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Dissertation Universität Frankfurt/Main 1998
Warum kam es in Rußland zu einer Massenprivatisierung? Welche Konsequenzen hat der eingeschlagene Weg für die weitere Entwicklung des Landes? Während das Augenmerk vieler ökonomischer Studien auf der Analyse von Privatisierungsmethoden liegt, ist hier das Erkenntnisinteresse auf das Verständnis des Privatisierungsprozesses gerichtet. Elke Siehl analysiert die Privatisierung der staatseigenen Wirtschaft als Teil eines umfassenden gesamtgesellschaftlichen Wandels. In ihrem Bestreben, die Privatisierung voranzutreiben, bildete die Regierung mit…mehr

Produktbeschreibung
Dissertation Universität Frankfurt/Main 1998
Warum kam es in Rußland zu einer Massenprivatisierung? Welche Konsequenzen hat der eingeschlagene Weg für die weitere Entwicklung des Landes? Während das Augenmerk vieler ökonomischer Studien auf der Analyse von Privatisierungsmethoden liegt, ist hier das Erkenntnisinteresse auf das Verständnis des Privatisierungsprozesses gerichtet. Elke Siehl analysiert die Privatisierung der staatseigenen Wirtschaft als Teil eines umfassenden gesamtgesellschaftlichen Wandels. In ihrem Bestreben, die Privatisierung voranzutreiben, bildete die Regierung mit zentralen gesellschaftlichen Gruppierungen - regionalen Eliten, Betriebsinsidern und Branchenministerien - Koalitionen. Diese verhindern jedoch bis heute die Entstehung effizienter Corporate Governance-Strukturen. Die Eigenschaften des Privatisierungsprozesses werden anhand eines Vergleichs einzelner Regionen mit unterschiedlichen ökonomischen sowie rechtlich-politischen Ausgangsbedingungen untersucht und erklärt.
Autorenporträt
Dr. Elke Siehl war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre von Prof. Dr. Tamás Bauer an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt. Neben ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin erstellt die Autorin Gutachten im Bereich Entwicklungspolitik.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.1999

Gewinner sind die alten Sowjeteliten
Warum die Privatisierung in Rußland nicht zum Erfolg geführt hat

Elke Siehl: Privatisierung in Rußland. Institutioneller Wandel in ausgewählten Regionen. Deutscher Universitäts Verlag, Leverkusen 1998. 402 Seiten, 128 DM.

Als Ende der achtziger Jahre die Sowjetunion mit leisem Ächzen, politisch delegitimiert und wirtschaftlich nur noch eine Hülle, in sich zusammensank, schien so manchem westlichen Beobachter ein Aufblühen der Nachfolgestaaten nur noch eine Frage der Zeit. Demokratie und Marktwirtschaft, dieses erfolgreiche Zwillingspaar der neueren Zeitgeschichte, würden auch in Rußland und seinen Nachfolgerepubliken ihr Werk vollenden, lautete der unverbrüchliche Glaubenssatz.

Zehn Jahre danach steht die Bestandsaufnahme - in weitaus dunkleren Farben. Die Hoffnung auf eine mehr oder weniger "automatische Entfaltung" marktwirtschaftlicher Kräfte, wenn denn nur die Planwirtschaft verschwände, ist zumindest im Falle Rußlands klar enttäuscht worden. Es ist bei weitem nicht erreicht worden, was diesem großen Land mit seinem nach wie vor unermeßlichem Reichtum an Ressourcen zugeschrieben worden ist. Was ist nun schiefgelaufen bei der Transformation von der Kommando- zur Marktwirtschaft?

Elke Siehl hat sich in ihrem Buch ein Kernstück der russischen Wirtschaftspolitik zur Analyse vorgenommen: die Privatisierung der Wirtschaft. Sie beleuchtet den Themenkomplex Privatisierung in Rußland aus drei Richtungen: aus einer theoretischen Perspektive, die sich auf die neue Institutionenökonomie stützt; aus der Analyse der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Geschehnisse der vergangenen zehn Jahre und aus der Beobachtung des Verhaltens russischer Gebietskörperschaften im Privatisierungsprozeß. Hierfür hat sie, wie sie schreibt, gut ein Jahr in Vladimir, Samara und der Republik Baskortostan verbracht.

In ihrer Analyse kommt Siehl zu dem Ergebnis, daß die Privatisierung in Rußland durchaus effizient verlaufen ist - nur eben nicht im wirtschaftlichen Sinne, sondern im politischen. Der politische Auftrag habe gelautet, das sozialistische Eigentum in private Hände zu übergeben. Dieser Auftrag sei erfüllt worden. Drei Phasen der Privatisierung werden in Rußland unterschieden: die "spontane Privatisierung" von 1988 bis 1992, in der Entscheidungsträger sich einfach das aneigneten, worüber sie ohnehin schon in kommunistischen Zeiten geboten hatten. 1992 bis 1994 ist die Phase der Massenprivatisierung durch Gutscheine (Vouchers). Dieser Privatisierungsabschnitt wird heute als Nomenklaturaprivatisierung bezeichnet. Von Mitte 1994 an, in der Phase der sogenannten Geldprivatisierung, haben externe Akteure, das Finanzkapital, zunehmend Einfluß auf die Verteilung der Verfügungsrechte gewonnen.

Gewinner des Privatisierungsprozesses sind in hohem Maße die alten Eliten aus Sowjetzeiten gewesen. Diesen ist es gelungen, sich im Rahmen des Prozesses die Bedingungen zu schaffen, ihre politische Macht in ökonomisches Kapital zu transformieren. Aber die Institutionen, die für eine funktionierende Marktwirtschaft unerläßlich sind, sind nicht parallel hierzu entwickelt worden. "Die der Transformation vorausgegangene Reformgeschichte der osteuropäischen Ökonomien hat gezeigt, daß Institutionen unterschiedlicher Systeme nicht wahlweise ausgetauscht werden können. Vielmehr hat die Vermischung markt- und planwirtschaftlicher Elemente die Kohärenz der ehemals sozialistischen Systeme empfindlich gestört", schreibt Siehl. Mit anderen Worten: Trotz der Erfüllung des politischen Auftrags ist die Transformation auf halbem Wege steckengeblieben. Dem Staat ist es nicht gelungen, neue, für Marktwirtschaften unerläßliche Institutionen zu schaffen und deren Funktionieren zu sichern. Das hat auch den Interessen der herrschenden Elite widersprochen. Die gewünschten mikroökonomischen Auswirkungen der Transformation sind somit ausgeblieben. "Die russische Ökonomie ist derzeit durch einen Zwittercharakter zwischen marktwirtschaftlichen und staatskorporatistischen Elementen gekennzeichnet." Siehl sieht Rußland heute an einem Scheideweg seiner weiteren Entwicklung.

UWE LILL

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