Contains chapters that include Street Life, Earning a Living: Baker, Banker and Garum Maker (who ran the city), and The Pleasure of the Body: Food, Wine, Sex and Baths. This book offers an insight into the workings of a Roman town.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2011Am farbigen Abglanz haben wir dies alte Leben
Vom Wunschbild der Antike, das uns die Archäologen schufen: Mary Beard führt recht streng durch die Reste von Pompeji.
Von Dieter Bartetzko
Jedes deutsche Theater inszeniert die "Bakchen" des Euripides, und ein archäologisches Museum, das auf sich hält, präsentiert mindestens eine antike Statue oder Büste des Dionysos. Was es aber wirklich auf sich hatte mit diesem griechischen Gott des Weines, den die Römer Bacchus nannten und fürchteten, was im Zentrum der berüchtigten Riten und Ekstasen zu seinen Ehren stand, die im klassischen Griechenland beschwiegen und im Römischen Reich bekämpft wurden, wissen wir bis heute nicht.
Auch nicht, seit zwischen 1910 und 1929 vor den Toren der Vesuvstadt Pompeji eine luxuriöse Vorstadtvilla ausgegraben wurde, in der ein Saal mit lebensgroßen Wandbildern mutmaßlich diese Riten zeigt. Zu Recht trägt sie bis heute den Namen "Villa dei Misteri", denn alle Versuche, den hinreißend schönen Zyklus zu deuten, sind bisher Stückwerk geblieben. Wird hier die Initiation einer Braut in Dionysos-Kulte dargestellt, eine Art sakral-sexueller Einweihung, an deren Ende sie als Eingeweihte ins Ehebett steigt? Oder illustrieren die arkadischen Szenen, die Epiphanien und Orakel eine mythische Welt, simulieren sie im Abglanz Göttliches?
Gab es Vorbilder, oder ist diese virtuos komponierte, wimmelnde Szenenfolge eine originäre Erfindung? Wie aber sind die Pracht und die Größe dieses Kunstwerks zu erklären, das in einer Zeit geschaffen wurde - etwa 60 v. Chr. -, in der noch immer der Bacchanalien-Skandal des Jahres 186 v. Chr. nachwirkte, der per Senatsurteil siebentausend Männer und Frauen wegen staatsgefährdender Zügellosigkeit das Leben kostete? Folgerichtig deuteten Archäologen den Freskensaal als geheimen Kultraum. Das wiederum rief den Spott anderer hervor, die darauf hinwiesen, dass der Raum sich an einer seiner Schmalseiten auf eine allseits einsehbare Sonnenterrasse öffnet.
Wie auch immer man zu den einzelnen Deutungsvorschlägen steht, klar ist, dass dieser pompejanische Freskenzyklus die - neben einem zweiten, in der zehn Kilometer entfernt gelegenen "Villa von Boscoreale" - kostbarste und einzige Megalographie ist, die uns aus der Antike erhalten blieb. Umso niederschmetternder das Erlebnis an Ort und Stelle: Die Villa dei Misteri ist eine Hauptattraktion der Ausgrabungsstätte. Täglich drängen sich Hunderte Besucher vor dem Absperrseil des Freskensaals, den eine Decke überwölbt, auf der ein riesiger brauner Feuchtigkeitsfleck schwärt. Einziger Schutz vor der Witterung sind verrottete hölzerne Sprossentüren und erbärmlich zerschlissene Vorhänge. Vor dem schädlichen Blitzlicht schützt niemand die Wandgemälde, sie stehen tagtäglich im Gewitter, und an Abenden, wenn der Besucherstrom nachlässt, übersteigen besonders Bildhungrige, sobald sie sich allein wähnen, das Sperrseil, um Nahaufnahmen zu machen.
