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Ein Fertighaus ist ein Massenartikel, der in einer Fabrik vorproduziert und in wenigen Tagen oder Wochen vor Ort errichtet wird. Einst als billige, einfache Lösung für akute Wohnraumprobleme angesehen, steht das Fertighaus heute für anspruchsvolles Design und ausgefuchste Sonderanfertigungen.Die verblüffende Geschichte der Fertighäuser begann im England der 1830er Jahre mit einem Bausatz für Emigranten, die nach Australien auswanderten. Auch heute liefern Fertighäuser in vielen Ländern der Welt noch einen hohen Prozentsatz der Wohnflächen. Thema dieses Buch sind Fertighäuser in den USA über…mehr

Produktbeschreibung
Ein Fertighaus ist ein Massenartikel, der in einer Fabrik vorproduziert und in wenigen Tagen oder Wochen vor Ort errichtet wird. Einst als billige, einfache Lösung für akute Wohnraumprobleme angesehen, steht das Fertighaus heute für anspruchsvolles Design und ausgefuchste Sonderanfertigungen.Die verblüffende Geschichte der Fertighäuser begann im England der 1830er Jahre mit einem Bausatz für Emigranten, die nach Australien auswanderten. Auch heute liefern Fertighäuser in vielen Ländern der Welt noch einen hohen Prozentsatz der Wohnflächen. Thema dieses Buch sind Fertighäuser in den USA über Europa bis nach Asien und Afrika. Es gibt einen Einblick in die verschiedenen, industriell vorgefertigten Komponenten, die Schwierigkeiten des Transports zum Baugrund und die komplexen Prozesse von Montage und Fertigstellung. Es spürt nicht nur der Verbindung von Moderne und Industrialisierung nach, deren Entwicklung die jüngsten Fertighauslösungen hervorbrachte, sondern zeigt auch eine einzigartige Zusammenstellung einmaliger Fertighäuser international berühmter Architekten sowie erfolgreiche Behausungen eines modernen Alltagswohnens, die extern hergestellt werden.Interessierte Leser finden außerdem Kontaktdaten einschlägiger Anbieter und Hersteller.
Autorenporträt
Jahn, Oliver
Oliver Jahn (geb. 1970 in Frankfurt am Main) studierte Literatur, Philosophie und Linguistik. Er schrieb freiberuflich für Welt, Süddeutsche Zeitung und Rheinischer Merkur, war Lektor im Suhrkamp-Verlag und Redakteur für Design und Architektur der Zeitschrift Monopol. Gegenwärtig ist er Direktor für Architektur und Design beim Architectural Digest.

Gössel, Peter
Peter Gössel betreibt eine Agentur für Museums- und Ausstellungsdesign. Für TASCHEN hat er Monografien über Julius Shulman, R. M. Schindler, John Lautner und Richard Neutra sowie mehrere Architekturtitel der Kleinen Reihe herausgegeben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.09.2010

Haus, ich mach' dich fertig
Vormontiert in die Zukunft: Oliver Jahn schreibt eine großartige Geschichte des "Prefab House"

Vorgefertigte Sachen haben keinen guten Ruf. Tiefgekühltes Essen, Tütensuppen und Fertighäuser stehen seit ihrer Erfindung im Verdacht, nur abgeschmackte Surrogate für das Eigentliche zu sein - für die handgemachte Pizza, die fein abgeschmeckte Brühe, das ehrlich, für die Ewigkeit gemauerte Haus. Fertighäuser waren das, was beim ersten Taifun wegflog und nur einen überraschten Sockel übrigließ; seit Buster Keatons Komödie "One Week" von 1920 waren Fertighäuser nicht nur im Film zweifelhafte Angelegenheiten, Dinge, die sich nicht aufbauen ließen und mit großem Radau in vier Teile zerfielen, wenn bei einer Verfolgungsjagd ein Mittelklassewagen hineinflog.

Die Gründe für den schlechten Ruf des Fertighauses liegen in seiner Geschichte. Fertighäuser waren oft Notlösungen, Versuche, Häuser für Menschen zu bauen, die sich keine Häuser leisten konnten. Seit dem 19. Jahrhundert wurde über industriell zu fertigende Baukastensysteme nachgedacht, die Häuser erschwinglicher machen sollten; parallel zur Fließbandfertigung von Autos erfand man Rahmenkonstruktionen, die mit Holz- oder Stahlkonstruktionen beplankt wurden - eine Bautechnik, die Nostalgiker und Anhänger mittelalterlicher Gemäuer natürlich mit Skepsis erfüllte, die aber gerade heute, wo darüber nachgedacht wird, wie man Häuser später einmal wieder auseinandernehmen, recyclen und neu zusammenbauen könnte, wegweisend wirkt.

