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Produktdetails
  • Verlag: Springer, Berlin
  • Seitenzahl: 308
  • Englisch
  • Abmessung: 235mm
  • Gewicht: 586g
  • ISBN-13: 9783540646808
  • ISBN-10: 3540646809
  • Artikelnr.: 09181158
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.1998

Politische Zentralisierung und Niedergang
Vom Segen des Wettbewerbs - zwischenstaatlich und institutionell

Peter Bernholz/Manfred Streit/Roland Vaubel (Herausgeber): Political Competition, Innovation and Growth. A Historical Analysis. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York 1998, 308 Seiten, 149 DM.

In diesem Buch sollen zwei Thesen geprüft werden: 1. Der Wettbewerb zwischen Staaten in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht sei eine entscheidende Bedingung für Erneuerung und Wachstum. 2. Innerhalb eines Staates zeigt der Wettbewerb zwischen Institutionen - rechtlichen und politischen - die gleiche Wirkung. Die Thesen stehen in der Tradition von Immanuel Kant, Edward Gibbon, Max Weber, Eric Joses, Douglas North und anderen. Sie bilden heute den Kern der "New Economic History". Der neue Band "Political Competition, Innovation and Growth" ist das Ergebnis eines Kolloquiums bekannter Wirtschaftswissenschaftler und -historiker, das im August 1996 in Jena am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Wirtschaftssystemen stattgefunden hat.

Im ersten Teil wird die Theorie vom Wettbewerb als Ursache von Wachstum und Wohlstand analysiert. In zwei Kapiteln wird dieser Zusammenhang am Aufstieg von Nationen und Staaten untersucht. Im ersten Kapitel weist der Nobelpreisträger Douglas North auf die dynamischen Folgen des politischen Wettbewerbs hin, im zweiten formuliert Manfred Streit, Direktor des Max-Planck-Instituts, in seinem Kommentar einige Fragen, die der Schärfung des Begriffs "institutioneller Wettbewerb" dienen. Im zweiten Kapitel kommt Harold Berman zu dem Schluß, daß der Pluralismus im westlichen Recht die Quelle von Verfeinerung des Rechts und einer Zunahme der Freiheit gewesen ist. Im dritten Kapitel untersucht Dennis Müller die Faktoren, mit denen der Niedergang von Staaten erklärt werden kann. Durch den Erfolg änderten sich Mentalität und Motivation der Bevölkerung: von Arbeitsethos, Sparen und Risikobereitschaft zum Streben nach Sicherheit mit "rent seeking" und Wohlfahrtsstaat. In seinem Kommentar argumentiert Roland Vaubel, daß diese Entwicklung durch politische Zentralisation gefördert werde, denn Zentralisation führe zu mehr Bürokratie, zu Hochbesteuerung und Überregulierung.

Im zweiten Teil des Buches werden die Theorien an historischen Fallstudien getestet. Sie sind reichhaltig und faszinierend: der Aufstieg Griechenlands (Jürgen von Ungern-Sternberg), Griechenland, Sumerer und Phönizier (Peter Bernholz), Mittelalter und Renaissance in den Niederlanden, England in der industriellen Revolution. Den Fallstudien des Aufstiegs folgen solche des Niedergangs: Rom und Spanien, beides klassische Beispiele von konfiskatorischer Besteuerung und zunehmendem staatlichen Interventionismus.

Theorien testet man, indem man Hypothesen ableitet, die man empirisch prüfen kann. In der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung dienen Voraussagen nur dem Testen von Theorien, in den Handlungswissenschaften muß man sich fast immer mit historischen Fallstudien begnügen. Mit dem großen Experiment von Europäischer Union und Europäischer Währungsunion bietet sich jedoch die Möglichkeit, die in Rede stehenden Theorien durch Voraussagen zu testen. Dieses Thema wird in diesem Buch auch aufgegriffen: "In der Europäischen Union hat die Beseitigung von Handelsbarrieren, haben Kapitalbewegungen und Migration den politischen Wettbewerb verstärkt, aber die Tendenz, Wirtschaftspolitiken auf europäischer Ebene zu zentralisieren, unterminiert den politischen Wettbewerb und die Freiheit, sie ist eine Ursache des Niedergangs" (Seite 7). Politische Zentralisierung, "Harmonisierung" von Besteuerungssystemen und ähnliches dienten dazu, den politischen Wettbewerb einzuschränken oder gar abzuschaffen (Seite 79).

Der Leser, der den Mechanismus verstanden hat, der den Theorien zugrunde liegt, kann sich selbst ein Urteil über die Wahrscheinlichkeit verschiedener möglicher Szenarien über die Zukunft der Europäischen Union bilden und damit selbst die Theorien prüfen. Das gibt dem Band eine ganz besondere Aktualität. Die Autoren zählen zu den Spitzen ihres Fachs, die Beiträge sind von musterhafter Klarheit und Präzision. GERARD RADNITZKY

(Professor/Emeritus für Wissenschaftstheorie an der Universität Trier)

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