Weil sie sich ein bisschen umsehen soll in der Welt, ist Prinzessin Rosenblüte aus dem Land der Schwäne auf dem Fahrradständer vom Supermarkt gelandet. Emma hat sie da gefunden, als sie nach der Schule noch ein bisschen durch die Gegend getrödelt ist, und die Prinzessin hat ziemlich traurig ausgesehen. Bevor sie wieder nach Hause zurück kann, muss sie eine Prüfung bestehen. Aber welche? Flachs zu Gold spinnen? Oder einen Frosch küssen? Was für ein Glück, dass Emma sich so gut auskennt in Märchenbüchern...
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.12.1995Sie können und dürfen nichts
Eine Prinzessin vor dem Supermarkt
Mit Prinzessinnen aus dem Märchen ist jedes Kind vertraut. Sie heißen Dornröschen und Aschenputtel und sind fest zwischen Buchdeckeln eingesperrt. Was aber, wenn einem eine leibhaftige Prinzessin vor dem Supermarkt begegnet?
Emma steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Trotzdem hat sie keinen Zweifel: Das Geschöpf im langen rosa Kleid und mit Krone auf dem Lockenkopf ist echt. Es heißt Prinzessin Rosenblüte und kommt aus dem Reich der Schwäne.
Emmas Großmutter lächelt nachsichtig, und ihre Mutter schimpft über solche Hirngespinste - doch statt sich über die begrenzte Weltsicht der Erwachsenen aufzuregen, macht das Mädchen sich auf die Suche nach einem Frosch, den "Rosi" küssen soll, damit sie in ihr Reich zurückdarf. Schließlich ist in jedem Märchenbuch nachzulesen, daß verwunschene Prinzessinnen erst dann erlöst werden, wenn sie eine Prüfung bestanden haben.
Emma hat sich schnell mit Rosenblütes altertümlichem Gerede abgefunden. Aber muß sie unbedingt allen Leuten huldvoll die Hand zum Kuß hinhalten und bei jedem Streit drohen, ihr Vater werde dem Unhold den Kopf abhacken lassen? Emma ist sich bald klar darüber, daß Prinzessinnen nicht bewundernswert sind, sondern "arme Würmer", die nichts können und nichts dürfen.
Es ist ein großes Vergnügen, wie in diesem Roman die Welt der Phantasie in den Alltag Einzug hält. Keine Sekunde lang kommt der Verdacht auf, daß die zickige Prinzessin nicht aus Fleisch und Blut sein könnte. Das Unverständnis der Erwachsenen macht die Geschichte gerade glaubwürdig, denn die würden in Wirklichkeit bestimmt nicht anders reagieren.
Silke Brix-Henker, die schon einige Bücher von Kirsten Boie illustriert hat, malt in gewohnt frecher Weise aus, was alles geschehen könnte, wenn die Gesetze der Märchenwelt in der Wirklichkeit Geltung hätten. SILKE SCHNETTLER
Kirsten Boie: "Prinzessin Rosenblüte", Ill. von Silke Brix-Henker, Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 1995, 144 S., 19,80 DM. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Prinzessin vor dem Supermarkt
Mit Prinzessinnen aus dem Märchen ist jedes Kind vertraut. Sie heißen Dornröschen und Aschenputtel und sind fest zwischen Buchdeckeln eingesperrt. Was aber, wenn einem eine leibhaftige Prinzessin vor dem Supermarkt begegnet?
Emma steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Trotzdem hat sie keinen Zweifel: Das Geschöpf im langen rosa Kleid und mit Krone auf dem Lockenkopf ist echt. Es heißt Prinzessin Rosenblüte und kommt aus dem Reich der Schwäne.
Emmas Großmutter lächelt nachsichtig, und ihre Mutter schimpft über solche Hirngespinste - doch statt sich über die begrenzte Weltsicht der Erwachsenen aufzuregen, macht das Mädchen sich auf die Suche nach einem Frosch, den "Rosi" küssen soll, damit sie in ihr Reich zurückdarf. Schließlich ist in jedem Märchenbuch nachzulesen, daß verwunschene Prinzessinnen erst dann erlöst werden, wenn sie eine Prüfung bestanden haben.
Emma hat sich schnell mit Rosenblütes altertümlichem Gerede abgefunden. Aber muß sie unbedingt allen Leuten huldvoll die Hand zum Kuß hinhalten und bei jedem Streit drohen, ihr Vater werde dem Unhold den Kopf abhacken lassen? Emma ist sich bald klar darüber, daß Prinzessinnen nicht bewundernswert sind, sondern "arme Würmer", die nichts können und nichts dürfen.
Es ist ein großes Vergnügen, wie in diesem Roman die Welt der Phantasie in den Alltag Einzug hält. Keine Sekunde lang kommt der Verdacht auf, daß die zickige Prinzessin nicht aus Fleisch und Blut sein könnte. Das Unverständnis der Erwachsenen macht die Geschichte gerade glaubwürdig, denn die würden in Wirklichkeit bestimmt nicht anders reagieren.
Silke Brix-Henker, die schon einige Bücher von Kirsten Boie illustriert hat, malt in gewohnt frecher Weise aus, was alles geschehen könnte, wenn die Gesetze der Märchenwelt in der Wirklichkeit Geltung hätten. SILKE SCHNETTLER
Kirsten Boie: "Prinzessin Rosenblüte", Ill. von Silke Brix-Henker, Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 1995, 144 S., 19,80 DM. Ab 8 J.
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