Mary Beard, Philologin an der Universität Cambridge, beschreibt in ihrem Buch nicht nur minutiös die Villa, ihre Ausstattung, ihre Entdeckungsgeschichte und Wiederherstellung, sondern auch diese haarsträubenden Zustände. Doch damit nicht genug, raubt sie einem mit ihrem extrem leidenschaftlichem Aufklärungsdrang nahezu jedes Zutrauen in die gewöhnlich so angesehene archäologische Arbeit: "Ein gravierendes Problem war die aufkommende Feuchtigkeit", schreibt sie über die ersten Tage nach der Entdeckung der Villa. Rasch bildeten sich Salzflecke auf den Fresken. Sie wurden "mit einer Mischung aus Wachs und Petroleum entfernt So erklärt sich nicht nur der (heutige) eindrucksvolle Glanz, sondern auch die satte Farbe." Beards Fazit: "Die Mysterienvilla ist größtenteils das Werk moderner Restauratoren."
Mag die Autorin auch, "um fair zu sein", betonen, dass die Anlage "im großen und ganzen einen recht guten Eindruck des Originals vermittelt", der Schock des Lesers, dem die Gewissheit genommen wird, Pompeji sei eine Zeitkapsel, in der eine Naturkatastrophe das Leben der Antike für uns still stellte und zur Anschauung bewahrte, bohrt sich fest. Mary Beard hat ein Konvolut der Desillusionierung angelegt, das alles in Frage stellt, was bisher als sichere Erkenntnis über Pompeji und das darin gespiegelte antike Leben galt. Anschaulich und präzise schildert sie die Straßen und Plätze, die Tempel, Verwaltungs- und Kulturbauten, Wohnhäuser und Werkstätten, Herbergen, Kneipen und Gärten. Dem Nacherzählen ihrer Entdeckung und den Zustandsschilderungen fügt sie, angereichert mit Zitaten antiker Autoren und Berichten der Ausgräber, Erläuterungen zu den Lebensumständen der Pompejaner, ihren Sitten, ihrem Stand, ihrer Bildung, ihrem Lebensstandard, ihrem Alltag und ihren Festen hinzu.
Damit wird, deutlicher als bei vielen, die bisher Pompeji als Spiegel des römisch-antiken Alltagslebens geschildert haben, dessen Bedeutung als Weltkulturerbe klar - um gleich darauf wieder in Frage gestellt zu werden: Haus für Haus, Gemälde für Gemälde, Fundobjekt für Fundobjekt weist Beard die Irrtümer der Archäologen nach, die Wunschbilder, die sie auf das von ihnen Ausgegrabene erst projezierten und dann zur Tatsache erklärten. Kaum etwas besteht vor ihrem kritischen Blick - seien es die bisherigen Interpretationen von Wandgemälden als Abglanz der verlorenen griechischen Malerei und die der Tempel als getreue Miniaturausgaben der römischen Prachtbauten, oder seien es Angaben zu Essgewohnheiten, dem Stand der Medizin, des Agrar- und des Bankenwesens, die man aus einer Fülle von Einzelfunden abgeleitet hat.
Mitunter nimmt dieser Korrektur-Marathon notorische Züge an. So zum Beispiel, wenn das weltberühmte Porträt einer jungen Patrizierin auftritt, die sich, kokett sinnend den Schreibgriffel an die gespitzten Lippen gedrückt, als passionierte Literatin darstellen ließ. Jeder nur einigermaßen an Pompeji und der Antike Interessierte weiß, dass dieses entzückende farbsprühende Medaillon eine klassische Pose zeigt, in der sich jede zahlungskräftige, auf Reputation bedachte römische Bürgerin darstellen ließ. Der Genuss an diesem Bild und sein anhaltender Ruhm gründen auf der Frische, der Lebendigkeit und Direktheit, mit der diese junge Frau der neronischen Zeit uns anblickt. Mary Beard aber nennt als Bildtitel den Namen, den die Ausgräber des 18. Jahrhunderts wählten: Sappho. Triumphierend erklärt sie dann, dass es sich keineswegs um ein Bildnis der griechischen Dichterin handele, sondern um eine Neureiche, die womöglich keinen der Verse Sapphos gekannt habe, und verharrt damit so fanatisch in ihrer Sicht wie die Ausgräber des 18. und 19. Jahrhunderts, die in jeder Büste einen Cicero und in jeder Säule einen Vitruv wähnten, in der ihren.
