Portugal ist ein verschwiegenes Land. Hier ticken die Uhren noch anders als im übrigen Europa - langsamer, so will es scheinen. Romantiker preisen diese Region mit ihren einsamen Serras, den weiten Ebenen und der über 800 Kilometer langen Küste als eine der schönsten Gegenden überhaupt. Und nicht zuletzt bietet dieses Land am westlichen Rand Europas Kultur in Hülle und Fülle. Rolf Osang porträtiert Portugal als ein Land, das jedem Besucher etwas bietet: dem Genießer urwüchsiger Landschaft ebenso wie dem Bewunderer von Kathedralen und Burgen, dem Liebhaber kulinarischer Köstlichkeiten, genauso wie dem, der an Stränden Entspannung und Erholung sucht.
"Portugal" von Rolf Osang. Erschienen in der Reihe: "Bruckmanns Länderporträts". Bruckmann Verlag, München 1997. 144 Seiten, zahlreiche Farbfotografien, ein eingelegter Reisebegleiter. Gebunden, 49,80 Mark. ISBN 3-7654-3039-0.
In derselben Reihe ist der Band "Kanarische Inseln" von Ernst Wrba und Paul Otto Schulz erschienen.
Tempora mutantur. Als Rolf Osang 1993 das DuMont-Reise-Taschenbuch "Portugals Norden" veröffentlichte, da trauerte er noch über die angeblich verpaßte Gelegenheit Portugals, nach der Nelkenrevolution eine sozialistische herrschaftsfreie Zivilgesellschaft zu schaffen. Statt dessen habe man in einem fragwürdigen Wirtschaftswunder "Protzbauten der Banken" errichtet und Kinderarbeit und Analphabetentum geduldet. Von alldem ist heute, vier Jahre später, keine Rede mehr. Vielmehr wird im vorliegenden Band ein Bilderbuch-Portugal in den hellsten Farben gemalt, ein Land, in dem bunte Fischerboote schaukeln, Felsklippen rot leuchten, Blätter von Orangenbäumen rascheln und Schafherden über die Hänge einer Serra ziehen. "Urwüchsige Natur", eine "glanzvolle Vergangenheit" und die "außergewöhnliche Freundlichkeit seiner Menschen" - auf diesen drei Säulen errichtet Rolf Osang seinen Portugal-Tempel. Der Leser und Betrachter des Buchs kann sich zurücklehnen und die Schönheit der Landschaft genießen, die Harmonie der Kunstwerke bewundern und die Liebenswürdigkeit der Portugiesen auskosten. Er kann durch Lissabon, eine "Stadt voller Anmut und Melancholie", schlendern, an der atlantischen Küste von Madeira, der "Insel der Blumen", träumen, kann im Sonnenland Algarve den "Luxus vom Feinsten" genießen, sich in den "weiten Ebenen" der Planicies vor halbwilden Stieren fürchten und in der Einsamkeit der Berge "das wahre Herz des Landes" schlagen hören. Mag sein, daß man selten mit dem Porträt eines Landes, das man kennt, zufrieden ist. Aber Rolf Osang ist uns ein drittes Portugal-Buch schuldig, in dem er weder anmaßend anklagt noch willfährig lobt, sondern mit sachorientierten Schilderungen ein Charakterbild jenes Landes malt, dem er sich so verbunden fühlt. (A.W.)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main