An neusachlichen Bürogebäuden vorbei eilt ein schlaksiger Herr ins Kaufhaus. Dort liegen Hemden akkurat wie Granitplatten, und die Hüte türmen sich wie umgedrehte Tellerstapel. Sogar die Shorts im Wühlbehälter winden sich gleichmäßig umeinander. Nein, Unordnung und Gewimmel gibt es nicht in der Welt des Herrn Popinga.
Lesern von Hergés "Tim und Struppi" ist nicht nur der karge Hintergrund in Peter Schössows "Popinga kauft ein" und "Popinga wartet" vertraut, sondern auch die Figur selbst, die den Gehrock von Professor Bienlein mit dem glatten runden Gesicht von Tim vereint. Zweimal sind die Seiten sogar comicartig in drei senkrechte Panels geteilt, doch bei den Farben hört die Ähnlichkeit mit den Klassikern der "ligne claire" auf: Popinga lebt in einer von Gelb- und Grüntönen dominierten Neonwelt mit Airbrush-Himmel. In knalligen Kontrastfarben leuchten die favorisierten Kleider im Laden und die Attribute des wachsenden Multikultitrupps an der Bushaltestelle.
Anders als Schössows letztes Buch, die anspielungsreiche kleine Auspack-Etüde "Noch ist alles drin", in der ein Herr mit Melone und sein Hund Erstaunliches aus einer Kiste heben, sollen die zwei Popinga-Bücher aus dicker Pappe in erster Linie Kinder ansprechen. Ob das gelingt, ist ein Experiment wert. Der kommentierende Satz unter jedem Bild - ". . . und einer mit grünen Schuhen wartet . . . und einer mit nem gelben Schirm wartet . . ." - ist einprägsam genug in seiner Wiederholung, die Auflösung der Frage, warum Popinga einkauft und wartet, schlicht und originell. Doch insgesamt gibt es vor lauter Ordnung wohl zu wenig zu entdecken. Ist Popinga ein Langweiler? Während der Warterei auf den Bus wird klar, daß er gar kein so steifer Typ ist - jeder Neuankömmling löst sein freundliches Interesse aus. Und ganz am Ende der Einkaufstour dreht er richtig auf. (Peter Schössow: "Popinga kauft ein"; "Popinga wartet". Carlsen Verlag, Hamburg 2002. Je 22 S., geb., 8,90 [Euro]. Ab 3 J.)
ANNETTE ZERPNER
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