Breiten Raum nimmt bei Mary Beard der schier aussichtslose Kampf der heutigen Restauratoren gegen den rapiden Verfall ein. In Teilen schon seit mehr als 250 Jahren freigelegt und der Witterung ausgesetzt, stürzen die Mauern und Fassaden der Stadt, verbleichen ihre Fresken und zerbröseln ihre Mosaike. Mit Fug und Recht wettert Beard gegen unsachgemäße Stützen, schädliche Betoninjektionen, schädigende statt schützende neue Dächer, Trägheit und Schlamperei.
Wer momentan Pompeji besucht, kann ihr Urteil bestätigen, wenn es ihm nicht sogar als zu milde erscheint: Drei Mal innerhalb von zwei Jahren wechselte die Leitung der Soprintendenza, das 1974 zur Renovierung geschlossene Antiquarium ist endlich saniert, aber weiterhin unzugänglich, penibel restaurierte Stadthäuser bleiben gesperrt, bewacht von Wärtern, die gern gegen horrende Aufgelder die Gitter für einige Momente aufschließen, die zugänglichen sind längst Ruinen von Ruinen.
Und doch bleibt Pompejis Zauber. Nur wenige Schritte von den Trampelpfaden des Massentourismus entfernt beginnt er zu wirken. Dann bewegt man sich in einer antiken Stadt und glaubt deren Leben zum Greifen nah. Selbst Mary Beard geht das so. Schon in der Einleitung schreibt sie, dass diese Stätte einem trotz aller Fehldeutungen, Missverständnisse und Missstände "in unmittelbaren Kontakt mit der antiken Welt treten" lässt. Auch ihr Buch trägt dazu bei: Denn je länger man von den falsch gedeuteten oder ungelösten Rätseln dieser Zeitkapsel liest, desto stärker wird der Wunsch, sie zu sehen.
Mary Beard: "Pompeji". Das Leben in einer römischen Stadt.
Aus dem Englischen von Ursula Blank-Sangmeister. Philipp Reclam Verlag, Ditzingen 2011. 480 S., Abb., geb., 29,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Vom Wunschbild der Antike, das uns die Archäologen schufen: Mary Beard führt recht streng durch die Reste von Pompeji.
Von Dieter Bartetzko
Jedes deutsche Theater inszeniert die "Bakchen" des Euripides, und ein archäologisches Museum, das auf sich hält, präsentiert mindestens eine antike Statue oder Büste des Dionysos. Was es aber wirklich auf sich hatte mit diesem griechischen Gott des Weines, den die Römer Bacchus nannten und fürchteten, was im Zentrum der berüchtigten Riten und Ekstasen zu seinen Ehren stand, die im klassischen Griechenland beschwiegen und im Römischen Reich bekämpft wurden, wissen wir bis heute nicht.
Auch nicht, seit zwischen 1910 und 1929 vor den Toren der Vesuvstadt Pompeji eine luxuriöse Vorstadtvilla ausgegraben wurde, in der ein Saal mit lebensgroßen Wandbildern mutmaßlich diese Riten zeigt. Zu Recht trägt sie bis heute den Namen "Villa dei Misteri", denn alle Versuche, den hinreißend schönen Zyklus zu deuten, sind bisher Stückwerk geblieben. Wird hier die Initiation einer Braut in Dionysos-Kulte dargestellt, eine Art sakral-sexueller Einweihung, an deren Ende sie als Eingeweihte ins Ehebett steigt? Oder illustrieren die arkadischen Szenen, die Epiphanien und Orakel eine mythische Welt, simulieren sie im Abglanz Göttliches?
Gab es Vorbilder, oder ist diese virtuos komponierte, wimmelnde Szenenfolge eine originäre Erfindung? Wie aber sind die Pracht und die Größe dieses Kunstwerks zu erklären, das in einer Zeit geschaffen wurde - etwa 60 v. Chr. -, in der noch immer der Bacchanalien-Skandal des Jahres 186 v. Chr. nachwirkte, der per Senatsurteil siebentausend Männer und Frauen wegen staatsgefährdender Zügellosigkeit das Leben kostete? Folgerichtig deuteten Archäologen den Freskensaal als geheimen Kultraum. Das wiederum rief den Spott anderer hervor, die darauf hinwiesen, dass der Raum sich an einer seiner Schmalseiten auf eine allseits einsehbare Sonnenterrasse öffnet.
