Eine umfassende Darstellung zu den verschiedenen Aspekten des Projektmanagements inklusive einer Konzeption zur Unternehmenswandlung. Die Autoren stellen in übersichtlicher Form die Grundlagen, die richtige Projektauswahl, die Instrumente, das Management, das Projektcontrolling und insbesondere den Aspekt der Operationalisierung dar. Abschließend wird das Konzept einer Wandlung des gesamten Unternehmens hin zu einer projektorientierten Organisation sowie die Konsequenzen für das Führungssystem umrissen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2008Ein pralles Lehrbuch
Projektmanagement für Studierende und Praktiker
Es gibt nicht wenige Unternehmen, in denen man das Wort "Projekt" schon nicht mehr hören kann. Enttäuschte Erwartungen, unprofessionelles Management und ein Regime ständiger Mehrgleisigkeit lassen Sehnsüchte nach "klaren Verhältnissen" wach werden. Dabei spiegeln die Unschärfen des Managements von Projekten nur den alten systemtheoretischen Grundsatz wider, nach dem hohe Komplexität in den Umwelten eine entsprechend hohe Komplexität in den Unternehmen selbst nach sich ziehen muss.
Projekte sind gleichsam der Mikrokosmos, in dem die jeweiligen Voraussetzungen für eine zeitgemäße Unternehmensführung auskristallisieren. Im Moment sind dies vor allem die Abkehr von der funktionalen Arbeitsteilung, die Verteilung von Wissen und eine hohe Änderungsbereitschaft. Damit wird auch deutlich, wie sehr sich das Projektmanagement von seinen technischen Wurzeln emanzipiert hat und wie sehr diese Disziplin in die Zukunft gerichtet ist.
Da kommt ein neues Buch zu diesem Thema gerade recht. Franz Xaver Bea (Tübingen) und seine beiden Mitautoren stellen ein Entwicklungskontinuum des Projektsmanagements vor, das dort beginnt, wo einschlägige Publikationen oft schon enden: bei der Planung, Umsetzung und Kontrolle einzelner Projekte. Eingerahmt vom Qualitäts-, Chancen- und Risikomanagement, behandeln Bea & Co. nicht nur "harte" Fragen wie die der leidigen Projektkosten, sondern sie beziehen auch einen klaren erkenntnistheoretischen Standpunkt in Form des Konstruktivismus. Vor wenigen Jahren noch hätten Puristen der Netzplantechnik dies als Zumutung empfunden.
Auf diesen ersten Schritt des Managements von Projekten folgt logisch der zweite eines Managements durch Projekte. Die Autoren wollen damit aufzeigen, inwieweit Projekte als Mittel der Unternehmensentwicklung funktionieren und zur Steigerung des Unternehmenswertes beitragen können. Sie unternehmen den Versuch, Projektmanagement als Führungskonzeption vorzustellen, die sich der Auswahl und Bewertung von Projekten widmet. Ein oder gar mehrere Portfolios von Projekten zu managen könnte so für Unternehmen bald zur Routine werden.
Der dritte und vorletzte Schritt in Beas Entwicklungskontinuum besteht darin, es nicht bei einem "Multiprojektmanagement" zu belassen, sondern vielmehr den Spieß herkömmlicher Unternehmensführung umzudrehen: die Führungsfunktionen des Unternehmens werden somit systematisch an die Bedürfnisse des Projektmanagements angepasst. Als Stichworte seien hier "Empowerment", "lose Kopplungen" und Knut Bleichers "verpflichtete Unternehmenskultur" genannt. Dass all dies den Projektleiter, den es auch in dieser progressiven Konstellation noch gibt, überfordern könnte, räumen die Autoren durchaus ein.
Es ist also ein ambitioniertes Werk, das Bea und seine Mitautoren hier vorlegen. Ein pralles Lehrbuch, das kaum eine Gelegenheit auslässt, dem Leser mit didaktischem Eifer und Geschick die vielfältigen Verbindungen zwischen Projektmanagement und Unternehmensführung vor Augen zu führen. Der Anspruch, neben Studierenden auch Praktiker des Projektmanagements anzusprechen, ist nicht zu hoch gegriffen. Die dritte Zielgruppe allerdings, die Wissenschaftler dieses Gebietes, wird wohl zu Recht monieren, dass da und dort der Griff zur neuesten Literatur unterblieben ist.
Am Ende von 700 Seiten Plackerei gönnt sich dann das Autorenteam einen Wachtraum, eine Vision. Es wagt nun den letzten Schritt auf seinem Entwicklungspfad vom simplen Projektmanagement zur neuen Unternehmensführung. Wie könnte ein Unternehmen aussehen, das nur mehr aus Projekten besteht? Zunächst lösen sich die ungeliebten Hierarchien zugunsten rein (!) heterarchischer Strukturen auf.
Projektteams formieren sich ganz spontan und gehen nach getaner Arbeit wieder auseinander; die unternehmerische Verantwortung wird zur Gänze auf die Mitarbeiter übertragen; diese "Unternehmer im Unternehmen" tüfteln auf der Suche nach Wettbewerbsvorteilen unentwegt an neuen "Ressourcenbündeln"; Strategien entstehen durch ungeplante Musterbildung; ja, es gibt vielleicht sogar ein virtuelles Kompetenzzentrum. Und es wird alles gut, möchte man hinzufügen und den drei Autoren noch ganz sanft zuflüstern: Bitte aufwachen - und an die nächste Auflage denken.
