Zum WerkDas Recht der Kunst bietet vor dem Hintergrund aktueller Ereignisse, wie etwa des "Schwabinger Kunstskandals" um Cornelius Gurlitt und dessen jahrzehntelang verschollene Werkesammlung steten Diskussionsstoff. Dieses neue Handbuch befasst sich mit allen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Kunst sowie der wirtschaftlichen Verwertung und Besteuerung von Kunst und Künstler.Inhalt- Verfassungsrechtliche Grundlagen der bildenden Kunst- Bildende Kunst und Urheberrecht- Kunstmarkt- Raubkunst, Beutekunst, Restitution- Ein- und Ausfuhr von Kunstgegenständen- Steuerrecht- Kunstsponsoring- Stiftungsrecht- SteuerrechtVorteile auf einen Blick- komprimierte Kompetenz in einem Band- hervorragendes, hochrenommiertes Autorenteam, etwa Dr. Gabriele Vogt, Dr. Katharina Garbers-von-Boehm, Dr. Sebastian Strohmayr, Reinhart Rüsken, Robert Kirchmaier- beleuchtet neben juristischen auch politische Aspekte des Rechts der KunstZielgruppeFür Richter und Anwälte, Kunst- und Geschichtsinteressierte sowieKunsthändler.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.07.2019Kunst als Investment
Wie man Geld und Ärger sparen kann
Natürlich darf Jan Böhmermann nicht fehlen. Der Fernsehmoderator hatte ein Gedicht über den türkischen Präsidenten vorgetragen, das eine ins Absurde gewendete Darstellung von dessen Sexualleben enthielt. Ein Gericht entschied, dass der Text das Maß dessen, was geduldet werden muss, überschreite. Das Gedicht darf nun größtenteils nicht wiederholt werden. Diese Entscheidung wird häufig kritisiert - auch im neuen "Praxishandbuch Recht der Kunst", das auf rund 600 Seiten einen großen, wenn auch nicht umfassenden Überblick über den aktuellen Kunstmarkt und seine juristischen Beziehungen gibt.
Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung eines solchen Bandes könnte besser kaum sein. Denn in den vergangenen Jahren gab es eine Reihe von neuen Regelungen, die allesamt aufzuarbeiten waren. Zu nennen ist beispielsweise das Gesetz über die Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung, wodurch der gutgläubige Erwerb einer abhandengekommenen Sache unter gewissen Voraussetzungen auch im Rahmen einer Online-Versteigerung möglich wurde. Ebenso erwähnenswert ist das Kulturgutschutzgesetz (KGSG) aus dem Jahr 2016, das in dem Buch natürlich eine große Rolle spielt.
Das Gesetz enthält allerdings eine Norm, die das Inverkehrbringen von Kulturgut, das abhandengekommen ist, verbietet und Rechtsgeschäfte damit für nichtig erklärt. Damit setzt sich das KGSG in Widerspruch zum Gesetz über Internetversteigerungen: Für Rechtsanwältin Katharina Garbers-von Boehm ist es allerdings nicht denkbar, "dass eine Norm des besonderen Verwaltungsrechts, zu dem das KGSG gehört, die zivilrechtliche Verkehrsschutzregelung ohne Weiteres außer Kraft setzen kann". Der Bonner Zivilrechtler Matthias Weller meinte dagegen jüngst in der "Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht", das KGSG ändere "fundamental das bisherige Sachenrecht". Der Streit ist noch nicht entschieden, Käufer müssen wachsam sein.
Neben neuen Gesetzen gab es in den letzten Jahren auch wichtige neue Rechtsprechung. So tendieren die Gerichte inzwischen dazu, in der Katalogbeschreibung eines Kunstwerkes eine Vereinbarung über dessen Beschaffenheit zu sehen. Dann kommt es entscheidend darauf an, wie ein durchschnittlicher Erklärungsempfänger die Beschreibung in einem Verkaufskatalog versteht. Damit folgt die Rechtsprechung heute dem objektiven Mangelbegriff, und die Verkäufer müssen wachsamer sein als früher - auch bei der Frage der Echtheit eines Kunstwerkes.
Hier treffen den Käufer keine Nachforschungspflichten, erläutert Garbers-von Boehm. Sie fügt aber an, dass "eigene Nachforschungen viel Geld und Ärger sparen" können. Wie wahr! Besonders lesenswert sind zudem ihre Ausführungen über Kunst als Gegenstand von Finanztransaktionen, denn 72 Prozent aller Sammler erwerben Kunst auch als Investment. Manche Banken bieten inzwischen Kunstberatungen an. Doch hierzulande ist man zurückhaltend. In Deutschland werde "Kunst als Investment" unter Galeristen und Sammlern als heikles Thema allenfalls hinter vorgehaltener Hand diskutiert.