Wie auch immer man zu den einzelnen Deutungsvorschlägen steht, klar ist, dass dieser pompejanische Freskenzyklus die - neben einem zweiten, in der zehn Kilometer entfernt gelegenen "Villa von Boscoreale" - kostbarste und einzige Megalographie ist, die uns aus der Antike erhalten blieb. Umso niederschmetternder das Erlebnis an Ort und Stelle: Die Villa dei Misteri ist eine Hauptattraktion der Ausgrabungsstätte. Täglich drängen sich Hunderte Besucher vor dem Absperrseil des Freskensaals, den eine Decke überwölbt, auf der ein riesiger brauner Feuchtigkeitsfleck schwärt. Einziger Schutz vor der Witterung sind verrottete hölzerne Sprossentüren und erbärmlich zerschlissene Vorhänge. Vor dem schädlichen Blitzlicht schützt niemand die Wandgemälde, sie stehen tagtäglich im Gewitter, und an Abenden, wenn der Besucherstrom nachlässt, übersteigen besonders Bildhungrige, sobald sie sich allein wähnen, das Sperrseil, um Nahaufnahmen zu machen.
Mary Beard, Philologin an der Universität Cambridge, beschreibt in ihrem Buch nicht nur minutiös die Villa, ihre Ausstattung, ihre Entdeckungsgeschichte und Wiederherstellung, sondern auch diese haarsträubenden Zustände. Doch damit nicht genug, raubt sie einem mit ihrem extrem leidenschaftlichem Aufklärungsdrang nahezu jedes Zutrauen in die gewöhnlich so angesehene archäologische Arbeit: "Ein gravierendes Problem war die aufkommende Feuchtigkeit", schreibt sie über die ersten Tage nach der Entdeckung der Villa. Rasch bildeten sich Salzflecke auf den Fresken. Sie wurden "mit einer Mischung aus Wachs und Petroleum entfernt So erklärt sich nicht nur der (heutige) eindrucksvolle Glanz, sondern auch die satte Farbe." Beards Fazit: "Die Mysterienvilla ist größtenteils das Werk moderner Restauratoren."
Mag die Autorin auch, "um fair zu sein", betonen, dass die Anlage "im großen und ganzen einen recht guten Eindruck des Originals vermittelt", der Schock des Lesers, dem die Gewissheit genommen wird, Pompeji sei eine Zeitkapsel, in der eine Naturkatastrophe das Leben der Antike für uns still stellte und zur Anschauung bewahrte, bohrt sich fest. Mary Beard hat ein Konvolut der Desillusionierung angelegt, das alles in Frage stellt, was bisher als sichere Erkenntnis über Pompeji und das darin gespiegelte antike Leben galt. Anschaulich und präzise schildert sie die Straßen und Plätze, die Tempel, Verwaltungs- und Kulturbauten, Wohnhäuser und Werkstätten, Herbergen, Kneipen und Gärten. Dem Nacherzählen ihrer Entdeckung und den Zustandsschilderungen fügt sie, angereichert mit Zitaten antiker Autoren und Berichten der Ausgräber, Erläuterungen zu den Lebensumständen der Pompejaner, ihren Sitten, ihrem Stand, ihrer Bildung, ihrem Lebensstandard, ihrem Alltag und ihren Festen hinzu.
Damit wird, deutlicher als bei vielen, die bisher Pompeji als Spiegel des römisch-antiken Alltagslebens geschildert haben, dessen Bedeutung als Weltkulturerbe klar - um gleich darauf wieder in Frage gestellt zu werden: Haus für Haus, Gemälde für Gemälde, Fundobjekt für Fundobjekt weist Beard die Irrtümer der Archäologen nach, die Wunschbilder, die sie auf das von ihnen Ausgegrabene erst projezierten und dann zur Tatsache erklärten. Kaum etwas besteht vor ihrem kritischen Blick - seien es die bisherigen Interpretationen von Wandgemälden als Abglanz der verlorenen griechischen Malerei und die der Tempel als getreue Miniaturausgaben der römischen Prachtbauten, oder seien es Angaben zu Essgewohnheiten, dem Stand der Medizin, des Agrar- und des Bankenwesens, die man aus einer Fülle von Einzelfunden abgeleitet hat.
