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Erscheint vorauss. 18. März 2025
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5 Kundenbewertungen

Das Gesetz ist dazu da, ALLE Menschen zu beschützen. Oder? Tessa Ensler ist die auffälligste unter den jungen Strafverteidiger:innen Londons. Sie entstammt nicht einer jener angesehenen Familien mit old money. Sie hat sich aus einem Klima häuslicher Gewalt befreit und aus der Arbeiter:innenklasse hochgearbeitet. Heute verteidigt sie unter anderem Männer, die wegen sexueller Übergriffe angeklagt sind. Ihre Art, Zeuginnen - die mutmaßlichen Opfer - ins Kreuzverhör zu nehmen, ist legendär und wird zu ihrer Eintrittskarte in den inner circle der Anwaltskammern. Es scheint, als hätte sie es…mehr

Produktbeschreibung
Das Gesetz ist dazu da, ALLE Menschen zu beschützen. Oder? Tessa Ensler ist die auffälligste unter den jungen Strafverteidiger:innen Londons. Sie entstammt nicht einer jener angesehenen Familien mit old money. Sie hat sich aus einem Klima häuslicher Gewalt befreit und aus der Arbeiter:innenklasse hochgearbeitet. Heute verteidigt sie unter anderem Männer, die wegen sexueller Übergriffe angeklagt sind. Ihre Art, Zeuginnen - die mutmaßlichen Opfer - ins Kreuzverhör zu nehmen, ist legendär und wird zu ihrer Eintrittskarte in den inner circle der Anwaltskammern. Es scheint, als hätte sie es geschafft. Doch dann passiert etwas, das ihren Glauben an das Gesetz tief erschüttert, und sie entscheidet sich, selbst in den Zeug:innenstand zu treten.
Autorenporträt
Suzie Miller, geboren in Melbourne, hat jahrelang als Strafverteidigerin gearbeitet, mit besonderem Augenmerk auf sexuellen Missbrauch. Ihr Stück 'Prima Facie', auf dem ihr Roman basiert, gewann alle großen Preise Australiens sowie den Olivier Award, die wichtigste Auszeichnung im britischen Theater. 'Prima Facie' ist ihr erster Roman.
Rezensionen
»'Prima Facie' ist so viel mehr als ein Roman: eine scharfe Anklage, ein Schritt-für-Schritt-Prozess, in dem wir uns für Zeugen halten, bis wir erkennen, dass wir alle schuldig sind. So muss Literatur sein, die etwas bewirken will. Dieses Buch ist für alle, die nicht länger nach den Gesetzen des Patriarchats leben wollen!« Mareike Fallwickl

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hendrik Buchholz zögert, den auf dem gleichnamigen Theaterstück basierenden Debütroman der australischen Schriftstellerin Suzie Miller vorbehaltlos zu würdigen. Die aus "ärmlichen Verhältnissen" stammende Anwältin Tessa Ensler wird von einem Kollegen vergewaltigt, aus der "eloquenten Verteidigerin" wird ein stummes Opfer. Der Rezensent liest in dieser Geschichte ein nicht wenig ambitioniertes, nicht leicht zu meisterndes und auch für den Leser anspruchsvolles Projekt: Miller geht der Frage nach, wie das britische Justizsystem mit Opfern sexueller Gewalt umgeht, während sie gleichzeitig den Klassenkonflikt zu skizzieren versucht, in dem sich Tessa in ihrer Londoner Anwaltskanzlei gefangen sieht. Dass das Buch durch seine moralische Relevanz, auf die der Leser am Ende des Buches noch einmal ausdrücklich aufmerksam gemacht wird, über die auffälligen Schwächen der Darstellung hinwegzutäuschen versucht, findet Buchholz schließlich besonders problematisch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.2024

Stummer Dank
Suzie Millers Roman "Prima facie" um eine Rechtsanwältin

Tessa Ensler ist eine engagierte und überzeugte Strafverteidigerin in London. Aus ärmlichen Verhältnissen hat sie es nach Cambridge geschafft und konnte sich gegen Kommilitonen durchsetzen, in deren Familien der Anwaltsjob vererblich erscheint. Ihr Spezialgebiet ist die Verteidigung mutmaßlicher Sexualstraftäter, an deren Schuld sie in ihrer professionellen Distanz kein Interesse zeigt. Im Kreuzverhör mit mutmaßlichen Opfern kennt sie keine Gnade und übt sich in rhetorischen Tricks, um Zeugenaussagen unglaubwürdig erscheinen zu lassen; sie sieht sich gar als Meisterin in diesem Handwerk, mit dem sie glaubt, Gerechtigkeit walten zu lassen: "Wir glauben an Gerechtigkeit. Wir glauben an das Gesetz."

