Buch ist erst der Anfang.

zer.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Rezensent Nico Bleutge ist angetan von der Lebendigkeit und der Liebe zum Detail, mit dem der Polarfahrer Theodor Lerner von seinen insgesamt sieben Expeditionen erzählt. Diese Qualität kommt nach Bleutgens Meinung besonders im Vergleich zu den starr und statisch wirkenden Fotos heraus, mit denen das Buch illustriert ist. Als der Forscher Ende des 19. Jahrhunderts aufbrach, war die Zeit der großen kolonialen Entdeckungsreisen schon vorbei. Nur die Polarregionen waren noch relativ unberührtes Gebiet, das die Forscherlust weckte. Ein in den Augen des Rezensenten interessanter Subtext sind die "politischen und wirtschaftlichen Interessen hinter dem scheinbar reinen Forschergeist", auf die man bei der Lektüre immer wieder stößt.

© Perlentaucher Medien GmbH