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Zum 400. Jahrestag der Politica methodice digesta des Johannes Althusius (1563-1638) erscheint bei Duncker & Humblot eine Übersetzung dieses Werks, das als eines der ersten wissenschaftlichen Lehrbücher der Politik gilt. Damit liegt erstmals in einer repräsentativen Auswahl eine umfassende deutsche Ausgabe vor, die es ermöglicht, den Text auch ohne Lateinkenntnisse zu erschließen. Oberstes Ziel der Übersetzung war es, den argumentativen Zusammenhang zu erhalten und einem heutigen Leser verständlich vor Augen zu führen. So sind nun die wesentlichen Teile der Politica einer breiteren…mehr

Produktbeschreibung
Zum 400. Jahrestag der Politica methodice digesta des Johannes Althusius (1563-1638) erscheint bei Duncker & Humblot eine Übersetzung dieses Werks, das als eines der ersten wissenschaftlichen Lehrbücher der Politik gilt. Damit liegt erstmals in einer repräsentativen Auswahl eine umfassende deutsche Ausgabe vor, die es ermöglicht, den Text auch ohne Lateinkenntnisse zu erschließen. Oberstes Ziel der Übersetzung war es, den argumentativen Zusammenhang zu erhalten und einem heutigen Leser verständlich vor Augen zu führen. So sind nun die wesentlichen Teile der Politica einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich.

Johannes Althusius hat Meilensteine des politischen Denkens des Abendlandes gesetzt, wie freilich erst in neuerer Zeit erkannt zu werden beginnt. An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert bedurfte das politische Selbstverständnis im Gefolge von Humanismus und Reformation einer neuen Begründung. Die Politik als Wissenschaft musste sich in Abgrenzung zu Jurisprudenz, Theologie und Philosophie in veränderter Weise definieren. Durch Althusius erhielt sie eine neue Grundlage im Wissenschaftssystem als Lehre der Gemeinschaftsbildung, getragen von christlich reformiertem Geist, jedoch ohne dem Kaiser zu nehmen, was des Kaisers ist. Auch vier Jahrhunderte nach der Erstveröffentlichung ist seine systematische Darstellung der Politik weiterhin von Bedeutung. Sein Begriff der unteilbaren und unveräußerlichen Souveränität des korporativ verfassten Volkes, seine Vorstellung, dass alle Herrschaftsgewalt übertragen und zur Ausübung anvertraut ist sowie die gegliederte, bei den kleineren Einheiten ansetzende Struktur des althusischen Gemeinwesens sind auch heute noch Gegenstand wissenschaftlicher Beschäftigung und weisen in die Zukunft: So gilt er als Wegbereiter des föderalen Gedankens, in neuerer Zeit auch als Vordenker des Subsidiaritätsprinzips. Er ist schließlich entschiedener Vertreter der im Gegensatz zu seinem älteren Zeitgenossen Jean Bodin entwickelten Vorstellung, dass absoluter Herrschaftsgewalt Grenzen gesetzt sind, die äußerstenfalls auch zum Widerstand berechtigen. Althusisches Gedankengut findet sich insbesondere in der westeuropäischen Tradition sowie in der der Neuen Welt, wo sie im Mayflower Compact und in der New England Confederation Ausdruck gefunden hat. Althusius' Politische Theorie, entstanden an der Wegscheide einer Epoche, entfaltet so auch heute noch ihre Wirkung und fordert zur kritischen Auseinandersetzung auf.

Die auf dem Internationalen und Interdisziplinären Symposion zum Verhältnis von Jurisprudenz, Politischer Theorie und Politischer Theologie vom 11. bis 14. Juni 2003 im Herborner Schloss gehaltenen Referate werden in einem gesonderten Band ebenfalls bei Duncker & Humblot publiziert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.09.2003

Frisch gewälzt, mustergültig
Endlich neu ediert: Die "Politik" von Johannes Althusius

Es gibt Bücher, da muß man ein halbes Leben darauf warten, bis sie erscheinen. Das gilt selbst heute und erst recht für Publikationen im gut gestaffelten Wissenschaftsbetrieb. Als Johannes Althusius im Jahre 1603 seine "Politica" erstmals der Öffentlichkeit vorlegte, avancierte der über tausendseitige Wälzer schnell zum Bestseller. Zwei Auflagen folgten bis 1614, in denen jeweils wichtige Weiterungen zur Materie vorgenommen wurden. Dann versiegte mit dem Dreißigjährigen Krieg in Deutschland das Interesse an dieser voluminösen Schrift.

