Masterarbeit aus dem Jahr 2023 im Fachbereich Französische Philologie - Literatur, Note: 1,0, Ludwig-Maximilians-Universität München (Romanische Philologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die berühmten Worte von Friedrich Nietzsche, "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrthum [sic]", stellt die kanadisch-französische Schriftstellerin Nancy Huston ihrem Roman Prodige voran, der in dieser Arbeit in Auszügen übersetzt und kommentiert wird. Die Autorin zeigt mit ihrem Eingangszitat, welch wichtige Rolle die Musik in diesem Buch spielt. Auch das Cover verrät, dass der Text eng verwoben ist mit der Welt der Klänge. Da, wo im Paratext häufig zum Beispiel ¿Roman¿ oder ¿Novelle¿ steht, wurde der Terminus Polyphonie gewählt ¿ wiederum ein Wort aus der Musik. Daraus ergibt sich die nicht nur für Leser*innen und Übersetzer*innen, sondern auch für Literaturwissenschaftler*innen interessante Frage, ob und wie in Prodige Musik und Text miteinander verbunden sind. Die These, dass dieses Werk von der Polyphonie im dreifachen Sinn, nämlich musikalisch, literarisch und sprachlich durchdrungen ist, wird vor allem in den Kapiteln 3 (Die Polyphonie) und 5 (Übersetzungen in Auszügen mit Kommentaren) dieser Arbeit gestützt. Polyphonie heißt ¿Mehrstimmigkeit¿. Diese vielschichtige ¿Spielart¿ ist zuerst in der Musik aufgetaucht, nämlich bei den Klostergesängen im frühen Mittelalter. Die Weiterentwicklung der Polyphonie fand schließlich mit der Fuge, die der Orgel- und Cembalovirtuose Johann Sebastian Bach (1685¿1750) nach den Regeln des Kontrapunkts sehr häufig komponierte, große Beachtung. Die Fuge von Bach spielt, ebenso wie die Fuge in metaphorischer Bedeutung, auch in Prodige eine bedeutende Rolle. Sie wird darin immer wieder thematisiert und als Ausgangspunkt für kleine philosophische Exkurse durch die Figuren verwendet. In der Literatur wird die Polyphonie erst im 20. Jahrhundert beschrieben. Der russische Literaturwissenschaftler Michail Bachtin hat den Begriff anhand der Romane von Fjodor Dostoevskij erklärt. Problematisch ist dabei, dass im geschriebenen Wort nur eine lineare Darstellung einer einzigen Stimme, jedoch keine Gleichzeitigkeit möglich ist. Huston möchte in Prodige durch die typografische Hervorhebung der einzelnen Stimmen eine Art Choreffekt erreichen, was aber nicht wie bei einer Partitur gelingen kann. Die Polyphonie verweist neben der musikalischen und literarischen auch noch auf eine dritte Bedeutung, nämlich die der Mehr- bzw. Vielsprachigkeit. Sie wird in Prodige ebenfalls sichtbar.
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