Hüter einer ewigen Ordnung: So sehen sich die Päpste, deren Institution durch ihre lange Kontinuität fasziniert. Volker Reinhardt zeigt, dass diese Unveränderlichkeit eine Fiktion ist. Er erzählt höchst spannend, wie sich das Papsttum immer wieder neu erfunden hat, und vollbringt das Kunststück, dabei jedem Pontifikat in seinen theologischen, politischen und kulturellen Besonderheiten gerecht zu werden.
Volker Reinhardt legt nach dreißigjähriger Forschung zur Geschichte Roms und des Papsttums mit diesem Buch die seit Langem erste Gesamtgeschichte der Päpste aus der Feder eines Historikers vor. Er schildert, wie die Bischöfe von Rom in der Antike den Primat über alle anderen Bischöfe durchsetzten, im Mittelalter die Hoheit über Könige und Kaiser gewannen, als weltliche Herrscher den Kirchenstaat vergrößerten und dabei jahrhundertelang die Erhöhung der eigenen Familie im Blick hatten. Unzählige Kunstwerke zeugen bis heute von diesem vielfältigen Machtanspruch, und die meisten entstanden in Renaissance und Barock, als die Machtfülle schon bröckelte. Bis weit ins 20. Jahrhundert stemmten sich die Päpste gegen die Moderne und handelten dem Papsttum das Stigma des Ewiggestrigen ein. Aber der Ruf nach Reformern ist, wie die fulminante Darstellung zeigt, so alt wie das Papsttum.
Volker Reinhardt legt nach dreißigjähriger Forschung zur Geschichte Roms und des Papsttums mit diesem Buch die seit Langem erste Gesamtgeschichte der Päpste aus der Feder eines Historikers vor. Er schildert, wie die Bischöfe von Rom in der Antike den Primat über alle anderen Bischöfe durchsetzten, im Mittelalter die Hoheit über Könige und Kaiser gewannen, als weltliche Herrscher den Kirchenstaat vergrößerten und dabei jahrhundertelang die Erhöhung der eigenen Familie im Blick hatten. Unzählige Kunstwerke zeugen bis heute von diesem vielfältigen Machtanspruch, und die meisten entstanden in Renaissance und Barock, als die Machtfülle schon bröckelte. Bis weit ins 20. Jahrhundert stemmten sich die Päpste gegen die Moderne und handelten dem Papsttum das Stigma des Ewiggestrigen ein. Aber der Ruf nach Reformern ist, wie die fulminante Darstellung zeigt, so alt wie das Papsttum.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2017Diplomatische Seelenheildiener
Anders als sein Ruf: Volker Reinhardt führt durch die zweitausend Jahre lange Geschichte des Papstamtes und zeigt, dass es in ihr eine Konstante gibt.
Keine andere Institution der Geschichte hat ihre eigene Geschichte so oft und so kreativ neu erfunden": Der in Fribourg lehrende Historiker Volker Reinhardt wendet sich gegen die Vorstellung, das Papsttum habe sich nie verändert. Bei aller Wandelbarkeit will er "Entwicklungslinien" aufzeigen. Eine Geschichte dieser zweitausendjährigen Institution in einem Band, noch dazu von einem einzigen Autor verfasst - schon allein das muss einem Respekt abnötigen. Schließlich gilt es zu überblicken, was ansonsten Profan-, Kirchen- und Kunsthistoriker, Dogmatiker und Patrologen beschäftigt. Der Zugang muss multiperspektivisch sein, waren doch die Päpste nicht nur Religionsführer, sondern auch Monarchen und Mäzene.
Sicher ist es von Vorteil, dass Reinhardt anders als die älteren Historiker (Ranke auf protestantischer, Pastor auf katholischer Seite) keinen konfessionellen Standpunkt einnimmt. Dass seine Ausführungen dennoch nicht voraussetzungslos sind, ist offenkundig: Er versteht die Papstgeschichte als "Kampf um den Glauben, die Gewissen, die Seelen und damit um die Macht in ihrer höchsten und reinsten Potenz". Ihrem Selbstverständnis nach dürfte es den meisten Pontifices allerdings primär um etwas anderes gegangen sein: um das Seelenheil der Menschen.
Reinhardt wendet sich gegen die anachronistische Annahme, die Päpste hätten schon immer eine absolute Machtfülle besessen. Am Anfang stand lediglich ein Ehrenvorrang des Bischofs der Hauptstadt des Römischen Reiches, die überdies durch die Gräber der Apostelfürsten geadelt war. Doch schon in vorkonstantinischer Zeit suchte sich dieser Bischof "einen Vorrang innerhalb der Kirche zu sichern, der über den Ehrenplatz eines primus inter pares deutlich hinausging".