Die politische Theorie, die Althusius zumindest für die deutschen Verhältnisse im Alten Reich so attraktiv systematisiert hatte, ging national wie international andere Wege. Die Vertragstheorie, der Machtstaats- und Souveränitätsgedanke rückten in den Vordergrund, und individualistische Common-sense-Begründungen wurden für die europäischen Debatten der Politikbegründung und ihrer Ausgestaltung immer wichtiger. Daß die politische Theorie des Johannes Althusius dennoch in unserer Gegenwart wieder gelesen und sogar hier und da in den Rang eines Klassikers erhoben wird, verdankt sie einer Wiederentdeckung durch den deutschamerikanischen Politikwissenschaftler Carl Joachim Friedrich, der im Rahmen der Begründungsprinzipien für den modernen Föderalismus auf Althusius und seine Schrift stieß.

Seitdem gewinnt Althusius mit seiner komplizierten Föderallehre, die sich dem Subsidiaritätsprinzip verpflichtet weiß, immer mehr Anhänger in der politischen Theorie. Da diese Lehre vom Aufbau her eine Institutionentheorie beinhaltet, noch dazu von Institutionen, die jenseits des Nationalstaatsgedankens gruppiert sind, ist sie für den Kontext der Ausbaubemühungen bei der europäischen Integration von nicht unbeträchtlichem kognitiven Wert. Dem trägt die Forschung zunehmend Rechnung. Leider gab es bis dato aber keine systematische deutschsprachige Übersetzung, obwohl doch immerhin bereits zwei Teilübersetzungen ins Englische, eine italienische und eine spanische Übersetzung vorlagen.

Dieser mißliche Zustand ist nunmehr mit der von dem Dresdener Rechtshistoriker Dieter Wyduckel organisierten und in Auswahl vorgelegten Edition behoben. Der von Heinrich Janssen ins Deutsche übersetzte Text berücksichtigt mehr als fünfzig Prozent des Originaltextes und läßt zumindest für die Grobskizzierung keines der insgesamt neununddreißig Kapitel aus. Erfreulicherweise wurde darauf geachtet, das spätmittelalterlich anmutende Latein des Althusius in eine moderne deutsche Fassung zu bringen. Ob das immer so gelungen ist, mag die weitere Forschung entscheiden. Zumindest die Festlegung auf die Übersetzung eines Schlüsselbegriffs wie "consociatio" im Sinne von "Gemeinschaft" dürfte nicht unproblematisch sein. Immerhin wird damit jenen Stimmen in der Interpretation Nahrung gegeben, die in der Politiklehre des Althusius eine stark religiös motivierte Konzeption sehen, die einer calvinistischen Ordnungslehre verpflichtet bleibt.

Die gegenwärtige Forschungsdebatte darüber, ob sich Althusius säkularistisch-funktional oder doch (nur) theologisch-politisch erschließen lasse, wird mit dieser Edition jedenfalls gewinnbringend gefördert. Die fast vollständige Erschließung der internationalen Literatur sowie die Auflistung der zitierten Quellen des Althusius weisen den Weg zu einer historisch-kritischen Edition. Leider ist das Register bei den Namensbelegen noch nicht auf diesem Stand. Aber ein Anfang ist gemacht.

PETER NITSCHKE

Johannes Althusius: "Politik". Übersetzt von Heinrich Janssen. In Auswahl herausgegeben, überarbeitet und eingeleitet von Dieter Wyduckel. Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2003. LXXXII, 449 S., br., 24,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Von Peter Nitschke erfahren wir zunächst, dass es bis dato noch keine "systematische deutschsprachige" Übersetzung dieses Klassikers des politischen Denkens gab, dass diese, von dem Dresdner Rechtshistoriker Dieter Wyduckel organisierte Ausgabe nun immerhin mehr als fünfzig Prozent des ursprünglich über tausendseitigen "Wälzers" berücksichtige und zumindest für eine Grobskizzierung außerdem keines der insgesamt neununddreißig Kapitel des Originaltextes auslasse. Trotz erster Bedenken möchte der Rezensent das Urteil über die Übersetzung letztlich lieber "der weiteren Forschung überlassen". Lobend erwähnt Nitschke die "fast vollständige Erschließung der internationalen Literatur" und "die Auflistung der zitierten Quellen des Althusius", beides weise den Weg zu einer historisch-kritischen Edition. Außerdem erfährt der Leser noch, dass Althusius' "Politik" immer mehr Anhänger in der politischen Theorie gewinnt, weil das Werk eine Institutionenlehre enthalte, die "für den Kontext der Ausbaubemühungen bei der europäischen Integration von nicht unbeträchtlichem kognitiven Wert" sei.

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