Mitunter nimmt dieser Korrektur-Marathon notorische Züge an. So zum Beispiel, wenn das weltberühmte Porträt einer jungen Patrizierin auftritt, die sich, kokett sinnend den Schreibgriffel an die gespitzten Lippen gedrückt, als passionierte Literatin darstellen ließ. Jeder nur einigermaßen an Pompeji und der Antike Interessierte weiß, dass dieses entzückende farbsprühende Medaillon eine klassische Pose zeigt, in der sich jede zahlungskräftige, auf Reputation bedachte römische Bürgerin darstellen ließ. Der Genuss an diesem Bild und sein anhaltender Ruhm gründen auf der Frische, der Lebendigkeit und Direktheit, mit der diese junge Frau der neronischen Zeit uns anblickt. Mary Beard aber nennt als Bildtitel den Namen, den die Ausgräber des 18. Jahrhunderts wählten: Sappho. Triumphierend erklärt sie dann, dass es sich keineswegs um ein Bildnis der griechischen Dichterin handele, sondern um eine Neureiche, die womöglich keinen der Verse Sapphos gekannt habe, und verharrt damit so fanatisch in ihrer Sicht wie die Ausgräber des 18. und 19. Jahrhunderts, die in jeder Büste einen Cicero und in jeder Säule einen Vitruv wähnten, in der ihren.
Breiten Raum nimmt bei Mary Beard der schier aussichtslose Kampf der heutigen Restauratoren gegen den rapiden Verfall ein. In Teilen schon seit mehr als 250 Jahren freigelegt und der Witterung ausgesetzt, stürzen die Mauern und Fassaden der Stadt, verbleichen ihre Fresken und zerbröseln ihre Mosaike. Mit Fug und Recht wettert Beard gegen unsachgemäße Stützen, schädliche Betoninjektionen, schädigende statt schützende neue Dächer, Trägheit und Schlamperei.
Wer momentan Pompeji besucht, kann ihr Urteil bestätigen, wenn es ihm nicht sogar als zu milde erscheint: Drei Mal innerhalb von zwei Jahren wechselte die Leitung der Soprintendenza, das 1974 zur Renovierung geschlossene Antiquarium ist endlich saniert, aber weiterhin unzugänglich, penibel restaurierte Stadthäuser bleiben gesperrt, bewacht von Wärtern, die gern gegen horrende Aufgelder die Gitter für einige Momente aufschließen, die zugänglichen sind längst Ruinen von Ruinen.
Und doch bleibt Pompejis Zauber. Nur wenige Schritte von den Trampelpfaden des Massentourismus entfernt beginnt er zu wirken. Dann bewegt man sich in einer antiken Stadt und glaubt deren Leben zum Greifen nah. Selbst Mary Beard geht das so. Schon in der Einleitung schreibt sie, dass diese Stätte einem trotz aller Fehldeutungen, Missverständnisse und Missstände "in unmittelbaren Kontakt mit der antiken Welt treten" lässt. Auch ihr Buch trägt dazu bei: Denn je länger man von den falsch gedeuteten oder ungelösten Rätseln dieser Zeitkapsel liest, desto stärker wird der Wunsch, sie zu sehen.
Mary Beard: "Pompeji". Das Leben in einer römischen Stadt.
Aus dem Englischen von Ursula Blank-Sangmeister. Philipp Reclam Verlag, Ditzingen 2011. 480 S., Abb., geb., 29,95 [Euro].
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The world's most controversial classicist debunks our movie-style myths about the Roman town with meticulous scholarship and propulsive energy...Scrutinising and animated in equal measure Laura Silverman Daily Mail