In Lehrfragen wie der Festsetzung des Ostertermins wollte Rom die eigene Position gesamtkirchlich durchzusetzen, stieß dabei aber auf Widerstände. Im späten vierten Jahrhundert begründete der 384 verstorbene Damasus, der als "erster Papst" gelten kann, den päpstlichen Anspruch theoretisch, ohne schon eine universale Jurisdiktionsvollmacht auszuüben. Die Entwicklung des Primats kam unter Leo dem Großen, dessen Lehrautorität auf dem Konzil des Jahres 451 allgemein anerkannt wurde, zu einem vorläufigen Abschluss.
Die territoriale Souveränität etablierte sich seit der karolingischen Zeit. Das Zusammengehen von Kaisertum und Papsttum brachte beiden Institutionen Vorteile, befreite dieses aus den Händen des lokalen Adels. Zur Emanzipation vom Reich und von den deutschen Herrschern kam es nach der Jahrtausendwende durch das Werk von "Radikalreformern" wie Gregor VII. Die Tiara, die päpstliche Krone, wurde zum Symbol des pontifikalen Herrschaftsanspruchs - aber erst seit dem vierzehnten Jahrhundert mit drei Kronreifen.
Mit dem Investiturstreit war der "Kampf um die Vormacht" nicht entschieden, selbst dann nicht, als die Nachfolger Petri sich für siebzig Jahre in die Obhut der französischen Krone begaben. Auf das "Avignonesische Exil" folgte ein Papstschisma mit zwei, später drei konkurrierenden Prätendenten, das einen Keil durch ganz Europa treiben sollte. Erst auf dem Konzil zu Konstanz wurde die Einheit wiederhergestellt.
Einen wirklichen "Neuanfang", ja eine "Neuerfindung" des Papsttums stellt die Epoche der Renaissance dar. Hier kann Reinhardt als ausgewiesener Kenner der Epoche aus dem Vollen schöpfen. Als Nachfolger der römischen Cäsaren - von denen sie auch den Titel Pontifex geerbt hatten - verliehen die Päpste Rom einen Glanz, wie sie keine andere Hauptstadt der Welt aufwies. Die Stadt wurde zu einem "einzigartigen Kunst-Heiligtum". Es entstanden der neue Petersdom und die Sixtina, die Freskenprogramme Raffaels und Michelangelos. Trotz schwindender geopolitischer Bedeutung erwies sich das Papsttum nun bis ins achtzehnte Jahrhundert als Kulturmacht. Die Begünstigung der eigenen Familie bestimmte fast durchgängig das Handeln.
All das wird packend und detailreich geschildert, ohne dass die Entwicklungslinien aus dem Blick geraten. Allerdings werden die verbleibenden zwei Jahrhunderte auf lediglich hundertdreißig Seiten abgehandelt, ohne dass hier ein größerer Bogen erkennbar wäre. Die Auswahl der Literatur wird hier selektiv, obwohl zu fast allen Pontifikaten neuere Forschungen vorliegen, die sich aber weder im Text noch in der Bibliographie niederschlagen. Die so unterschiedlichen Papstprofile werden unter den Schlagworten "Selbstabschließung und Sackgasse" und "Schwankende Haltungen zur Gegenwart" ziemlich holzschnittartig zusammengefasst.
Dabei zeichnet sich nach der Zerschlagung des alten Kirchenstaats im Jahr 1870 durchaus so etwas wie eine "Neuerfindung" des Papsttums ab. Seiner materiellen Basis beraubt, wurde es nun gewissermaßen "internationalisiert", indem über den "Peterspfennig" Gelder aus der Weltkirche abgerufen wurden. Massenwallfahrten nach Rom dienten der Solidarisierung mit den im Vatikan eingeschlossenen Päpsten Pius IX. und von 1878 an Leo XIII.
Ein Weiteres wäre zu bedenken. Für Reinhardt verlor das Amt des Staatssekretärs an Bedeutung. Das Gegenteil ist der Fall. Mit Kardinal Rampolla kam der eigentliche Architekt der modernen vatikanischen Außenpolitik ans Ruder. Enttäuscht über das Bündnis Wiens und Berlins mit den italienischen "Räubern des Kirchenstaates", orientierten sich Leo XIII. und sein Staatssekretär nach Paris und drängten die französischen Katholiken, sich hundert Jahre nach der Revolution endlich mit der laikalen Republik auszusöhnen. Eine nicht minder zukunftsweisende Weichenstellung: Der Anspruch auf den Kirchenstaat wurde beibehalten, aber durch eine bis dato ungekannte internationale Vermittlertätigkeit untermauert.