HEINZ K. STAHL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Projektmanagement für Studierende und Praktiker
Es gibt nicht wenige Unternehmen, in denen man das Wort "Projekt" schon nicht mehr hören kann. Enttäuschte Erwartungen, unprofessionelles Management und ein Regime ständiger Mehrgleisigkeit lassen Sehnsüchte nach "klaren Verhältnissen" wach werden. Dabei spiegeln die Unschärfen des Managements von Projekten nur den alten systemtheoretischen Grundsatz wider, nach dem hohe Komplexität in den Umwelten eine entsprechend hohe Komplexität in den Unternehmen selbst nach sich ziehen muss.
Projekte sind gleichsam der Mikrokosmos, in dem die jeweiligen Voraussetzungen für eine zeitgemäße Unternehmensführung auskristallisieren. Im Moment sind dies vor allem die Abkehr von der funktionalen Arbeitsteilung, die Verteilung von Wissen und eine hohe Änderungsbereitschaft. Damit wird auch deutlich, wie sehr sich das Projektmanagement von seinen technischen Wurzeln emanzipiert hat und wie sehr diese Disziplin in die Zukunft gerichtet ist.
Da kommt ein neues Buch zu diesem Thema gerade recht. Franz Xaver Bea (Tübingen) und seine beiden Mitautoren stellen ein Entwicklungskontinuum des Projektsmanagements vor, das dort beginnt, wo einschlägige Publikationen oft schon enden: bei der Planung, Umsetzung und Kontrolle einzelner Projekte. Eingerahmt vom Qualitäts-, Chancen- und Risikomanagement, behandeln Bea & Co. nicht nur "harte" Fragen wie die der leidigen Projektkosten, sondern sie beziehen auch einen klaren erkenntnistheoretischen Standpunkt in Form des Konstruktivismus. Vor wenigen Jahren noch hätten Puristen der Netzplantechnik dies als Zumutung empfunden.
Auf diesen ersten Schritt des Managements von Projekten folgt logisch der zweite eines Managements durch Projekte. Die Autoren wollen damit aufzeigen, inwieweit Projekte als Mittel der Unternehmensentwicklung funktionieren und zur Steigerung des Unternehmenswertes beitragen können. Sie unternehmen den Versuch, Projektmanagement als Führungskonzeption vorzustellen, die sich der Auswahl und Bewertung von Projekten widmet. Ein oder gar mehrere Portfolios von Projekten zu managen könnte so für Unternehmen bald zur Routine werden.
Der dritte und vorletzte Schritt in Beas Entwicklungskontinuum besteht darin, es nicht bei einem "Multiprojektmanagement" zu belassen, sondern vielmehr den Spieß herkömmlicher Unternehmensführung umzudrehen: die Führungsfunktionen des Unternehmens werden somit systematisch an die Bedürfnisse des Projektmanagements angepasst. Als Stichworte seien hier "Empowerment", "lose Kopplungen" und Knut Bleichers "verpflichtete Unternehmenskultur" genannt. Dass all dies den Projektleiter, den es auch in dieser progressiven Konstellation noch gibt, überfordern könnte, räumen die Autoren durchaus ein.
Es ist also ein ambitioniertes Werk, das Bea und seine Mitautoren hier vorlegen. Ein pralles Lehrbuch, das kaum eine Gelegenheit auslässt, dem Leser mit didaktischem Eifer und Geschick die vielfältigen Verbindungen zwischen Projektmanagement und Unternehmensführung vor Augen zu führen. Der Anspruch, neben Studierenden auch Praktiker des Projektmanagements anzusprechen, ist nicht zu hoch gegriffen. Die dritte Zielgruppe allerdings, die Wissenschaftler dieses Gebietes, wird wohl zu Recht monieren, dass da und dort der Griff zur neuesten Literatur unterblieben ist.
Am Ende von 700 Seiten Plackerei gönnt sich dann das Autorenteam einen Wachtraum, eine Vision. Es wagt nun den letzten Schritt auf seinem Entwicklungspfad vom simplen Projektmanagement zur neuen Unternehmensführung. Wie könnte ein Unternehmen aussehen, das nur mehr aus Projekten besteht? Zunächst lösen sich die ungeliebten Hierarchien zugunsten rein (!) heterarchischer Strukturen auf.
Projektteams formieren sich ganz spontan und gehen nach getaner Arbeit wieder auseinander; die unternehmerische Verantwortung wird zur Gänze auf die Mitarbeiter übertragen; diese "Unternehmer im Unternehmen" tüfteln auf der Suche nach Wettbewerbsvorteilen unentwegt an neuen "Ressourcenbündeln"; Strategien entstehen durch ungeplante Musterbildung; ja, es gibt vielleicht sogar ein virtuelles Kompetenzzentrum. Und es wird alles gut, möchte man hinzufügen und den drei Autoren noch ganz sanft zuflüstern: Bitte aufwachen - und an die nächste Auflage denken.
HEINZ K. STAHL
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