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Diedrich Diederichsen leistet in seinem neuen Buch eine überfällige Arbeit. Er beschreibt und analysiert die Geschichte eines Begriffs, der in Deutschland zur Keule im politischen Nahkampf geworden ist: Political Correctness. Zum einen wird die kuriose Geschichte dieses Begriffs in den Debatten der letzten Jahre über Politik, Moral etc. rekonstruiert, zum anderen seine Ursprungsgeschichte in den Vereinigten Staaten. Auf diesem Hintergrund fragt der Autor in einem letzten Teil, welche neuen Ansätze linker Theorien jenseits der Verdrehungen und Funktionalisierungen den Begriff "Political…mehr

Produktbeschreibung
Diedrich Diederichsen leistet in seinem neuen Buch eine überfällige Arbeit. Er beschreibt und analysiert die Geschichte eines Begriffs, der in Deutschland zur Keule im politischen Nahkampf geworden ist: Political Correctness. Zum einen wird die kuriose Geschichte dieses Begriffs in den Debatten der letzten Jahre über Politik, Moral etc. rekonstruiert, zum anderen seine Ursprungsgeschichte in den Vereinigten Staaten. Auf diesem Hintergrund fragt der Autor in einem letzten Teil, welche neuen Ansätze linker Theorien jenseits der Verdrehungen und Funktionalisierungen den Begriff "Political Correctness" bezeichnen könnte, wenn nicht als leeres Schlagwort zur Denunziation jeglicher moralischer Haltung in der Politik benutzt würde.
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Autorenporträt
Diedrich Diederichsen, geb. 1957 in Hamburg, ist Professor für Theorie, Praxis und Vermittlung von Gegenwartskunst an der Akademie der bildenden Künste in Wien. In den 80er Jahren war er Redakteur bei den Musikzeitschriften Sounds und SPEX, seit den 90ern arbeitet er als Hochschullehrer u. a. in Stuttgart, Frankfurt, Wien, Pasadena, St. Louis, Los Angeles. Bei KiWi erschienen seit 1985 neun Bücher (u. a. »Sexbeat«, »Politische Korrekturen«, »Über Popmusik«).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.01.1997

Den Weltverschwörern auf der Spur
Noch 'n Buch über "political correctness"

Diedrich Diederichsen: Politische Korrekturen. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1996, 192 Seiten, 18,80 Mark.

Ein Gespenst geht um in der Bundesrepublik: Seit einiger Zeit geistert der Begriff der "political correctness" durch den öffentlichen Raum, bleibt aber hierzulande vergleichsweise schemenhaft. Amerika hat es da besser. Hier hat der Ausdruck eine lange und bewegte Geschichte. Er wurde ursprünglich auf linientreue Leninisten, später spöttisch auf die Ultraorthodoxen der Studentenrevolte angewandt. In den siebziger Jahren war er unverzichtbarer Bestandteil feministischer Diskurse. Vor rund zehn Jahren feierte das Wort eine Wiederauferstehung und verwirrt seither die Gemüter diesseits und jenseits des Atlantiks.

Diedrich Diederichsens Kampfschrift über die politische Richtigkeit atmet den Geist dieser Wirrnis. Es wimmelt in diesem Buch von dekonstruktivem und poststrukturalistischem Unsinn, der selbst die gute alte Wirklichkeit für ein linguistisches Konstrukt hält. Jede Behauptung sei eine politische, so das Glaubensbekenntnis des Derrida-Jüngers, deshalb gebe es keine Wahrheiten mehr, sondern nur noch den Kampf um Worte.

In den Vereinigten Staaten tobe ein Kulturkrieg, der sich rund um die "political correctness" entzündet habe. Was die einen als "McCarthyismus von links" verdammen, als Versuch, eine Art Gedankenpolizei in der öffentlichen Debatte einzusetzen, die auf den richtigen Gebrauch der Wörter achtet, betrachten andere als Notwehr gegen eine rechte Weltverschönerung. In den Worten des Autors hört sich das mitunter so an wie aus einem Seminar der Siebziger: "Sowohl situativen Antirassistinnen, taktischen Identitätspolitikerinnen sowie tatsächlichen kulturellen Essentialistinnen war gemeinsam, daß sie die Revision von Kanon bildenden Leselisten forderten und so von der (vor allem entsprechend interessierten rechten) Öffentlichkeit als das Gleiche wahrgenommen werden konnten."

Was da im Ton eines Bekennerschreibens verkündet wird, klingt meistens bedenklich - fast immer ist es unverständlich. Selbst wenn Wörter "im politischen, ideologischen und philosophischen Kampf sowohl Waffen, Sprengstoff, Beruhigungsmittel und Gifte" sind, sollte man auch im Zeitalter des "Fakten-Faschismus" (was immer das sein mag) stets an den Leser denken. Bücher jedenfalls sind um so wirkungsvoller, je mehr sie verstanden werden wollen. Diederichsen als Kaspar Hauser der deutschen Kulturkritik dürfte das egal sein. Sein Deutsch ist eine Zumutung.

So bleibt auch verschwommen, was in endlosen Absätzen über die bundesdeutsche Gesellschaft gesagt wird. Die Folgen des inneramerikanischen Kulturkampfs erschüttern auch unser Land in seinen Grundfesten, lautet das Verdikt Diederichsens. Vom Historikerstreit über die Umbenennung von Straßen, vom Kruzifix über "mordende Soldaten" bis hin zu den Debatten um Philipp Jenninger, Charlotte Höhn, Annemarie Schimmel und Steffen Heitmann sind für den Autor die Schlachtfelder der deutschen Gegenwart zu erkennen. Und die Phalanx seiner Gegner ist groß, reicht von rechts nach kulturlinks, von Peter Gauweiler bis zu Christoph Schlingensief. Sie alle eint, daß sie das "Denken von 68" angeblich rückgängig machen wollen.

Diederichsen ist durchaus ein belesener Kopf, aber die Debatte der letzten Jahre hat ihm auf den Geist geschlagen. Sein Pamphlet leicht paranoid zu befinden tut der "Wahrheit" keinen Abbruch. Er wittert hinter allen Äußerungen der letzten Zeit eine reaktionäre Weltverschwörung. Für ihn ist Kritik an "political correctness" eine konservative Offensive, ein Versuch, die kulturelle Hegemonie über die Linke zu gewinnen. Die Generalabrechnung mit der bundesrepublikanischen Bewußtseinsindustrie ist dem Autor gründlich mißlungen. FLORIAN SCHMIDT

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