Zehnmal fungierte der Heilige Stuhl als Schiedsrichter zwischen Staaten. All das erfährt der Leser nicht. Der Vatikan wurde aber so erst zum politischen Global Player, suchte moralische Weltgeltung und internationale Anerkennung zu erlangen. Friedenspolitik ist seither eine der vatikanischen Prioritäten: Benedikt XV. vermittelte erfolglos im Ersten Weltkrieg. Pius XI. musste das Haupthindernis für diese neue internationale Politik, den Konflikt mit Italien, ausräumen. Bekannt sind die glücklosen Bemühungen von Pius XII. Paul VI. versuchte, im Vietnamkrieg zu vermitteln, und rief vor den Vereinten Nationen zum Frieden auf.
Und noch Papst Franziskus steht in dieser Traditionslinie, wie die Anbahnung der Aussöhnung zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten zeigt. Nicht von ungefähr kann man von einem Zeitalter der Diplomatenpäpste sprechen, insofern quasi alle Päpste zwischen 1878 und 1978 Diplomaten waren. Diplomatie und Friedenspolitik waren die Antwort des Papsttums auf die antiklerikalen und totalitären Regime der Zeit.
Keine rechte "Entwicklungslinie" zu erkennen ist auch bei der Darstellung der jüngeren innerkirchlichen, theologischen Entwicklungen. Das II. Vatikanische Konzil erscheint vor allem als Kampf der kirchlichen Lager; es habe die Erwartung, die Kirche zu erneuern, nur halbherzig eingelöst. Der für die weitere Entwicklung so wichtige Paul VI. ist nur Randfigur, überdies ein "Sprachrohr" der konservativen Kräfte. Die "alten Feindbilder, aber auch die tradierten Vorstellungen von einem umfassenden Primat des Papsttums" würden nicht angetastet. Aber wie konnte das Konzil dann zur Initialzündung für einen umfassenden Modernisierungsschub werden, wie ihn die Kirche selten in ihrer Geschichte erlebt hat?
Es wäre ungerecht, Volker Reinhardts Buch als Beweis dafür zu lesen, dass man als Vertreter einer einzigen Disziplin keine Gesamtdarstellung des Papsttums schreiben sollte. Wenn man es so hochkarätig fortschreiben würde, wie es auf den ersten siebenhundertfünfzig Seiten begonnen wurde, wäre es weit mehr als ein "vatikanischer Torso". Dann wäre dem Autor ein Meisterwerk gelungen.
JÖRG ERNESTI
Volker Reinhardt: "Pontifex". Die Geschichte der Päpste. Von Petrus
bis Franziskus.
Verlag C. H. Beck, München 2017. 928 S., Abb., geb., 38,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Anders als sein Ruf: Volker Reinhardt führt durch die zweitausend Jahre lange Geschichte des Papstamtes und zeigt, dass es in ihr eine Konstante gibt.
Keine andere Institution der Geschichte hat ihre eigene Geschichte so oft und so kreativ neu erfunden": Der in Fribourg lehrende Historiker Volker Reinhardt wendet sich gegen die Vorstellung, das Papsttum habe sich nie verändert. Bei aller Wandelbarkeit will er "Entwicklungslinien" aufzeigen. Eine Geschichte dieser zweitausendjährigen Institution in einem Band, noch dazu von einem einzigen Autor verfasst - schon allein das muss einem Respekt abnötigen. Schließlich gilt es zu überblicken, was ansonsten Profan-, Kirchen- und Kunsthistoriker, Dogmatiker und Patrologen beschäftigt. Der Zugang muss multiperspektivisch sein, waren doch die Päpste nicht nur Religionsführer, sondern auch Monarchen und Mäzene.
Sicher ist es von Vorteil, dass Reinhardt anders als die älteren Historiker (Ranke auf protestantischer, Pastor auf katholischer Seite) keinen konfessionellen Standpunkt einnimmt. Dass seine Ausführungen dennoch nicht voraussetzungslos sind, ist offenkundig: Er versteht die Papstgeschichte als "Kampf um den Glauben, die Gewissen, die Seelen und damit um die Macht in ihrer höchsten und reinsten Potenz". Ihrem Selbstverständnis nach dürfte es den meisten Pontifices allerdings primär um etwas anderes gegangen sein: um das Seelenheil der Menschen.