Auch deshalb ist das großartige Buch, das der Designhistoriker und stellvertretende Chefredakteur der deutschen "Architectural Digest" Oliver Jahn zusammen mit seinem Co-Autor Arnt Cobbers im Taschen-Verlag herausgegeben hat, nicht nur eine schön anzusehende, fundiert recherchierte Baugeschichte eines Haustyps, der skurrile und umwerfende Formen hervorgebracht hat; die Geschichte des "Prefab House" führt auf die wichtigen aktuellen Fragen des Wohnens, denn die meisten Fertighäuser zeigen, wie man mit wenig Platz gut auskommen und mit schwindenden finanziellen und räumlichen Ressourcen gut leben kann; wie Reduktion nicht als leider ökonomisch wie ökologisch unvermeidbare Selbstkasteiung, sondern als freiwillige Entscheidung, als Befreiung von überflüssigem Wohnballast wirkt. Das Buch spannt den Bogen von aktuellen, aus Containern zusammengesetzten oder leicht montierbaren Fertighäusern, die diesem Ideal entsprechen - darunter das "Smallhouse" von Bauart, das auf 70 Quadratmetern alles versammelt, was man von einem Haus erwartet -, zurück zum ersten nachweisbaren Fertighaus, das der Zimmermann Herbert Manning für Australien-Auswanderer entwarf: einen Bausatz, der an einem Tag aufgebaut werden konnte und in der Ferne heimatliche Gefühle verbreitete.

Die Geschichte des Fertighauses ist schon in ihrem Beginn auch eine Geschichte, die der Idee des Immobilen und der Sesshaftigkeit entgegensteht, und psychoästhetisch betrachtet sind die besten Fertighäuser immer auch Zwitter zwischen Haus und Planwagen gewesen - Objekte, die das Versprechen des möglichen Aufbruchs, der Demontage des Gewohnten und der Mobilität in die Immobilie hinübergerettet haben: Erik Georg Fribergers Haus von 1936 etwa schwebt über einem Autostellplatz, als sei es eher der Welt der Flugobjekte als der der Bauwerke zuzurechnen. Die Geschichte führt über Gropius' Baukasten und das Metalltypenhaus zu einer zweiten Typologie neben dem Baukastenhaus, zur kugelförmigen Wohnzelle, die auch in unwegsamem Gelände abgeladen werden kann und ihre Ursprünge im rabiaten Expansionismus des 20. Jahrhunderts hat, also vor allem in Militär- und Polarexpeditionen: In Belgien wurden in den dreißiger bis fünfziger Jahren per Helikopter abwerfbare Wohnkugeln entwickelt, in denen Spähtrupps und Forscher tagelang autark existieren konnten. Andere Fertighaustypen verdanken sich dem Versuch von Konzernen, das Monopol der Stein- und Glaslieferanten zu brechen und das Metall- oder Plastikhaus als Wohnform der Zukunft durchzusetzen - das 1931 vorgestellte "Aluminaire" von Albert Frey, das "House of the Future" im Disneyland von 1957 oder Wolfgang Feierbachs psychedelisch dekoriertes "Kunststoffhaus FG 2000" von 1968 sind nur die bekanntesten Beispiele für den gescheiterten Versuch, den größten denkbaren Absatzmarkt zu erobern.

Und natürlich erzählt dieses Buch auch eine Geschichte der großen Utopien, die umso schöner und wünschenswerter aussehen, desto irrer, ökologisch katastrophaler und unbaubarer sie waren. Das finnische "Futuro House", die "Bulle Six Coques", die eher an einen aus dem All abgestürzten Oktopus erinnert - all diese schwebenden, aufgestelzten Häuser scheinen sich selbst eher für Autos, Raketen oder Raumkapseln zu halten, immer bereit, das Terrain zu verlassen, in dem sie gerade stehen - und vielleicht wirken sie deswegen so euphorisierend und beruhigend zugleich: Weil sie versprechen, dass die Geschichte an diesem Ort nicht enden wird.

NIKLAS MAAK

Oliver Jahn, Arnt Cobbers: "Prefab Houses", Taschen-Verlag, 432 Seiten, 49,99 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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