Das bis heute umfangreichste Projekt, Staatszerfall wissenschaftlich aufzuarbeiten, stellt das im Frühjahr 1994 durch den damaligen Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Al Gore, zusammen mit der Central Intelligence Agency (CIA) initiierte State Failure Project (SFP) dar. Kernstück der Forschungsbemühungen war die Entwicklung eines quanitativen Frühwarnsystems für Staatszerfall, des sogenannten Global Forecasting Model of Political Instability, kurz Global Model (GM). Basierend auf der im Mai 2006 erstmals erfolgten Veröffentlichung eines Großteils der Daten und Ergebnisse des Projekts, unternimmt die vorliegende Arbeit eine kritische Analyse des GM. Zunächst wird, nach einer Einführung in die State Failure Debatte sowie die Frühwarnforschung, das GM auf methodologische, theoretische und analytische Schwächen im Bereich der Makroebene des Modells untersucht. Dies beinhaltet eine detaillierte Exploration der vorgenommenen Definitionen, der Datenauswahl sowie Modellbildung mit Fokus auf der abhängigen Variable. In einem zweiten Schritt werden die durch das GM selektionierten fünf unabhängigen Schlüsselvariablen auf ihre Konsistenz mit anderen Forschungsergebnissen, ihre statistische Signifikanz und ihre Verortung im kausalen Gefüge geprüft. Im Anschluss daran erfolgt eine Evaluierung der gezogenen kausalen Schlüsse sowie der generellen Vorhersage- und Erklärungsperformanz des Modells. Um das Vorhersage- und Erklärungspotenzial des Modells im konkreten Einzelfall zu testen, werden anschließend die fünf unabhängigen Schlüsselvariablen auf zwei Fallbeispiele, Kolumbien und Angola, angewandt. Die vorliegende Arbeit deckt in Folge der Analyse schwerwiegende methodologische, theoretische und systemische Schwächen auf. Als Quintessenz der Makro- sowie Fallanalyse lässt sich das Urteil fällen, dass das SFP nicht in der Lage war, ein überzeugendes Frühwarnmodell für Staatszerfall zu entwickeln.