Reinhardt wendet sich gegen die anachronistische Annahme, die Päpste hätten schon immer eine absolute Machtfülle besessen. Am Anfang stand lediglich ein Ehrenvorrang des Bischofs der Hauptstadt des Römischen Reiches, die überdies durch die Gräber der Apostelfürsten geadelt war. Doch schon in vorkonstantinischer Zeit suchte sich dieser Bischof "einen Vorrang innerhalb der Kirche zu sichern, der über den Ehrenplatz eines primus inter pares deutlich hinausging".
In Lehrfragen wie der Festsetzung des Ostertermins wollte Rom die eigene Position gesamtkirchlich durchzusetzen, stieß dabei aber auf Widerstände. Im späten vierten Jahrhundert begründete der 384 verstorbene Damasus, der als "erster Papst" gelten kann, den päpstlichen Anspruch theoretisch, ohne schon eine universale Jurisdiktionsvollmacht auszuüben. Die Entwicklung des Primats kam unter Leo dem Großen, dessen Lehrautorität auf dem Konzil des Jahres 451 allgemein anerkannt wurde, zu einem vorläufigen Abschluss.
Die territoriale Souveränität etablierte sich seit der karolingischen Zeit. Das Zusammengehen von Kaisertum und Papsttum brachte beiden Institutionen Vorteile, befreite dieses aus den Händen des lokalen Adels. Zur Emanzipation vom Reich und von den deutschen Herrschern kam es nach der Jahrtausendwende durch das Werk von "Radikalreformern" wie Gregor VII. Die Tiara, die päpstliche Krone, wurde zum Symbol des pontifikalen Herrschaftsanspruchs - aber erst seit dem vierzehnten Jahrhundert mit drei Kronreifen.
Mit dem Investiturstreit war der "Kampf um die Vormacht" nicht entschieden, selbst dann nicht, als die Nachfolger Petri sich für siebzig Jahre in die Obhut der französischen Krone begaben. Auf das "Avignonesische Exil" folgte ein Papstschisma mit zwei, später drei konkurrierenden Prätendenten, das einen Keil durch ganz Europa treiben sollte. Erst auf dem Konzil zu Konstanz wurde die Einheit wiederhergestellt.
Einen wirklichen "Neuanfang", ja eine "Neuerfindung" des Papsttums stellt die Epoche der Renaissance dar. Hier kann Reinhardt als ausgewiesener Kenner der Epoche aus dem Vollen schöpfen. Als Nachfolger der römischen Cäsaren - von denen sie auch den Titel Pontifex geerbt hatten - verliehen die Päpste Rom einen Glanz, wie sie keine andere Hauptstadt der Welt aufwies. Die Stadt wurde zu einem "einzigartigen Kunst-Heiligtum". Es entstanden der neue Petersdom und die Sixtina, die Freskenprogramme Raffaels und Michelangelos. Trotz schwindender geopolitischer Bedeutung erwies sich das Papsttum nun bis ins achtzehnte Jahrhundert als Kulturmacht. Die Begünstigung der eigenen Familie bestimmte fast durchgängig das Handeln.
All das wird packend und detailreich geschildert, ohne dass die Entwicklungslinien aus dem Blick geraten. Allerdings werden die verbleibenden zwei Jahrhunderte auf lediglich hundertdreißig Seiten abgehandelt, ohne dass hier ein größerer Bogen erkennbar wäre. Die Auswahl der Literatur wird hier selektiv, obwohl zu fast allen Pontifikaten neuere Forschungen vorliegen, die sich aber weder im Text noch in der Bibliographie niederschlagen. Die so unterschiedlichen Papstprofile werden unter den Schlagworten "Selbstabschließung und Sackgasse" und "Schwankende Haltungen zur Gegenwart" ziemlich holzschnittartig zusammengefasst.
Dabei zeichnet sich nach der Zerschlagung des alten Kirchenstaats im Jahr 1870 durchaus so etwas wie eine "Neuerfindung" des Papsttums ab. Seiner materiellen Basis beraubt, wurde es nun gewissermaßen "internationalisiert", indem über den "Peterspfennig" Gelder aus der Weltkirche abgerufen wurden. Massenwallfahrten nach Rom dienten der Solidarisierung mit den im Vatikan eingeschlossenen Päpsten Pius IX. und von 1878 an Leo XIII.
Ein Weiteres wäre zu bedenken. Für Reinhardt verlor das Amt des Staatssekretärs an Bedeutung. Das Gegenteil ist der Fall. Mit Kardinal Rampolla kam der eigentliche Architekt der modernen vatikanischen Außenpolitik ans Ruder. Enttäuscht über das Bündnis Wiens und Berlins mit den italienischen "Räubern des Kirchenstaates", orientierten sich Leo XIII. und sein Staatssekretär nach Paris und drängten die französischen Katholiken, sich hundert Jahre nach der Revolution endlich mit der laikalen Republik auszusöhnen. Eine nicht minder zukunftsweisende Weichenstellung: Der Anspruch auf den Kirchenstaat wurde beibehalten, aber durch eine bis dato ungekannte internationale Vermittlertätigkeit untermauert.