"Einige Galeristen distanzieren sich ausdrücklich von Investment-Vehikeln und verkaufen beispielsweise grundsätzlich nicht an Kunstfonds", heißt es. Auch befragte Vermögensverwalter sind vorsichtig. Nur jeder zehnte prognostiziert, dass die Kunstfonds-Industrie in den nächsten Jahren wachsen wird. "Anlageberater sehen die Hürden vor allem im Wertansatz solcher Fonds, deren mangelnde Liquidität und der - im Vergleich zum Bankenbereich - eher schwach ausgeprägten Regulierung des Marktes." Hinzufügen möchte man: Wieso werden für die Bilder eines Gerhard Richter immense Summen gezahlt, die der Maler selbst völlig unverständlich findet, für die Bilder des in der Eifel zurückgezogen lebenden, den Kunstmarkt missachtenden und hochbegabten Landschaftsmaler Theo Jacobi aber nicht?
Kunst war schon immer subjektiv und hatte etwas mit Leidenschaft zu tun. Zumindest Künstler leiden oft, wenn sie ein Kunstwerk erschaffen. Dagegen sind Kunstprozesse "wahre Delikatessen auf dem kargen Speisezettel der Justiz - vorausgesetzt, dass man den Künstler kennt, um den es geht, sonst schmeckt man die Feinheiten nämlich gar nicht". Das schreibt Johann Braun in der zweiten Auflage seines lesenswerten Buches "Kunstprozesse von Menzel bis Beuys" aus dem Jahre 2009. Wer sich aus juristischer Sicht, auch etwas unterhaltsam, dem Kunstmarkt nähern will, seien die dort vorgestellten realen Streitigkeiten ans Herz gelegt. Für die Praxis mag man außerdem den Ratgeber "Der Künstler und sein Recht" empfehlen, der im Jahre 2014 aktualisiert wurde. Dort gibt es auch Hinweise zum Künstlersozialversicherungsrecht, die anderswo fehlen.
Schließlich sind zuletzt einige Festschriften erschienen, die die Begriffe Kunstmarkt oder Kunstrecht im Titel führen - dabei handelt es sich aber jeweils nur um ein Sammelsurium von Einzelaufsätzen, die den konkret Ratsuchenden nicht weiterhelfen. Insofern stößt das nun von Klaus Ebling, dem früheren Vizepräsidenten des Bundesfinanzhofes, und Rechtsanwalt Winfried Bullinger herausgegebene Buch in eine Marktlücke. Das Urheberrecht und das Steuerrecht stehen im Mittelpunkt der Abhandlungen.
In einer nachfolgenden Auflage sollten jedoch kleine Fehler beseitigt, die Gliederung überarbeitet und unverständliche Sätze, wie jener über Auktionare mit 78 Wörtern, korrigiert werden. Die Hintergründe zu dem Erdogan-Gedicht von Böhmermann wird man dann - wegen Zeitablaufs - etwas näher erläutern müssen. Einen bleibenden Platz hat sich der Satiriker aber in dem Buch verdient. Denn seinetwegen geriet die Bundeskanzlerin in juristische Schwierigkeiten und der Bundestag strich einen Tatbestand aus dem Strafgesetzbuch. Kunst kann also auch heute noch Rechtsgeschichte schreiben und nicht nur das Sachenrecht fundamental ändern.
JOCHEN ZENTHÖFER
Klaus Ebling/Winfried Bullinger (Hrsg.): Praxishandbuch Recht der Kunst. C.H. Beck, München 2019. 646 Seiten. 135 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie man Geld und Ärger sparen kann
Natürlich darf Jan Böhmermann nicht fehlen. Der Fernsehmoderator hatte ein Gedicht über den türkischen Präsidenten vorgetragen, das eine ins Absurde gewendete Darstellung von dessen Sexualleben enthielt. Ein Gericht entschied, dass der Text das Maß dessen, was geduldet werden muss, überschreite. Das Gedicht darf nun größtenteils nicht wiederholt werden. Diese Entscheidung wird häufig kritisiert - auch im neuen "Praxishandbuch Recht der Kunst", das auf rund 600 Seiten einen großen, wenn auch nicht umfassenden Überblick über den aktuellen Kunstmarkt und seine juristischen Beziehungen gibt.
Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung eines solchen Bandes könnte besser kaum sein. Denn in den vergangenen Jahren gab es eine Reihe von neuen Regelungen, die allesamt aufzuarbeiten waren. Zu nennen ist beispielsweise das Gesetz über die Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung, wodurch der gutgläubige Erwerb einer abhandengekommenen Sache unter gewissen Voraussetzungen auch im Rahmen einer Online-Versteigerung möglich wurde. Ebenso erwähnenswert ist das Kulturgutschutzgesetz (KGSG) aus dem Jahr 2016, das in dem Buch natürlich eine große Rolle spielt.
Das Gesetz enthält allerdings eine Norm, die das Inverkehrbringen von Kulturgut, das abhandengekommen ist, verbietet und Rechtsgeschäfte damit für nichtig erklärt. Damit setzt sich das KGSG in Widerspruch zum Gesetz über Internetversteigerungen: Für Rechtsanwältin Katharina Garbers-von Boehm ist es allerdings nicht denkbar, "dass eine Norm des besonderen Verwaltungsrechts, zu dem das KGSG gehört, die zivilrechtliche Verkehrsschutzregelung ohne Weiteres außer Kraft setzen kann". Der Bonner Zivilrechtler Matthias Weller meinte dagegen jüngst in der "Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht", das KGSG ändere "fundamental das bisherige Sachenrecht". Der Streit ist noch nicht entschieden, Käufer müssen wachsam sein.