Schlagartig ändert sich diese Sichtweise, als sie in der Mitte der Handlung von "Prima facie", dem Romandebüt der australischen Schriftstellerin Suzie Miller, selbst Opfer einer Vergewaltigung wird. Julian Brookes heißt der Täter, ausgerechnet ein Kollege in der Kanzlei, für die Tessa arbeitet. Das Ereignis dreht ihr Leben auf links: Aus der eloquenten Verteidigerin wird ein stammelndes Opfer, dem es trotz seiner juristischen Erfahrung nicht gelingt, den Täter zu überführen. Denn Tessa steht jetzt selbst im Zeugenstand und sieht sich überheblichen Verteidigern gegenüber, die jeden Fehler bei der Aussage zum Angriff auf ihre Glaubwürdigkeit nutzen.

Suzie Millers Roman basiert auf ihrem gleichnamigen Theaterstück, das mehrfach ausgezeichnet wurde. Die Schauspielerin Jodie Comer ("Killing Eve") erhielt im vergangenen Sommer für die Aufführung des Einpersonendramas im West End Theatre in London einen Tony Award für den besten weiblichen Hauptdarsteller. Der anhaltende Erfolg des Stücks im englischsprachigen Raum inspirierte Miller nun zur epischen Verarbeitung des Stoffs.

Knapp 350 Seiten braucht sie dabei für ein Geschehen, das sie immer wieder mit Zeitsprüngen in die Vergangenheit erzählt, um im Kontrast dazu die Aufstiegsgeschichte ihrer Protagonistin zu schildern. Das fordert dem Leser einen langen Atem ab, denn Miller hat sich nicht nur vorgenommen, über ihre Ich-Erzählerin den Umgang mit Opfern sexueller Gewalt im britischen Rechtssystem zu kritisieren, sie will zugleich auch den Klassenkonflikt zwischen Tessa Ensler und den Rest ihrer Anwaltskollegen thematisieren.

Die fehlende Sensibilität im beruflichen Umfeld gegenüber Menschen aus anderen sozialen Milieus und Tessas große Empathie für Putzfrauen oder Taxifahrer lässt Millers Protagonistin aber - sicherlich ungewollt - narzisstisch erscheinen. Ist sie doch die Einzige, die sich in beiden Welten immer exzellent zu verhalten weiß, aber trotzdem mit einiger Unsicherheit zu kämpfen hat: "Als die Putzfrau mit Alices Mülleimer den Raum verlässt, schaue ich sie an. Forme lächelnd ein stummes Danke mit dem Mund." Gleichzeitig wird der ihr fehlende Stallgeruch dem Leser überdeutlich skizziert: "Denn die Wahrheit ist, dass ich diese Mädchen über Jahre studiert habe, sogar Mia. Ich habe beobachtet, wie sie sich verhalten, sich nicht verstecken, voller Selbstbewusstsein das Wort ergreifen, sich sicher fühlen."

Dieser Konflikt wird in einer Vielzahl früherer Episoden dargestellt, bevor es zum eigentlichen Höhepunkt der Geschichte kommt: die alles verändernde Vergewaltigung. Bei der nachfolgenden Verhandlung erweist sich die Lektüre dank des erhöhten Erzähltempos als wesentlich interessanter.

Am Ende zeigt sich Tessa trotz enormer Anspannung als "krasse Kämpferin", wie es ihre Schwester in Millers milieugerechter Sprache ausdrückt. Eine finale politische Botschaft soll dann auf den letzten Seiten die moralische Relevanz des Romans unterstreichen - man könnte auch sagen, den Leser davor bewahren, sich zu sehr mit den großen Schwächen der Erzählung auseinanderzusetzen. HENDRIK BUCHHOLZ

Suzie Miller: "Prima facie". Roman.

Aus dem Englischen von Katharina Martl. Kjona Verlag, München 2024. 352 S., geb., 25,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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