Zehnmal fungierte der Heilige Stuhl als Schiedsrichter zwischen Staaten. All das erfährt der Leser nicht. Der Vatikan wurde aber so erst zum politischen Global Player, suchte moralische Weltgeltung und internationale Anerkennung zu erlangen. Friedenspolitik ist seither eine der vatikanischen Prioritäten: Benedikt XV. vermittelte erfolglos im Ersten Weltkrieg. Pius XI. musste das Haupthindernis für diese neue internationale Politik, den Konflikt mit Italien, ausräumen. Bekannt sind die glücklosen Bemühungen von Pius XII. Paul VI. versuchte, im Vietnamkrieg zu vermitteln, und rief vor den Vereinten Nationen zum Frieden auf.
Und noch Papst Franziskus steht in dieser Traditionslinie, wie die Anbahnung der Aussöhnung zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten zeigt. Nicht von ungefähr kann man von einem Zeitalter der Diplomatenpäpste sprechen, insofern quasi alle Päpste zwischen 1878 und 1978 Diplomaten waren. Diplomatie und Friedenspolitik waren die Antwort des Papsttums auf die antiklerikalen und totalitären Regime der Zeit.
Keine rechte "Entwicklungslinie" zu erkennen ist auch bei der Darstellung der jüngeren innerkirchlichen, theologischen Entwicklungen. Das II. Vatikanische Konzil erscheint vor allem als Kampf der kirchlichen Lager; es habe die Erwartung, die Kirche zu erneuern, nur halbherzig eingelöst. Der für die weitere Entwicklung so wichtige Paul VI. ist nur Randfigur, überdies ein "Sprachrohr" der konservativen Kräfte. Die "alten Feindbilder, aber auch die tradierten Vorstellungen von einem umfassenden Primat des Papsttums" würden nicht angetastet. Aber wie konnte das Konzil dann zur Initialzündung für einen umfassenden Modernisierungsschub werden, wie ihn die Kirche selten in ihrer Geschichte erlebt hat?
Es wäre ungerecht, Volker Reinhardts Buch als Beweis dafür zu lesen, dass man als Vertreter einer einzigen Disziplin keine Gesamtdarstellung des Papsttums schreiben sollte. Wenn man es so hochkarätig fortschreiben würde, wie es auf den ersten siebenhundertfünfzig Seiten begonnen wurde, wäre es weit mehr als ein "vatikanischer Torso". Dann wäre dem Autor ein Meisterwerk gelungen.
JÖRG ERNESTI
Volker Reinhardt: "Pontifex". Die Geschichte der Päpste. Von Petrus
bis Franziskus.
Verlag C. H. Beck, München 2017. 928 S., Abb., geb., 38,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Führt eindrücklich vor Augen, wie sich die Institution immer wieder neu behaupten konnte."
PM History
"Eine solide gearbeitete, sprachlich ansprechende Überblicksdarstellung über eine der ältesten Institutionen der Welt, die nicht nur von Vertretern der Historikerzunft mit großem Gewinn herangezogen werden kann."
Ralf Lützelschwab, Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, 11-2017
"Glänzend."
Christian Schröder, Tagesspiegel, 17. Juni 2017
"Kenntnisreich, gewandt und zwischendurch in einem Tempo, das einen staunen lässt, wie rasch man Jahrhunderte lesend durchschreiten kann."
Thomas Ribi, Neue Zürcher Zeitung, 8. Juni 2017
"Eine Geschichte, die facettenreicher kaum sein könnte."
Heike Talkenberger, Damals, Juni 2017
PM History
"Eine solide gearbeitete, sprachlich ansprechende Überblicksdarstellung über eine der ältesten Institutionen der Welt, die nicht nur von Vertretern der Historikerzunft mit großem Gewinn herangezogen werden kann."
Ralf Lützelschwab, Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, 11-2017
"Glänzend."
Christian Schröder, Tagesspiegel, 17. Juni 2017
"Kenntnisreich, gewandt und zwischendurch in einem Tempo, das einen staunen lässt, wie rasch man Jahrhunderte lesend durchschreiten kann."
Thomas Ribi, Neue Zürcher Zeitung, 8. Juni 2017
"Eine Geschichte, die facettenreicher kaum sein könnte."
Heike Talkenberger, Damals, Juni 2017