Neben neuen Gesetzen gab es in den letzten Jahren auch wichtige neue Rechtsprechung. So tendieren die Gerichte inzwischen dazu, in der Katalogbeschreibung eines Kunstwerkes eine Vereinbarung über dessen Beschaffenheit zu sehen. Dann kommt es entscheidend darauf an, wie ein durchschnittlicher Erklärungsempfänger die Beschreibung in einem Verkaufskatalog versteht. Damit folgt die Rechtsprechung heute dem objektiven Mangelbegriff, und die Verkäufer müssen wachsamer sein als früher - auch bei der Frage der Echtheit eines Kunstwerkes.
Hier treffen den Käufer keine Nachforschungspflichten, erläutert Garbers-von Boehm. Sie fügt aber an, dass "eigene Nachforschungen viel Geld und Ärger sparen" können. Wie wahr! Besonders lesenswert sind zudem ihre Ausführungen über Kunst als Gegenstand von Finanztransaktionen, denn 72 Prozent aller Sammler erwerben Kunst auch als Investment. Manche Banken bieten inzwischen Kunstberatungen an. Doch hierzulande ist man zurückhaltend. In Deutschland werde "Kunst als Investment" unter Galeristen und Sammlern als heikles Thema allenfalls hinter vorgehaltener Hand diskutiert.
"Einige Galeristen distanzieren sich ausdrücklich von Investment-Vehikeln und verkaufen beispielsweise grundsätzlich nicht an Kunstfonds", heißt es. Auch befragte Vermögensverwalter sind vorsichtig. Nur jeder zehnte prognostiziert, dass die Kunstfonds-Industrie in den nächsten Jahren wachsen wird. "Anlageberater sehen die Hürden vor allem im Wertansatz solcher Fonds, deren mangelnde Liquidität und der - im Vergleich zum Bankenbereich - eher schwach ausgeprägten Regulierung des Marktes." Hinzufügen möchte man: Wieso werden für die Bilder eines Gerhard Richter immense Summen gezahlt, die der Maler selbst völlig unverständlich findet, für die Bilder des in der Eifel zurückgezogen lebenden, den Kunstmarkt missachtenden und hochbegabten Landschaftsmaler Theo Jacobi aber nicht?
Kunst war schon immer subjektiv und hatte etwas mit Leidenschaft zu tun. Zumindest Künstler leiden oft, wenn sie ein Kunstwerk erschaffen. Dagegen sind Kunstprozesse "wahre Delikatessen auf dem kargen Speisezettel der Justiz - vorausgesetzt, dass man den Künstler kennt, um den es geht, sonst schmeckt man die Feinheiten nämlich gar nicht". Das schreibt Johann Braun in der zweiten Auflage seines lesenswerten Buches "Kunstprozesse von Menzel bis Beuys" aus dem Jahre 2009. Wer sich aus juristischer Sicht, auch etwas unterhaltsam, dem Kunstmarkt nähern will, seien die dort vorgestellten realen Streitigkeiten ans Herz gelegt. Für die Praxis mag man außerdem den Ratgeber "Der Künstler und sein Recht" empfehlen, der im Jahre 2014 aktualisiert wurde. Dort gibt es auch Hinweise zum Künstlersozialversicherungsrecht, die anderswo fehlen.
Schließlich sind zuletzt einige Festschriften erschienen, die die Begriffe Kunstmarkt oder Kunstrecht im Titel führen - dabei handelt es sich aber jeweils nur um ein Sammelsurium von Einzelaufsätzen, die den konkret Ratsuchenden nicht weiterhelfen. Insofern stößt das nun von Klaus Ebling, dem früheren Vizepräsidenten des Bundesfinanzhofes, und Rechtsanwalt Winfried Bullinger herausgegebene Buch in eine Marktlücke. Das Urheberrecht und das Steuerrecht stehen im Mittelpunkt der Abhandlungen.
In einer nachfolgenden Auflage sollten jedoch kleine Fehler beseitigt, die Gliederung überarbeitet und unverständliche Sätze, wie jener über Auktionare mit 78 Wörtern, korrigiert werden. Die Hintergründe zu dem Erdogan-Gedicht von Böhmermann wird man dann - wegen Zeitablaufs - etwas näher erläutern müssen. Einen bleibenden Platz hat sich der Satiriker aber in dem Buch verdient. Denn seinetwegen geriet die Bundeskanzlerin in juristische Schwierigkeiten und der Bundestag strich einen Tatbestand aus dem Strafgesetzbuch. Kunst kann also auch heute noch Rechtsgeschichte schreiben und nicht nur das Sachenrecht fundamental ändern.
JOCHEN ZENTHÖFER
Klaus Ebling/Winfried Bullinger (Hrsg.): Praxishandbuch Recht der Kunst. C.H. Beck, München 2019. 646 Seiten. 135 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main